Das Wagnis Fugger-Musical
Auf der Freilichtbühne wird am Samstag zum vorerst letzten Mal „Herz aus Gold“gespielt. Danach verschwindet es in der Schublade. Hätte es tatsächlich das Zeug dazu, eine Marke zu werden?
2006 als Intendant aus Augsburg verabschiedete. „Herz aus Gold“sucht man als Wiederaufnahme dagegen vergeblich. Statt ein Augsburg-Werk wie angekündigt zur Marke zu machen, legt Bücker es erst einmal in die Schublade – obwohl er bei seinem Antritt betont hatte, neue Produktionen wenigstens zwei Spielzeiten im Programm halten zu wollen.
Für diese Entscheidung mag es gute Gründe geben: Das FuggerMusical ist eine Inszenierung, deren Rollen aktuell fast nur mit Gästen besetzt sind; das kostet. Und das Publikum wünscht sich ja auch Abwechslung. Ein zweites Jahr „Herz aus Gold“am Roten Tor könnte bedeuten, dass Besucher ausbleiben, weil sie das Musical vom Vorjahr in Erinnerung haben. Zwei Stücke zu spielen, wie dies noch vor einigen Jahren Usus war, dürfte ebenfalls keine Lösung sein. Dies wäre aufgrund der Bühnenumbauten und der Personalplanung kompliziert.
Man kann also davon ausgehen, dass „Herz aus Gold“in Augsburg frühestens 2020 wieder zu sehen sein wird – oder erst 2021. Thematisch wäre das sinnvoll: Die Fuggerei wird in drei Jahren 500 Jahre alt, das Musical würde sich bestens ins Programm einfügen. Doch egal wann: Wichtig ist, dass die Produktion überhaupt wieder aufgenommen wird – unabhängig von jeder künstlerischen Einschätzung. Das Versprechen Bückers, Augsburg ein eigenes Stück zu widmen und es bestenfalls zu einem künstlerischtouristischen Jahreshöhepunkt zu machen, wäre andernfalls nach einer Saison verpufft.
Den Besuchern gefiel „Herz aus Gold“mehrheitlich gut, auch wenn der Verkauf zunächst kein Selbstläufer war. Viele wollten wohl erst abwarten, wie die Produktion ankommt. Vorverkauft war meist nur der mittlere Block, wer sich spontan zum Theaterabend entschloss, bekam problemlos Kar- ten. Man kennt das von dieser Freilichtbühne auch anders. Das muss aber nicht am Stück liegen. Wir alle entscheiden uns bei der Flut von Freizeitangeboten heute spontaner für eine Unternehmung, als noch vor einigen Jahren. Ob das Fugger-Musical das Zeug dazu hätte, über Jahre hinweg auch Publikum von weiter weg zu locken, ist schwer einzuschätzen. Dies würde sich erst erweisen, wenn es länger im Spielplan stünde. Ein weiterer Grund für eine Wiederaufnahme.
Was das Wetter betrifft, war diese Open-Air-Saison hervorragend, keine der 21 Aufführungen am Roten Tor musste ausfallen. Entsprechend kann „Herz aus Gold“am Ende mit rund 33500 Besuchern ein gutes Ergebnis vorweisen. Auch wenn Besucherzahlen nicht alles sind, ist das erfreulich. Es zeigt, dass Wagnisse auch in Augsburg erfolgreich sein können. Ein subventioniertes Theater sollte, ja muss solche Wagnisse auch eingehen. Wie würden die Spielpläne der über 140 Häuser in Deutschland sonst aussehen, würde man nur auf Altbekanntes zurückgreifen?!
Ab Montag ist nun erst mal Spielzeitpause. Im September kehren Intendanz und Künstler ans selbe Haus zurück – und doch an ein anderes. Augsburg ist dann Staatstheater. Von seinem Auftrag, sich der Geschichte dieser Stadt anzunehmen, entbindet André Bücker das nicht. Und auch nicht davon, sich als Intendant in diesen Ort und die Menschen einzufühlen, an dem und für die er Theater macht.
Künstlerisch tut er dies nächste Spielzeit wieder mit einem Augsburg-Stück, das schon dieses Jahr sehr gut ankam: dem Tatort. Auch diese Inszenierung ist am Wochenende letztmals zu sehen.
Publikum und Künstler stehen ab Herbst dann vor allem vor logistischen Herausforderungen: Das Theater wird künftig komplett im Interim spielen, weil auch Brechtbühne und Hoffmannkeller als angestammte Spielstätten weggefallen sind. Dies wird sich in Bückers Intendanz, die vorerst bis 2022 dauert, auch nicht mehr ändern. Wie es danach künstlerisch und personell weiter geht am neuen Staatstheater, steht in den Sternen.
Die Produktion war kein Selbstläufer