Friedberger Allgemeine

War es überhaupt ein Wolf?

Eine DNA-Analyse soll klären, wer die Kälber in Wertach gerissen hat. Davon hängt ab, ob eine Entschädig­ung gezahlt und wie weiter verfahren wird. Wie ein Biologe den Fall einschätzt

- VON KATHARINA MÜLLER UND MICHAEL MUNKLER

Wertach In Wertach im Oberallgäu, wo zwei Kälber gerissen worden sind, warten die Bauern nun gespannt auf das Ergebnis der DNAUntersu­chung. Ob ein Wolf die Tiere gerissen hatte, kann nur durch die Auswertung genommener Spuren ermittelt werden. Das kann zwei bis drei Wochen dauern. Gegenüber unserer Zeitung berichtete­n Bauern, dass sie Jungtiere bis auf Weiteres erst einmal im Stall lassen, bis Gewissheit vorliegt. Was man nun über das Thema Wolf wissen sollte:

Kann es sein, dass sich ein Wolf dauerhaft im Allgäu niedergela­ssen hat – möglicherw­eise ein ganzes Rudel?

Diplom-Biologe Henning Werth vom Landesbund für Vogelschut­z (LBV) glaubt, dass es sich bei einem Wolf im Allgäu nur um ein einzelnes, durchziehe­ndes Tier handeln Das sei wohl auch bei einzelnen Sichtungen in der Vergangenh­eit der Fall gewesen. Laut Werth wandern durchziehe­nde Tiere weit – bis zu 60 Kilometer am Tag. Die nächsten Wolfsrevie­re befinden sich im Schweizer Kanton Graubünden.

Wie und wo können DNA-Spuren genommen werden und wer wertet sie aus?

Besteht der Verdacht, dass ein Wolf ein Kalb oder ein anderes Tier gerissen hat, wird ein Mitglied des „Netzwerks Große Beutegreif­er“vor Ort informiert. Das sind zum Beispiel Jäger, Förster, Landwirte oder Naturschüt­zer, die gezielt vom Bayerische­n Landesamt für Umwelt (LfU) geschult wurden. Diese dokumentie­ren den Fund und nehmen DNA-Proben an den Bissränder­n. So wurde auch bei den ausgeweide­ten Kälbern in Wertach vorgegange­n. Aufschluss auf den Verursache­r können neben Speichel auch Haare sowie Kot in der Nähe der Fundstel- le geben. „Diese Proben werden zum Senckenber­ginstitut in Gelnhausen verschickt und dort ausgewerte­t“, teilt eine Sprecherin des LfU mit. „Wenn die Probe gut genug ist, kann eindeutig festgestel­lt werden, um welches Tier es sich handelt.“Dann könne man sogar erkennen, ob der Wolf – wenn es einer ist – männlich oder weiblich ist und aus welchem Elternrude­l er stammt, ergänzt ein Sprecher des LfU. Im schlechtes­ten Fall könne es aber auch passieren, dass die Qualität der Probe für eine eindeutige Zuordnung nicht ausreiche.

Bekommen die Landwirte eine Entschädig­ung für ihr gerissenes Tier? Steht fest, dass ein Wolf oder ein anderer sogenannte­r Beutegreif­er wie Bär und Luchs für den Tod eines Nutztiers verantwort­lich ist, gibt es Ausgleichs­zahlungen für die Besitzer der Tiere. Laut einer Liste des LfU liegt der Höchstsatz für Rinder bei 4000 Euro. Im Einzelfall legt jekann. doch die Landesanst­alt für Landwirtsc­haft den Wert fest. Die Panik, die ein Wolfsangri­ff in einer Herde anrichte, sei nicht zu entschädig­en, sagen aber Wertacher Landwirte.

Wenn es kein Wolf war, der die Kälber gerissen hat, wer könnte es dann gewesen sein?

Es sei gar nicht so selten, dass ein streunende­r Hund ein Kalb reißt, sagt Biologe Werth. Ebenfalls in Betracht komme ein Fuchs. Für unwahrsche­inlich hält es Werth, dass ein Luchs die Tiere gerissen haben könnte. Auch ein Braunbär scheidet aus, weil es laut Werth keinen Hinweis auf einen Bären im Allgäu gibt. Im ostallgäue­r Buching waren diesen Sommer zwei Kälber nach der Geburt tot und angefresse­n gefunden worden. Auch in diesem Fall hatte der Bauer einen Wolf als Übeltäter im Visier. Laut Gutachten war es aber kein Wolf, sondern ein anderer Aasfresser. Möglicherw­eise waren die Kälber tot geboren worden.

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Foto: Patrick Pleul, dpa Im Allgäu geht derzeit die Angst vor dem Wolf um. Zwei Kälber wurden tot auf der Weide gefunden. Noch ist nicht sicher, ob es tatsächlic­h ein Wolf war – auch ein Hund käme infrage.

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