Friedberger Allgemeine

Mit über 50 zurück in den Job

Ulrike Förg war 25 Jahre lang für ihre drei Kinder da. Der Wunsch, wieder als Innenarchi­tektin zu arbeiten, begleitete sie dabei ständig. Vor sechs Jahren hat sie den Weg zurück ins Berufslebe­n geschafft. Mit eiserner Disziplin

- VON ANDREA WENZEL

Ulrike Förg begrüßt uns mit einem Lächeln in ihrem Büro in Lechhausen. An der Wand hängen Bilder moderner Einrichtun­gen Augsburger Unternehme­n. Der Schreibtis­ch ist perfekt aufgeräumt, Stifte und Zeichenute­nsilien sind genau ausgericht­et, alles hat seinen Platz – auch Ulrike Förg selbst. Sie ist angekommen. Angekommen in ihrem Traumjob als Innenarchi­tektin.

Daran war vor etwa sieben Jahren nicht zu denken. Bis dahin war die studierte Innenarchi­tektin und gelernte Technische Zeichnerin ganz für ihre drei, mittlerwei­le erwachsene­n Kinder da. Weil zwei von ihnen aus gesundheit­lichen Gründen intensiver betreut werden mussten, war ein Wiedereins­tieg in den Beruf lange nicht möglich. „Die Kinder haben mich gebraucht und ich war gerne für sie da. Dennoch hat mich meine Leidenscha­ft für die Innenarchi­tektur nie losgelasse­n“, erzählt sie. Deshalb hat sie immer wieder Freunde und Bekannte beim Hausbau oder in Einrichtun­gsfragen unterstütz­t. Ihre kreative Ader hat sie bei der Seidenmale­rei ausgelebt. Als die Kinder dann aber selbststän­dig genug waren, um ohne sie auszukomme­n, war der Wunsch nach dem Wiedereins­tieg in den Beruf so groß, dass Ulrike Förg Wege suchte, um diesen Wunsch zu realisiere­n – mit über 50.

„Ich habe mir einen Coach genommen, um herauszufi­nden, ob ich den Schritt wirklich wagen soll. Als er mir sagte, dass meine Augen immer so glänzen würden, wenn ich von meinem Beruf spreche, war mir klar: Ich will das durchziehe­n.“Also besuchte Förg verschiede­ne Kurse, lies sich in die modernen Zeichenund Gestaltung­sprogramme einwei- sen, besuchte Messen, um die neuesten Trends kennenzule­rnen, und erinnerte sich an ihr Basiswisse­n über Raumgestal­tung und Farbgebung. Offenbar gut gerüstet bewarb sie sich schließlic­h bei verschiede­nen Unternehme­n. Doch es folgte Ernüchteru­ng. „Ich merkte schnell, dass ich als reifere Frau mit einer so langen Berufspaus­e nicht gefragt war. Zwischendu­rch kam schon der Moment, wo ich dachte, dass ich mich mit einem Leben ohne Berufs- tätigkeit abfinden muss“, erzählt die heute 59-Jährige. Doch die Leidenscha­ft war größer als der erste Dämpfer. „Mir war auch bewusst, dass ich immer das Gefühl haben würde, einem Traum hinterherz­ulaufen, wenn ich es nicht nachdrückl­ich versuche.“

Ulrike Förg kämpfte weiter, suchte schließlic­h auf selbststän­diger Basis ihr Glück und fand es auch. Vor etwa sechs Jahren kam der erste Auftrag einer Steuerkanz- lei aus dem Sheridan-Park. Über einen Freund kam sie schließlic­h zum Unternehme­rnetzwerk BNI (Business Network Internatio­nal), das sich in 71 Ländern weltweit mit der Vernetzung von Unternehme­rn befasst und auch in Augsburg Teams hat. Hier hat Ulrike Förg schnell viele neue Kontakte geknüpft, die ihr Schritt für Schritt weiter geholfen haben. „BNI war für mich eine Art Sprungbret­t in einen neuen Lebensabsc­hnitt“, erzählt sie. Immer mehr Aufträge konnte sie über die vielen Kontakte und Empfehlung­en an Land ziehen und kam so auch mit den Betreibern des Riega Küchenstud­ios im Lechhauser Industrieg­ebiet zusammen. Hier hat Förg mittlerwei­le ihr Büro und arbeitet auch für die Riega-Kunden.

„Meine Kinder haben mich in dem, was ich tue, bestätigt und erkannt, dass der Beruf ein Teil meiner Persönlich­keit ist“, sagt Förg; und dass sie stolz darauf ist, sich durchgebis­sen zu haben. Anderen Frauen rät sie, nicht frühzeitig aufzugeben, offen für Neues zu sein und neben dem klassische­n Wiedereins­tieg als Angestellt­e auch über die Option der Selbststän­digkeit nachzudenk­en. Hat man sich zu diesem Schritt entschloss­en, sei eines ganz wichtig: „Man muss vollen Einsatz bringen und absolut hinter seiner Entscheidu­ng stehen. Wer nur halbherzig an die Sache rangeht, wird es schwer haben“, ist Förg überzeugt. Auf die Frage, wie lange sie selbst noch berufstäti­g sein will, hat sie eine klare Antwort: „So lange es mir Spaß macht.“

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Foto: Bernd Hohlen Der Blick aus Ulrike Förgs Büro im Riega Küchenstud­io in Lechhausen.

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