Friedberger Allgemeine

Friedberg kauft Wohnungen

Das Grundstück an der Hermann-Löns-Straße wurde dem Bauherrn seinerzeit in Erbpacht überlassen. Die Kommunalpo­litiker wollen mit dem Geschäft ein Verspreche­n aus dem Wahlkampf einlösen

- VON THOMAS GOSSNER

Die Stadt kauft fünf Häuser mit 49 Wohnungen an der HermannLön­s-Straße, um für die Bewohner das günstige Mietniveau zu sichern.

Friedberg Bezahlbare­r Wohnraum – das war eines der großen Themen im Friedberge­r Kommunalwa­hlkampf 2014. Darum greift die Stadt jetzt auch bei einem unerwartet­en Angebot zu: Sie will fünf Häuser mit insgesamt 49 Wohnungen an der Hermann-Löns-Straße kaufen. 2,75 Millionen Euro sind darum in einem Nachtragsh­aushalt vorgesehen, der am Donnerstag­abend im Stadtrat verabschie­det werden soll (18 Uhr, Rathaussaa­l). Entspreche­nde Informatio­nen unserer Zeitung bestätigte Bürgermeis­ter Roland Eichmann.

Die Stadt selbst hat in den frühen 50er-Jahren einem privaten Bauherrn das Grundstück im Rahmen eines Erbpachtve­rtrags überlassen. Eine Auflage war bereits damals, dass günstiger Wohnraum geschaffen werden muss. Der Vertrag läuft zwar noch weitere 30 Jahre, doch die Eigentümer­familie trennt sich derzeit offenbar von Teilen ihrer Immobilien und hat der Stadt die Häuser zum Kauf angeboten. Beide Seiten sind sich inzwischen grund- einig geworden, die notarielle Beurkundun­g steht allerdings noch aus.

Der Vereinbaru­ng ging aufseiten der Stadt ein ausführlic­her Diskussion­sprozess hinter verschloss­enen Türen voraus. Den Ausschlag für den Kauf gab für die Kommunalpo­litiker nicht zuletzt die Chance, das rund 7500 Quadratmet­er große Areal selbst in die Hand zu bekommen. Für heutige Verhältnis­se ist es nämlich eher locker bebaut. Ein privater Eigentümer könnte höhere Renditen im Auge haben, was auch teurere Mieten zur Folge hätte. „Jetzt haben wir die Hand drauf“, heißt es in den Reihen des Stadtrats.

Unter den Bewohnern an der Hermann-Löns-Straße hat sich der geplante Eigentümer­wechsel noch nicht herumgespr­ochen. Dass die Stadt künftig der Vermieter ist, wird allerdings eher positiv gesehen. Ein privater Investor sei vermutlich eher auf seinen eigenen Gewinn aus, hieß es. Bei der Stadt sei man wohl besser aufgehoben. Dass die Stadt selbst einsteigt und das Geschäft nicht etwa der Baugenosse­nschaft begründet Bürgermeis­ter Eichmann mit fehlenden Kapazitäte­n. Die Genossensc­haft, deren Aufsichtsr­at Eichmann vorsitzt, plant derzeit eine Erneuerung des Wohnungsbe­standes an der Frühlingss­traße (wir berichtete­n). Für zusätzlich­e Projekte stoße man sowohl beim Personal wie auch bei der Eigenkapit­alausstatt­ung an Grenzen.

Was im Weiteren genau passiert, ist derzeit noch offen. Zwar haben die Wohnblöcke noch überwiegen­d den Standard der 50er-Jahre, doch Bürgermeis­ter Eichmann sieht keinen zeitlichen Druck für eine Modernisie­rung, zumal dann die sehr günstigen Mieten kaum zu halten wären. „Wir runden unser Immobilien­portfolio damit nach unten ab“, erklärte er.

Außerdem stehen derzeit noch andere Wohnbaupro­jekte der Stadt auf der Liste: Nach den beiden Gebäuden an der Afrastraße mit zusammen 67 Wohnungen, für die der Baubeginn bevorsteht, ist zunächst Ottmaring an der Reihe. Diesen Zeitraum kann die Stadt also in Ruhe nutzen, um sich über das weisätzlic­h tere Vorgehen an der HermannLön­s-Straße klar zu werden.

Dort bieten sich nämlich mehrere Möglichkei­ten: Zum einen könnte der Bestand nach und nach saniert werden, so wie es bei den übrigen städtische­n Wohnungen in den vergangene­n eineinhalb Jahrzehnte­n der Fall war. Oder die alten Häuser könnten auch abgerissen und durch Neubauten ersetzt werden, so wie es die Friedberge­r Baugenosse­nschaft derzeit vorexerzie­rt. Für heutige Verhältnis­se ist das 7500 Quadratmet­er große Areal in Zentrumsra­ndlage nämlich ungewöhnli­ch locker bebaut. „Man könnte das besser nutzen“, glaubt man im Stadtrat.

Finanzierb­ar ist der Kauf derzeit ohne neue Kreditaufn­ahmen, wie aus dem Nachtragsh­aushalt hervorgeht. Finanzrefe­rent Wolfgang Schuß erwartet Mehreinnah­men von 1,5 Millionen Euro. Dazu trägt eine höhere Gewinnauss­chüttung der Stadtspark­asse bei. Um weitere 1,2 Millionen sind die Einnahmen aus der Gewerbeste­uer gegenüber dem Haushaltsa­nsatz vom Jahresbegi­nn gestiegen. Bürgermeis­ter Eichüberlä­sst, mann berichtete im Gespräch mit unserer Zeitung, dass angesichts der guten konjunktur­ellen Lage mehrere Firmen Nachzahlun­gen in zum Teil sechsstell­iger Höhe zu leisten haben.

So stellen auch die 10 000 Euro für eine zusätzlich­e halbe Stelle kein Problem dar, die im Nachtragsh­aushalt für die Verwaltung des wachsenden städtische­n Wohnungsbe­standes vorgesehen ist.

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Fotos: Thomas Goßner Aus den 50er Jahren stammen die gelben Häuser auf der Südseite der Hermann Löns Straße in Friedberg. Die Stadt will nun die Gebäude kaufen.
 ??  ?? Großzügige Garagenhöf­e und Grünflä chen hinter den Häusern eröffnen die Möglichkei­t, zusätzlich­en Wohnraum zu schaffen.
Großzügige Garagenhöf­e und Grünflä chen hinter den Häusern eröffnen die Möglichkei­t, zusätzlich­en Wohnraum zu schaffen.

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