„Wir sind heute noch stolz auf Rudolf Diesel“
Der Augsburger Großmotorenhersteller bekommt einen neuen Namen. Aus „Diesel & Turbo“wird „Energy Solutions“. MAN-Chef Uwe Lauber erklärt, welche Strategie dahintersteckt
Herr Lauber, aus MAN Diesel & Turbo wird MAN Energy Solutions. Weshalb die Namensänderung?
Uwe Lauber: Mit dem neuen Namen ist unsere neue Strategie verbunden. Da ist zum einen das Wort „Energy“. Energie treibt unsere drei Unternehmensbereiche an – das Kraftwerksgeschäft, die Schiffsantriebe und die Turbomaschinen. Es geht aber nicht mehr um Energie in ihrer herkömmlichen Form. Wir gehen in Richtung einer dekarbonisierten Welt, also einer Welt ohne fossile Energieträger. Dazu wollen wir einen Beitrag leisten. Klimaneutrale Kraftstoffe werden immer wichtiger. Zum Zweiten werden wir nicht mehr nur einzelne Komponenten wie Motoren liefern, sondern umfassende Lösungen. Das zeigt das Wort „Solutions“. Über die Bedeutung von „Energy Solutions“haben wir uns viel Gedanken gemacht. Wir zeigen damit, wofür wir in Zukunft stehen.
Der neue Name sieht aber aus wie ein Abschied vom Bezug zu Rudolf Diesel, der am Standort Augsburg maßgeblich seinen Motor entwickelt hat… Lauber: Im Gegenteil. Wir sind auch heute noch stolz auf Rudolf Diesel. Wir sind das „Home of Diesel“. Rudolf Diesel war ein Pionier. Er hat den Schritt gewagt, die Dampfmaschine abzulösen. Wir wollen jetzt eine weitere Pionierleistung bewerkstelligen und uns in eine neue Ära aufmachen, die von der Dekarbonisierung und der Digitalisierung geprägt ist. Wir nehmen uns Rudolf Diesel zum Vorbild. Der Geist von Rudolf Diesel ist immer noch in diesen Hallen. Ich denke, er wäre stolz auf uns, wenn er uns heute hier sehen würde. 2030 wollen wir 50 Prozent unseres Geschäfts mit neuen Technologien bewerkstelligen.
Wie viel sind es derzeit?
Lauber: Es sind 5 bis 10 Prozent. fern wir ganze Antriebssysteme. Sie bestehen in Zukunft aus einem Gasmotor, dazu kommen elektrische Komponenten, um die Effizienz zu steigern. Ein typischer Motor hat einen Wirkungsgrad von 50 Prozent, an der Schraube kommen aber nur 40 Prozent an. Das lässt sich verbessern, zum Beispiel durch Komponenten unserer Schwesterfirma Renk als Getriebehersteller oder durch Lösungen der Firma AKA aus Kanada, an der wir Anteile gekauft haben. Diese hat sich darauf spezialisiert, Komponenten effizient zu koppeln und zu steuern. Die Kopplung von Energieerzeugung und Energiespeicherung ist der Schlüssel zum Erfolg. turbinen oder Gasmotoren aus unserem Hause. Dieses Gas kann im Power-to-Gas-Verfahren aus erneuerbaren Energien gewonnen werden und klimaneutral sein. Eine Speicherlösung für Wärme bieten wir zusammen mit dem Schweizer ABB-Konzern an, unserem neuen Partner auf diesem Gebiet. Solche thermischen Speicher können auch dazu genutzt werden, um Wohnungen zu heizen oder Kühlhäuser zu betreiben. Das Novum ist, dass man dabei auch Strom entnehmen kann.
Gibt es schon Kunden für den thermischen Speicher?
Lauber: Ja, wir haben Anfragen. nicht abgeschnitten von den Kollegen.
Die Lkw-Sparte soll ja zusammen mit Scania börsenfähig gemacht werden. Könnte das auch für MAN Energy Solutions eine Option sein?
Lauber: Sicherlich ist dies immer eine Alternative. Es gibt unterschiedliche Optionen für die Zukunft. Im Moment ist aber nichts spruchreif. arbeit mit VW, um Lösungen anzubieten.
Sie können auch beim Laden von Elektro-Autos helfen?
Lauber: Ja, das machen wir bereits. Zum Beispiel auch bei Busflotten. Mit einer kleinen Power-to-GasAnlage könnten die Busse auch wirklich CO -neutral fahren.
Wie sehen Sie Ihre Zukunft bei VW? Lauber: Wir sehen uns als Partner, um Ladeinfrastruktur-Lösungen voranzutreiben. Das wurde auch dem Konzernvorstand vorgetragen. Zudem können wir einen Beitrag zur Kraftwerksinfrastruktur leisten, die VW für seine Werke braucht. Ich denke auch, dass bei Auto und Lkw nicht nur die Batterie die Lösung für die Mobilität von morgen ist, sondern auch synthetische Kraftstoffe. Diese könnten unsere Anlagen erzeugen.
Bei MAN Diesel & Turbo musste zuletzt auch gespart werden. Jobs gingen verloren. Geht die neue Strategie auch mit Personalabbau einher?
Lauber: Momentan steht in Augsburg nichts an, im Gegenteil: Wir suchen händeringend nach Fachkräften und investieren in ein neues Turbolader-Testzentrum und eine Logistik-Schwerlasthalle. Wir glauben an die Zukunft des Standorts. Nichts ist aber so stetig wie der Wandel. Wenn Marktumstände uns zwingen, müssten wir uns anpassen. Das kann ich auch für die Zukunft nicht ausschließen. Das war der Fall, als der Ölpreis vor einigen Jahren über Nacht von 120 Dollar pro Fass auf unter 30 Dollar fiel. Da brach der Markt für Turbomaschinen um bis zu 50 Prozent ein.
Wie sieht die Auftragslage aktuell aus? Die Schifffahrt steckte in der Krise… Lauber: Wir sehen immer noch Überkapazitäten im marinebasierten Geschäft, es erholt sich aber langsam. Erfreulich ist, dass die Kreuzfahrtbranche boomt. Der wesentliche Auftragseingang kommt gerade aus dem Kraftwerksgeschäft. Unser Werk ist ausgelastet, unsere Ziele des Programms „Basecamp 3000“von drei Milliarden Euro Umsatz und Auftragseingang haben wir erreicht. Wir sind ordentlich drüber. Die Gewinnmargen sind derzeit zwar noch gering. Wenn man aber aus einem Markt kommt, der am Boden ist, dauert die Erholung länger. Durch unsere neuen Lösungen versuchen wir zudem, einen Mehrwert anzubieten, den der Markt honoriert.
Uwe Lauber ist Vorstand von MAN Energy Solutions, dem Hersteller von Großmotoren und Turbomaschi nen. In Augsburg hat die Firma über 4000 Beschäftigte.