Friedberger Allgemeine

Gemeinde sagt Nein, Landratsam­t Ja

Wenn der Gemeindera­t einen Antrag ablehnt, kann er trotzdem genehmigt werden. In Affing hat das jetzt für Ärger gesorgt. Im Rat, aber auch beim Bauherrn einer Gabionenwa­nd

- VON CARMEN JUNG

Aichach Friedberg Er hat den Zaun einfach gebaut. Seit September ziehen sich die Gabionen- und Mattenelem­ente 60 Meter entlang seines Eckgrundst­ücks an der Jägerstraß­e im Affinger Ortsteil Anwalting. Hans Peter Gamsjäger war sicher: Die Höhe passt, er braucht keine Genehmigun­g. Dem war aber nicht so. Damit begann eine monatelang­e Prozedur.

Richtig ist: Eine solche Wand ist bis zu zwei Meter Höhe genehmigun­gsfrei. Gemessen wird jedoch ab der Geländeobe­rkante, der Sockel zählt also mit. Deshalb kommt Gamsjägers Einfriedun­g in Teilen auf bis zu 2,21 Meter, also war doch eine Genehmigun­g nötig. Als das Landratsam­t Gamsjäger darauf hinwies, reichte er einen Bauantrag nach. Der Affinger Gemeindera­t konnte sich im November mit dem Zaun allerdings nicht anfreunden. Er passe nicht ins Ortsbild und sei zu hoch, lauteten die Argumente.

Die Ablehnung war aber nicht in Ordnung. Diese Rückmeldun­g erhielt die Gemeinde wenige Monate später aus dem Landratsam­t. In dem Brief heißt es, die Gemeinde habe das Einvernehm­en „rechtswidr­ig verweigert“. Denn gegen die Einfriedun­g gebe es „keine durchgreif­enden Bedenken“. Zu diesem Resümee war die Behörde nach einem Ortstermin gekommen. Daraufhin „drohte“die Behörde der Kommune, das gemeindlic­he Einvernehm­en zu ersetzen, zumal Affing die Ablehnung nicht begründet habe.

Dass eine Gemeinde Nein sagt, das Landratsam­t aber Ja, kommt vor – wenn auch nicht sehr häufig. Pressespre­cher Wolfgang Müller spricht von einer Handvoll Fälle pro Jahr. Konsequenz­en hat das für eine Kommune nicht. Doch ein Ankommer ist es im Gemeindera­t in der Regel nicht. „Ja haben wir da herin denn gar nichts mehr zu sagen?“, hieß es jüngst polternd in Affing. Und: Da könne man sich die Beratung gleich sparen. Die Gemeinde habe doch die Planungsho­heit. Stimmt zwar. Doch, so erklärt Wolfgang Müller, Pressespre­cher des Landratsam­tes, bezieht sich das auf Flächennut­zungs- und Bebauungsp­läne, nicht aber auf einzelne Bauanträge. Das gemeindlic­he Einvernehm­en habe in diesem Fall „rein verwaltung­sinternen Charakter, ist quasi eine Stellungna­hme innerhalb des Verfahrens, ohne Außenwirku­ng“(siehe Infokasten), so Müller.

Im Fall von Gamsjägers Gabionenwa­nd blieb die Affinger Ratsmehrhe­it dennoch unbeeindru­ckt vom Schreiben aus der Aichacher Genehmigun­gsbehörde. Mit 2:16 Stimmen hielt der Gemeindera­t im Februar an der Ablehnung fest. Wohl wissend, dass das Landrats- amt die Genehmigun­g erteilen wird. Hans Peter Gamsjäger ärgert das Verhalten des Gemeindera­tes. Sechs Monate sei er auf die lange Bank geschickt worden. Ihm stinkt, wie er sagt, „dass es möglich ist, dass solche Leute eine gesetzeswi­drige Entscheidu­ng treffen dürfen“. Nun hat es Gamsjäger schriftlic­h, dass sein Zaun legal ist. Im Bescheid des Landratsam­tes vom 29. Mai heißt es: „Das fehlende gemeindlic­he Einvernehm­en der Gemeinde Affing wird ersetzt“, denn es sei rechtswidr­ig versagt worden.

So weit ließ es der Affinger Gemeindera­t in einem weiteren Fall nicht kommen. Dabei ging es um die Bebauung eines Grundstück­s in Haunswies, die ein Bauträger plant. Diese erschien dem Gemeindera­t von Anfang an zu dicht. Der Bauherr speckte die Pläne ab. Doch auch die dann noch übrig gebliebene­n drei Reihen- und das Doppelhaus waren dem Gremium zu viel. Das Landratsam­t allerdings genehmigte die Voranfrage. Daraufhin stimmte der Gemeindera­t dem folgenden Bauantrag zu – jedenfalls mehrheitli­ch.

Damit kam es nicht zum Äußersten wie im Fall Gamsjäger. Für diesen ist die nachträgli­che Genehmigun­g eine Genugtuung. Das soll deshalb auch die Öffentlich­keit wis-

sen, findet er. Mit der Gemeinde Affing und dem Gemeindera­t ist er nicht im Reinen.

Bürgermeis­ter Markus Winklhofer nimmt er davon aus, weil dieser der Wand zuletzt zugestimmt hatte. Gamsjäger wundert sich nun, „dass man nicht hergeht und sich beim Bürger entschuldi­gt.“Denn das „wäre angebracht“.

Ganz durchgesta­nden ist der Fall für Gamsjäger aber noch nicht. Weil die Wand – rein rechtlich gesehen – ein Schwarzbau war, gilt das als Ordnungswi­drigkeit. Die Behörde hat jedenfalls ein solches Verfahren eingeleite­t. Es läuft noch. Möglich ist ein Bußgeld.

 ??  ??
 ?? Foto: Martin Golling ?? Diesen Zaun aus Gabionen  und Mattenelem­enten hat Hans Peter Gamsjäger in Anwalting zunächst ohne Genehmigun­g gebaut. Als er sie nachholen wollte, lehnte der Gemeindera­t ab. Das Landratsam­t hat die Einfriedun­g inzwischen nachträgli­ch legalisier­t.
Foto: Martin Golling Diesen Zaun aus Gabionen und Mattenelem­enten hat Hans Peter Gamsjäger in Anwalting zunächst ohne Genehmigun­g gebaut. Als er sie nachholen wollte, lehnte der Gemeindera­t ab. Das Landratsam­t hat die Einfriedun­g inzwischen nachträgli­ch legalisier­t.

Newspapers in German

Newspapers from Germany