Über tausend Brücken...
Wer als Radfahrer den Lech queren möchte, hat es nicht einfach. Manche Wege enden gar im Nirvana
Ich wollte nur schnell mit dem Töchterlein zum Spielplatz am Kuhsee. Nun stehe ich kopfkratzend vor dem gesperrten Weg über den Hochablass. Ich habe vergessen, dass dank der Baustelle dort das Passieren für den Rest des Jahres ausgeschlossen ist. Also steige ich wieder auf und rolle mit dem Rad gen Norden zur nächsten Brücke. Dabei fange ich an zu grübeln: Der Steg über den Hochablass wird beim Walzentausch auch renoviert. Ob da wohl auch gleich eine Erhöhung der Brüstung vorgenommen wird? Die Höhe der aktuellen Mauer ist zu niedrig, um den Steg als Radweg zu kennzeichnen. Darum hängt dort auch der freundliche Hinweis „Radfahrer absteigen“. Es gab bereits Pläne, den Steg für Radfahrer zu öffnen, was Pendlern von östlich des Lechs und Ausflugsfahrern vom Westen her das Leben leichter machen würde. Aber mein letzter Kenntnisstand ist, dass es da keine Lösung gab, die im Stadtrat überzeugte, denn schließlich steht der Hochablass unter Denkmalschutz. Ich bin beinahe auf der Hochzoller Lechseite angekommen, da fange ich an, die Passiermöglichkeiten für Radler über den Lech aufzuzählen. A 8, Mandichosee, ähm ... Tatsächlich fallen mir nicht viel mehr ein als diese beiden. Im Stadtbereich ist das Angebot an Brücken für den Kraftverkehr passabel: Da hätten wir die MAN-Brücke, die Ulrichsbrücke, die Anton-Fugger-Brücke und die Afrabrücke, verteilt auf eine Strecke von 4,2 Kilometern. Und dann ist da noch der Osramsteg. Halt. Der Osramsteg ist ein Fußweg.
Und ich fühle mich einmal mehr schuldig, da ich diesen Steg recht häufig nutze. Und da bin ich nicht allein: Hier sehe ich viele Radler den Lech kreuzen. Das bietet sich auch an, denn hier kommen mehrere für Radler interessante Nebenstrecken zusammen.
Wir sind noch nicht ganz am Kuhsee angekommen, da frage ich mich, wie wir wohl zur Schule in die Hammerschmiede fahren würden, hätten wir damals die Wohnung im Bärenkeller genommen. Es scheint beinahe unmöglich, dort eine schnelle Route mit dem Rad zu finden: Beide Lech-Übergänge sind gleich weit entfernt. Man kann eine Münze werfen, um die Entscheidung zwischen Gersthofer Autobahnbrücke und MAN-Brücke zu treffen. Ich spiele gerne Hättewäre-wenn bei solchen Dingen, denn da kommen die EffizienzProbleme für Radfahrer zum Vorschein. Nördlich der MAN-Brücke fehlt jegliche Möglichkeit, innerstädtisch über den Lech zu kreuzen. Südlich endet manche Radroute, wie der Radweg durch den ehemaligen Schlachthof, im Nirwana, weil Berliner Allee, Localbahn und Lech Hindernisse darstellen. Das ist schade, denn die selbstbewegten Verkehrsmodi Gehen und Radfahren leben von der Effizienz der Wegführung. Wer mehr Radfahrer will, muss kurze, effiziente Wege anbieten. Und hier spielen die Querungen von Wasser-, Bahn- und Kfz-Routen eine Schlüsselrolle! Wir brauchen Stege über Lech und Wertach in attraktiven Abständen. Genauso wie wir Querungsmöglichkeiten über große Einfallstraßen benötigen, die dem Geisterradeln den Effizienzvorteil und damit die Attraktivität nehmen. Das ist für mich annähernd dasselbe. Das eine steigert Effizienz und somit die Attraktivität des Rades als Fortbewegungsmittel. Das zweite verbessert die Effizienz von Wegen und damit deren Akzeptanz, was die Sicherheit erhöht. In beiden Fällen gibt es viel aufzuholen, um Augsburg auf den Kurs einer Fahrradstadt auszurichten.
Sven Külpmann, 36, ist Vater zweier Kinder und lebt seit 14 Jahren autofrei. Als Lastenradenthusiast berät er zu Möglichkeiten moderner Transporträder.
***
Unsere Kolumne finden Sie donnerstags im Lokalteil. Nächste Woche: „Mein Augsburg“mit typisch Augsburgerischen Ansichten.