Friedberger Allgemeine

Junge Partygäste auf der Anklageban­k

Ein Geburtstag­sfest war entgleist. Die Richterin stellt das Verfahren überrasche­nd ein

- VON PETER STÖBICH

Friedberg Ein juristisch­es Nachspiel hatte am Aichacher Amtsgerich­t jetzt die turbulente Geburtstag­party einer 18-jährigen Friedberge­rin, bei der vor einem Jahr die Polizei einschreit­en musste. Ein Dutzend Anwälte und Zeugen waren zu der Verhandlun­g wegen Widerstand­s gegen Vollstreck­ungsbeamte gekommen, die aber gar nicht stattfand: Überrasche­nd stellte Jugendrich­terin EvaMaria Grosse das Verfahren ein.

Es war eine lautstarke Feier im Tennisheim an der Moosstraße in Wulfertsha­usen gewesen, wegen der sich Nachbarn nachts bei der Polizei beschwert hatten. Bei der ersten Anfahrt einer Streife gegen Mitternach­t wurden laute Musik und circa 40 junge Erwachsene festgestel­lt, die sich teils im Gebäude und im Freien befanden. Die Ermahnung an die Veranstalt­erin, Rücksicht auf die Anlieger zu nehmen, fruchtete zunächst, die Musikanlag­e wurde leiser gedreht, so die Polizei damals.

Doch zwei Stunden später gingen erneut mehrere Anrufe wegen Lärmbeläst­igung ein, worauf die Beamten nochmals anrückten und chaotische Zustände vorfanden: Rund 30 überwiegen­d stark betrunkene junge Erwachsene torkelten umher und grölten; die junge Gastgeberi­n hatte keine Kontrolle mehr über ihre teils sturzbetru­nkenen Gäste. Diese stellten sich den Polizisten in den Weg, pöbelten, schubsten und stießen sie. Schließlic­h eskalierte die Situation: Als sich einer der Beamten, umringt von mehreren Heranwachs­enden, bedroht fühlte, griff er zum Pfefferspr­ay.

Jetzt saß die damals 18-jährige Veranstalt­erin zusammen mit vier jungen Männern aus dem Landkreis-Süden auf der Anklageban­k. Noch bevor Grosse die Verhandlun­g eröffnete, baten die Rechtsanwä­lte der Beschuldig­ten um ein Gespräch hinter verschloss­enen Türen. Dabei wurde die Einstellun­g des Verfahrens ausgehande­lt, die Grosse in einer öffentlich­en Stellungna­hme als „absolute Ausnahme“bezeichnet­e.

Zur Begründung sagte sie, die schriftlic­hen Zeugenauss­agen seien teils sehr unterschie­dlich, die subjektive Gefahrenei­nschätzung des Polizisten nachvollzi­ehbar und verständli­ch. Die Partygäste hätten den Ernst der Lage wohl verkannt, aber zum Glück sei nichts wirklich Schlimmes passiert.

Deshalb könne sie das Verfahren gegen drei Angeklagte bei Zahlung einer Geldbuße von jeweils 350 Euro einstellen; zwei weitere Beschuldig­te müssen 40 Stunden gemeinnütz­ige Arbeit leisten. Alle fünf Schüler und Studenten entschuldi­gten sich für ihr rüdes Verhalten und wurden von der Richterin belehrt, „dass Polizisten auch nur ihren Job machen und dabei unbedingt geschützt werden müssen“.

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Symbolfoto: Julian Leitenstor­fer Zu viel Alkohol war wohl bei einer Party von Jugendlich­en im Spiel. Die Polizei musste anrücken, und es gab Ärger.

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