Lieblinge auf vier Rädern
Durch Friedberg fahren viele tolle Oldtimer. Darunter sind wahre Schätze. Denn manche Autos kosten so viel wie ein Einfamilienhaus, in anderen fühlt man sich wie in einer Ehe
Friedberg Ein Oldtimer ist ein Schatz im doppelten Sinn. Bei manchen Klassikern darf man sich über enorme Wertzuwächse freuen. Dazu zählt der Mercedes 300 SL von 1962, der in den 70er-Jahren recht günstig zu haben war. Wer ihn aufgehoben hat, hat gut lachen. Sogar die schlecht gepflegte Variante hat heute einen Wert von 500 000 Euro. Ähnlich sieht es für Besitzer von Käfer, Porsche oder Jaguar E-Type aus. Im Lauf der Zeit steigert sich der Wert, weil immer weniger Fahrzeuge im Umlauf sind. Doch den Besitzern geht es in der Regel nicht ums Geld. Sie genießen den Spaß am Fahren.
Austauschen können sie sich jeden zweiten Mittwoch im Monat beim Stammtisch der Friedberger Old- und Youngtimer-Freunde. Michael Stegherr hat den Stammtisch vor etwa drei Jahren ins Leben gerufen. 30 bis 40 Liebhaber alter oder etwas neuerer Autos treffen sich hier. „Ich fand es schade, dass es in Friedberg bisher keine derartige Plattform für Autoliebhaber gab. So kam ich auf die Idee, einen Austausch anzustoßen“, sagt Stegherr. „Bei uns ist jeder willkommen, egal ob er ein Auto hat oder nicht.“
Er selbst fährt einen MG Midget, den er in England gekauft und in einer abenteuerlichen Reise nach Deutschland gebracht hat. „Auf der Strecke hat der Wagen mehr Kilometer gemacht als die letzten Jahre davor zusammengerechnet. Zum Glück hat er mich da nicht hängen lassen“, erzählt er. Ein Oldtimer oder Youngtimer sei übrigens manchmal günstiger, als man denkt. Seinen eigenen Wagen habe er zum Preis eines Motorrads bekommen.
Der 24-jährige Patrick Braun aus Friedberg ist von Anfang an beim Stammtisch dabei. Er hat sich mit seinem Fiat 500 von 1964 einen Traum erfüllt. Als Italienfan musste es ein Fahrzeug aus Bella Italia sein. „Autoverrückt war ich schon immer. Ich habe nach einem günstigen Wagen gesucht, an dem ich gut rumschrauben kann“, so Braun. Der gelernte Kfz-Mechatroniker holte den Cinquecento 2012 in Verona ab. „Mein damaliger Chef hat ihn dort entdeckt. Das Auto war sogar fahrbereit“, freut er sich. Damals war er gerade 18 Jahre alt. Seinen Fiat 500 möchte er seitdem nicht mehr hergeben. „Er hat sogar noch die Selbstmördertüren“, sagt Braun. Jedes Frühjahr hat sein Lieblingsfahrzeug aber eine Panne und muss abgeschleppt werden. „Meistens ist irgendetwas an der Elektrik oder es sind Verschleißteile, die erneuert werden müssen. Aber nichts, was man nicht selbst machen kann“, betont er strahlend.
Eine ähnliche Liebe verbindet Oliver Willsch mit seinem weißgrünen VW Bulli. Das T1-Feuerwehr-Gerätefahrzeug aus dem Jahr 1957 hatte es dem Oldtimer- und Käferfan sofort angetan, als er es in Kissing sah. „Ich bin seit vielen Jahren Oldtimerfan und habe noch ein paar alte VW Käfer“, verrät Willsch, der früher Kfz-Mechaniker war und alles selbst repariert. Er ist eines der Gründungsmitglieder des Stammtisches.
Immer wieder musste er an seinem 50 PS starken Bulli etwas richten. „Einmal war das Getriebe kaputt. Die Bremse ist inzwischen auch neu. Seit drei Jahren ist Ruhe“, weiß der Rentner. Stets ist er auf der Suche nach luftgekühlten VWs aus der guten alten Zeit. Regelmäßig fährt er auf Käfertreffen. Heuer geht es nach Kroatien. Da schläft er natürlich in seinem VW-Bus. Ein Bett und ein Kühlschrank sind da, mehr braucht er nicht.
Peter und Armin Spengler aus Friedberg haben sich einen anderen Traum erfüllt: Mit ihrem Vorkriegsmodell, einem Ford A Speedster aus dem Jahr 1929 mit 40 PS und ganz offen ohne Dach durch die Lande fahren. Vor sieben Jahren haben sie sich ihr Lieblingsauto aus den USA kommen lassen.
Das Werk Ford hat sich mit dem Ford A nie offiziell an Rennen beteiligt, dafür gab es viele Privatfahrer, die mit einem umgebauten Ford A in den 30er- und 40er-Jahren Rennen fuhren. So startete auch die Rennlegende Juan Manuel Fangio seine Karriere im Jahr 1934 mit einem umgebauten Ford A. „Das ist ein schönes Hobby. Aber es ist auch sehr aufwendig, denn das Fahrzeug braucht viel Pflege“, sagt Armin Spengler. Kleinere Reparaturen macht er selbst. Bei größeren Problemen geht er in die Werkstatt seines Vertrauens. „Zum Glück gibt es nicht mehr so viele Teile an diesem Auto, die kaputtgehen können. Vieles wurde ja schon zu Beginn weggebaut“, sagt der 48-Jährige lachend.
Autorennen und Rallye-Fahren wurde den Spengler-Brüdern in die Wiege gelegt. Ihr Vater Anton nahm früher mit seinem Porsche an vielen Autorennen teil. Seine Leidenschaft hat er an seine Söhne weitergegeben. Bei der Fuggerstadt Classic sind sie immer mit dabei. Peter als Beifahrer, sein jüngerer Bruder Armin am Steuer.
Jürgen Pötschan aus Friedberg hat sich sein Vorkriegsmodell aus dem Jahr 1934 – seine BMW AM 4 – im Jahr 1995 aus Holland geholt. Sie war in einem sehr desolaten Zustand. Um sie wieder zum Laufen zu bringen, musste Pötschan 15 Jahre Arbeit investieren. Viele Teile musste er mühsam beschaffen oder sogar von Handarbeit fertigen lassen, zum Beispiel das Lenkrad. „Das ist wie in einer Ehe. Dieses Auto hat so eine innige Geschichte – mit allen Höhen und Tiefen“, sagt der 54-jährige Kfz-Mechanikermeister. Sein BMW ist mit einem Lederdach bespannt. „Es ist das erste von BMW selbst konstruierte Fahrzeug, das in Sindelfingen gebaut und in Eisenach komplettiert wurde“, freut er sich.
Ihm gehört auch ein VorkriegsMotorrad der Marke Opel, das er vor 15 Jahren aus dem Bayerischen Wald geholt hat. Heute ist es eine Rarität, denn es gibt davon nur noch neun Stück. 1931 wurde das EliteOpel-Motorrad gebaut, damals der Schlager schlechthin. Ausgestattet ist es mit einem Schnellganggetriebe mit vier geräuschlosen Gängen. Die in der Zeit der Weltwirtschaftskrise gebauten Motorräder tragen anstelle des Opel-Emblems das der EliteDiamant-Werke und wurden mit lackierten Fahrgestellen ausgeliefert. Zu den Ausfahrten mit seinen beiden Oldtimern trägt er immer die zeitgemäß passende Kleidung. Er genießt diesen Stil und macht gerne eine Zeitreise in die Vorkriegszeit.
„Zum Glück gibt es nicht mehr so viele Teile an diesem Auto, die kaputtgehen können. Vieles wurde ja schon zu Beginn weggebaut.“Armin Spengler