Es geht auch um die Angehörigen der Opfer
Es ist sinnvoll und notwendig, dass die Polizei alte und ungeklärte Fälle auch nach Jahrzehnten weiter im Blick hat. Auch wenn es Zeit und Ressourcen der Ermittler frisst, die vielleicht auch für aktuellere Straftaten gebraucht werden könnten, auch wenn es um Verbrechen geht, die in der Bevölkerung zum Teil schon weitgehend vergessen sind.
Dennoch ist es unabdingbar, dass die Beamten die Akten der Cold Cases immer wieder in die Hand nehmen. Weil vielleicht noch eine Chance besteht, ein grausames Verbrechen aufzuklären und einen Kriminellen zu bestrafen. Weil man es Opfern von Mordversuchen und Angehörigen von Ermordeten schuldig ist, denen eine Klärung möglicherweise so etwas wie einen Abschluss eines traumatischen Erlebnisses bieten kann oder zumindest hilft, quälende Fragen nach dem Warum zu beantworten. Weil Mörder vielleicht zumindest etwas schlechter schlafen, wenn sie wissen, dass man ihnen auch halbe Ewigkeiten nach der Tat auf die Schliche kommen kann.
Ob es in jedem Polizeipräsidium oder in jeder Kripo spezielle Einheiten braucht, die sich ausschließlich um Altfälle kümmern, ist eine andere Frage. Die Augsburger Kripo hat seit 2000 jeden Mord aufgeklärt; die meisten ungelösten Fälle stammen in der Stadt tatsächlich aus dem Zeitraum von 1963 bis 1979. Es geht vor Ort also nicht um viele Altfälle, deren Klärung schon aufgrund der Zeitspanne überhaupt noch möglich erscheint.
Helfen könnten aber Bemühungen, die bayernweit „erkalteten“Fälle zu bündeln. In NordrheinWestfalen etwa soll eine Datenbank mit ungelösten Morden des Bundeslandes seit den 1970ern erstellt werden, auch um Parallelen leichter erkennen zu können. Das wäre vermutlich auch für den Freistaat kein schlechter Ansatz.