Mehr als eine Mahlzeit
In der Vinzenz-Pallotti-Schule organisieren Ehrenamtliche vor der ersten Schulstunde eine kostenlose Mahlzeit. Wie das Projekt auf den Weg kam und wie es weitergehen soll
Der Verein Kostbar bietet Kindern in der Friedberger Vinzenz-Pallotti-Schule ein Frühstück, bei dem es nicht nur um die Nahrungsaufnahme geht.
Friedberg Vinzenz-Pallotti-Schule, kurz nach sieben. Noch sind keine Kinderstimmen zu hören, der Unterricht startet erst um viertel nach acht. Doch schon jetzt herrscht in der Küche Betrieb: Frauen schneiden Rohkost, mischen Müsli und kochen Tee. Lydia Ott und Vanessa Hanke sind ein eingespieltes Team, obwohl die Aktion erst seit Kurzem läuft. Beide kommen jeden Morgen aus Augsburg, um Manuela Beier, Initiatorin des Vereins „Kostbar“, bei dem Frühstücksprojekt zu unterstützen. „Ich habe selbst drei Kinder, die in Schulen gut betreut werden. Ich möchte etwas zurückgeben und meinen Beitrag leisten“, sagt Ott. Sie ist selbstständig, teilt sich ihre Arbeitszeit frei ein. Hanke macht eine Fortbildung, deshalb kann auch sie morgens die zwei Stunden aufbringen.
Als Manuela Beier zur Tür hereinkommt, balanciert sie einen flachen Pappkarton, darin rollt eine Wassermelone. „Die verstecken wir erst einmal“, sagt Beier und verstaut die Frucht im Kühlschrank. „Heute gibt es Bananen.“Beier hat den Verein erst vor wenigen Wochen gemeinsam mit einigen Bekannten gegründet. Bis vor Kurzem arbeitete sie noch als Managerin, saß in verschiedenen Aufsichtsräten. „Ich wollte eigentlich schon immer etwas mit Kindern machen“, berichtet sie. „Dann bekam ich die Chance, Karriere zu machen, und habe mich dafür entschieden.“
Nachdem sie ihren Job im Alter von 50 Jahren an den Nagel gehängt hatte, engagierte sich Beier zunächst als Lesepatin in der Vinzenz-Pallotti-Schule. Und kam darüber mit Rektorin Diana Hertle ins Gespräch. Beiers Idee von einem kostenlosen Frühstück sprach die Schulleiterin sofort an. „Wir haben hier viele Kinder, die aus verschiedensten Gründen in die Schule kommen, ohne etwas gegessen zu haben. Bei manchen arbeiten die Eltern im Schichtdienst und sind morgens einfach nicht da, um ein Frühstück zu richten“, sagt Hertle. Die Mahlzeit am Morgen sei nicht nur wichtig, damit das Gehirn gut arbeiten kann. „Es ist auch eine Art emotionale Versorgung“, so die Rektorin. „Die Kommunikation beim gemeinsamen Frühstück mit den anderen Schülern und den Freiwilligen bringt auch soziale Nestwärme.“Das sei ein sehr guter Start in den Tag für die Kinder. „Den könnten wir im Klassenzimmer so gar nicht bewerkstelligen“, so Hertle.
Als die ersten Kinder gegen halb acht in die Küche kommen, begrüßen Beier, Ott und Hanke die Schüler mit Namen. Hanke muss gleich die Perlenkette eines Mädchens anprobieren. Ein Schüler schlurft sichtbar müde zur Tür herein. Grüßt, nimmt sich ein Müsli und setzt sich an den Tisch. Mit jedem Löffel wacht er ein bisschen mehr auf. Zum Ende des Frühstücks unterhält er sich rege mit den anderen.
„Insgesamt 26 Schüler sind momentan für das Frühstück angemeldet“, berichtet Beier. Davon kämen nicht alle jeden Tag. „Manchmal sind sie krank, mal ist der Bus verspätet.“Eigentlich hatten noch viel mehr Eltern ihre Kinder für das kostenlose Angebot vormerken lassen. „Um zu sehen, wie das Projekt funktioniert, haben wir aber erst einmal mit weniger Kindern angefangen“, so Beier. „Wenn die Testphase im Juli vorbei ist, schauen wir, ob wir noch mehr Kinder unterbringen können“, sagt Hertle.
Ein Problem sei der Platz. „In fünf Jahren, wenn wir im neuen Gebäude sind, dann ist das etwas ganz anderes. Jetzt müssen wir uns zur Decke strecken und schauen, was möglich ist“, so die Rektorin. Ein paar Friedberger Betriebe unterstützen das Projekt. Einmal pro Woche spendet ein Supermarkt Milchprodukte und Müsli. Ein Bäcker stellt jeden Morgen eine Portion Brot. Obst und Gemüse zahlt Beier größtenteils aus der eigenen Tasche. „Wir würden gerne noch mit mehr Firmen hier kooperieren“, sagt die Kostbar-Initiatorin. Pünktlich zur ersten Stunde sind die Frühstücker fertig, stellen ihr Geschirr in die Spülmaschine und gehen. „Tschüss“und „bis morgen“, rufen die Kinder zum Abschied. Auf dem Flur vermischen sich die vielen Stimmen zu einem lauten Summen, ein Gong, dann wieder Ruhe. Die Schule fängt an.
OKontakt Unternehmen, die Essen zur Verfügung stellen möchten sowie Inte ressierte, die bei der Vorbereitung und Be treuung des Frühstücks helfen wollen, können sich bei Manuela Beier unter post box@kostbar friedberg.de melden.