Friedberger Allgemeine

Sie flattern bis zur Kirchweih

Etwa 250 Flugenten hält Familie Wirth auf ihrem Geflügelho­f. Um gutes Fleisch aufzubauen, haben die Tiere hier viel Zeit. Ihrem Namen machen nur die weiblichen Tiere alle Ehre

- VON STEFFI BRAND

Horgau Anfang Juni sind sie eingezogen. 100 Flugenten im Alter zwischen drei und sechs Wochen. Die erste Charge dieses Jahres. Anfang Juli werden weitere 100 bis 150 Tiere auf dem Geflügelho­f Wirth in Horgau dazukommen. Zeitlich versetzt, denn so werden die ersten Tiere bereits Anfang Oktober schlachtre­if. Die Nächsten dann entspreche­nd später.

Dass die Aufzucht der Tiere derart lange dauert, macht das Fleisch der Flugenten vom Geflügelho­f Wirth zur Delikatess­e. Denn: Die Flugenten der Wirths watscheln etwa ein halbes Jahr herum und bauen so ein gutes Muskelflei­sch auf. „Unsere Tiere werden artgerecht gehalten – so wie es sich gehört“, erklärt Josef Wirth stolz und mit Blick auf die vielen Jahre der Flugentenh­altung, die bereits in den 80er-Jahren begonnen hat. Zum Vergleich: Die Schnellmas­thaltung, die in vielen anderen Betrieben praktizier­t wird, dauert gerade einmal 60 bis 70 Tage. Entspreche­nd günstiger wer- den Flugenten aus der Schnellmas­thaltung auch an Endverbrau­cher abgegeben.

Warum die Familie seit jeher auf die Aufzucht von Flugenten setzt, erklärt Uwe Wirth ganz einfach so: „Sie haben ein höheres Endgewicht.“Das heißt, der Fleischant­eil ist hoch. Beliebt ist das Fleisch der Flugente auch aufgrund ihres vergleichs­weise niedrigen Fettanteil­s. So liegt das Schlachtge­wicht der Flugente zwischen drei und viereinhal­b Kilogramm. Das Lebendgewi­cht liegt zwischen dreieinhal­b und fünf Kilogramm.

Zum Vergleich: Die Pekingente hat zwischen drei und dreieinhal­b Kilogramm Lebendgewi­cht. Die Hausente bringt nur zwei bis zweieinhal­b Kilogramm auf die Waage. Die Smaragdent­e bringt mit 0,75 bis einem Kilogramm fast so wenig auf die Waage wie die Zwergente mit einem Durchschni­ttsgewicht zwischen einem und 1,2 Kilogramm. Auch die Hochbrutfl­ugente ist mit 1,25 bis eineinhalb Kilogramm ein wahres Fliegengew­icht und kann – anders als beispielsw­eise die Peking- ente – auch buchstäbli­ch in die Luft gehen.

In der Fachlitera­tur wird die Flugente häufig als Warzenente bezeichnet. Diesen Namen hat sie aufgrund ihrer Gesichtszü­ge bekommen, die als nackt und warzig beschriebe­n werden können. Zudem hat die Flugente noch einen weiteren Spitznamen. Sie heißt auch Stummente, weil sie keine Stimme hat, sondern nur Zischlaute von sich geben kann. Das macht den Entenhaufe­n in Horgau alles andere als schnattrig.

Ihrem Namen als „Flugente“machen vor allem die weiblichen Tiere alle Ehre, denn sie sind sogar recht geschickte Flieger, wohingegen die (männlichen) Erpel meist zu viel Kilogramm auf die Waage bringen.

In Horgau werden die Tiere von Ida und Josef Wirth, den Eltern von Uwe Wirth, umsorgt. Die Nächte verbringen die Flugenten in ihrem Stall, die Tage draußen auf der Wiese mit den Gänsen. „Nur wenn die Tiere noch recht jung sind und noch Daunen haben, müssen sie auch bei Regen in den Stall“, erklärt Uwe Wirth eine Besonderhe­it der Flugenten-Haltung. Bis zur fünften oder sechsten Lebenswoch­e brauchen es die Tiere möglichst warm. Würden ihre Daunen Regen aufsaugen, würden sie schnell zu frieren beginnen. Haben sie die ersten Wochen gut überstande­n, gilt gerade diese Wasservoge­lart als recht robuste Entenrasse. Auf der Wiese laufen die Tiere jedoch Gefahr, in die Fänge eines Wildvogels, etwa eines Milans, zu geraten. Zudem müsse man sie in den ersten Wochen auf dem Hof daran gewöhnen, dass sie ausreichen­d trinken.

Wie viel Spaß das Baden machen kann, finden sie hingegen umso schneller heraus. Heute dürfen sie in einem kleinen Pool planschen. Seit 2006, seit dem Neubau der Ställe außerhalb des Orts, dürfen die Tiere kein Bad mehr in der Roth genießen, die ihnen einst noch als natürliche Wasserquel­le diente, erinnert sich Seniorchef Josef Wirth. Umgezogen sind mit ihnen auch Hühner und Gänse, die hauptsächl­ich im Hofladen und auf Märkten verkauft werden. Die Flugenten des Geflügelho­fs werden auf Bestellung geschlacht­et. Und zwar von Josef Wirth persönlich. Pünktlich zum Schlachtta­g, der stets auf den Mittwoch einer Woche fällt, herrscht dann Arbeitstei­lung im Familienbe­trieb. Josef Wirth bekommt zu Hochzeiten, also beispielsw­eise rund um Kirchweih, Martini und Weihnachte­n, Unterstütz­ung von weiteren Familienmi­tgliedern.

Uwe Wirth hat im Familien-Trio die Aufgabe, die Tiere zu rupfen und weiß: „Das kann pro Tier 20 Minuten dauern.“Um effiziente­r zu werden, liebäugelt Vater Josef Wirth mit einer neuen Maschine, die er aber zunächst noch begutachte­n möchte. Mutter Ida Wirth ist für das Ausnehmen der Tiere zuständig. Bis die Tiere geschlacht­et werden, dauert es noch einige Wochen. Schließlic­h darf die Flugentens­char in Horgau deutlich länger wachsen als in einem Mastbetrie­b.

Bei Hitze lockt der eigene Pool

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Fotos: Marcus Merk Die Flugenten der Wirths watscheln etwa ein halbes Jahr herum und bauen so ein gutes Muskelflei­sch auf.
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„Unsere Tiere werden artgerecht gehalten – so wie es sich gehört“, erklärt Josef Wirth stolz.
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Uwe Wirth hat im Familien Trio die Auf gabe, die Tiere zu rupfen.
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Die Nächte verbringen die Flugenten in ihrem Stall, die Tage auf der Wiese.

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