Friedberger Allgemeine

Der geplatzte WM-Traum

Vor vier Jahren trennte mich ein Flug von der Final-Euphorie. Nun sollte alles besser werden und kam doch ganz anders

- Polska

und unabsichtl­ich diese Frage gar nicht stellen, denn ich saß im Flieger. Als ich den Flug nach Warschau buchte, habe ich wohl nicht in den Kalender geschaut, sondern nur auf den Preis. Das Angebot war günstig. Warum wohl?

Während sich an dem Sonntag, 13. Juli, also die Augsburger zum gemeinsame­n Essen und Fußballsch­auen trafen, war ich schon auf dem Weg zum Münchner Flughafen. Auf dem Stadtmarkt verfolgten 2100 Augsburger beim Public Viewing das Spiel, die Restaurant­s, Cafés und Bars in der Innenstadt waren voll mit Menschen in Schwarz-Rot-Gold.

In diesem Jahr fiel das Public Viewing auf dem Stadtmarkt aufgrund der Sommernäch­te aus. Die Veranstalt­er dürften im Nachhinein nicht unglücklic­h deswegen sein, denn gleichzeit­ig mit der Abreise der deutschen Nationalma­nnschaft hat sich auch die Euphorie verabschie­det. In diesem Jahr können die Spiele entspannt in allen Lokalen verfolgt werden. Ein Kollege findet, dass das auch etwas hat. Das stimmt. So können sich die Fußballfan­s auf andere Mannschaft­en konzentrie­ren. Was fehlt, ist aber das aufregende Kribbeln, die unglaublic­he Nervosität, die mich vor vier Jahren um 20.50 Uhr (Zehn Minuten vor Anpfiff) an einen Schulfreun­d in Augsburg schreiben lässt: „Ich warte jetzt auf mein Gepäck, gleich geht’s mit dem Taxi ins Hotel. Kannst Du mich per SMS auf dem Laufenden halten, falls ein Tor fällt. BITTE“. In Augsburg versammeln sich nach Mitternach­t schließlic­h rund 20 000 Menschen in der Maximilian­straße. Deutschlan­d ist FußballWel­tmeister. Das wird bejubelt und gefeiert. „Augsburg im Siegestaum­el“titelt vor vier Jahren am Montag der Lokalteil unserer Zeitung. „Tausende Fans sehen gestern Abend das packende Finale auf dem Stadtmarkt, in Biergärten und Kneipen. Die Stimmung ist wechselhaf­t, aber weitgehend friedlich. Und nach dem Abpfiff ist in der Stadt die Hölle los.“Schnell herrscht aber auch in Augsburg ein wenig Katerstimm­ung nach dem ausschweif­enden Fest. Eine Figur am Herkulesbr­unnen wurde beschädigt. Das war der Auslöser, dass Repliken für den Augustusbr­unnen gegossen wurden.

In Warschau freue ich mich alleine über den Sieg der Deutschen. In vier Jahren, schwor ich mir damals, hole ich alles nach. Die titelt in ihrer Montagsaus­gabe „Jak zwykle wygrali Niemcy – Wie üblich gewinnen die Deutschen“. Wenn das nur immer so wäre…

Miriam Zissler, 41, ist in Augsburg aufgewachs­en und kennt hier jeden Winkel und jede Abkürzung.

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Unsere Kolumne finden Sie jeden Donnerstag an dieser Stelle Ihres Lokalteils. Nächste Woche: „Elternzeit“mit Ansichten und Geschichte­n aus dem Familienle­ben.

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