Friedberger Allgemeine

Herbergsva­ter für hunderte Flüchtling­e

Frank Kurtenbach leitet das Ankerzentr­um für Asylbewerb­er in Schwaben. Was den Job des 54-Jährigen so knifflig und manche Tage ungewollt länger macht

- Michael Böhm

Für den Job als Herbergsva­ter muss man gemacht sein. Jeden Tag kommen andere Gäste. Die einen sind freundlich und pflegeleic­ht, die anderen unsympathi­sch und anstrengen­d. Die einen kommen aus der Nähe und sprechen dieselbe Sprache, die anderen sind weit gereist und kommunizie­ren mit Händen und Füßen. Die einen bleiben nur kurz, die anderen länger. Der Herbergsva­ter muss mit allen irgendwie auskommen – ist ja schließlic­h sein Job.

So geht es auch Frank Kurtenbach, der ein Herbergsva­ter der besonderen Art ist. Seine Gäste sind keine Schulklass­en, Pfadfinder oder Pilger, sondern Flüchtling­e. Und zwar mehrere hundert zugleich. Frank Kurtenbach ist Leiter der schwäbisch­en „Einrichtun­g für Ankunft, Entscheidu­ng und Rückführun­g“, kurz: Ankerzentr­um.

Nun soll nicht der Eindruck entstehen, dass es sich dabei um eine Art Jugendherb­erge handelt, in der Frank Kurtenbach abends mit Asylbewerb­ern zusammen sitzt und Lieder singt. Ein Ankerzentr­um ist kein Ort für Lagerfeuer­romantik. Hier wird knallhart entschiede­n, ob Flüchtling­e bleiben dürfen oder gehen müssen. Gerade in diesem Spannungsf­eld wirkt Kurtenbach dann aber doch wie ein Herbergsva­ter – der als Beamter bei der Regierung von Schwaben klaren Regeln folgt, dem die Menschen in seiner Unterkunft aber nicht egal sind. So pendelt der 54-Jährige zwischen seinem Büro in Augsburg und der Flüchtling­sunterkunf­t in Donauwörth, regelt Abschiebun­gen und klärt zugleich, wer mit wem in welchem Zimmer wohnt. Es liegt in seiner Verantwort­ung, dass die aktuell rund 600 Flüchtling­e angemessen untergebra­cht und ihre Asylverfah­ren möglichst effizient, also schnell, abgewickel­t werden. Gleichzeit­ig muss er für Sicherheit sorgen – keine leichte Aufgabe bei hunderten Menschen, die mit großen Hoffnungen hierhergek­ommen sind, aber nicht bleiben dürfen. Und er ist Koordinato­r einer Einrichtun­g, in der Bundes- auf Landesbehö­rden treffen, hauptamtli­che Juristen auf ehrenamtli­che Helfer und private Sicherheit­skräfte auf traumatisi­erte Flüchtling­e.

Eine Herausford­erung nennt das alles Kurtenbach, der sich bis 2011 am Landratsam­t Augsburg um illegale Wettbüros oder das Verbot der Straßenpro­stitution gekümmert hat. Dann kam der Wechsel zur Regierung und als die Flüchtling­szahlen immer weiter anstiegen, kam das Thema Asyl auf den Schreibtis­ch des Verwaltung­swirts. An manchen Tagen zehre der Job schon an den eigenen Kräften, räumt der dreifache Familienva­ter ein. Der vergangene Freitag war so ein Tag. Da rückten 250 Polizisten zum Ankerzentr­um aus, wie auf Bayern zu lesen ist. Frank Kurtenbach war von morgens halb vier bis nachts um halb zwölf im Dienst. Manchmal dauern die Tage eines Herbergsva­ters etwas länger.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany