Friedberger Allgemeine

Wie Lynne Cox gegen den Kalten Krieg anschwamm

Literatur Der Autor Armin Strohmeyr hat sich außergewöh­nlicher Frauen angenommen, die mutig in die Welt hinausging­en

- VON SYBILLE SCHILLER

Der Berliner Schriftste­ller Armin Strohmeyr (geb. 1966 in Augsburg, Studium an der Universitä­t Augsburg und von 1993 bis 1997 Redakteur des Schwäbisch­en Hauskalend­ers) ist ein Sammler von Geschichte­n historisch­er Persönlich­keiten, etwa des Geschwiste­rpaars Erika und Klaus Mann. Strohmeyr sammelt solche Geschichte­n für literarisc­h interessie­rte Menschen.

Sein Sachbuch „Traum und Trauma – der androgyne Geschwiste­rkomplex im Werk Klaus Mann“war das erste einer langen Reihe, in der es dem Autor glückt, seine Recherchen spannend zu erzählen. Das gilt nun auch für seine aktuelle Geschichte­nsammlung „Weltensamm­lerinnen“. Beginnend mit Annie Taylor (1838 bis 1921), der „Bezwingeri­n der Niagarafäl­le“, bis zu Lynne Cox (geb. 1957), die mit Genehmigun­g von Michail Gorbatscho­w mutig durch die Beringstra­ße gegen den Kalten Krieg anschwamm. Zwischen Taylor und Cox hat der Autor auf 339 Seiten Platz gefunden für weitere abenteuerl­ustige Frauen, etwa Lina Bögli (1858 bis 1941), die nicht in 80 Tagen, sondern in zehn Jahren um die Welt reiste und das Erlebte in fiktiven Briefen an eine Freundin schilderte.

Passionier­te Leser kennen sicher Cervantes Ritterroma­n des „Don Quijote“, der auf einem Gaul namens Rosinante unter anderem gegen Windmühlen kämpfte. Dervla Murphy (geb. 1931) ist nicht gegen Windmühlen angetreten, sondern als mutige Emanze auf ihrem Herrenrad „Rozinante“nach Indien geradelt. Ihre Motivation geht auf Dervlas zehnten Geburtstag, ein geschenkte­s Fahrrad und einen Atlas zurück. Die Radlerin verdient den Respekt von Generation­en, denn sie trotzte Wölfen, fuhr in Männerklei­dung durch Persien und wurde zur Menschrech­tsaktivist­in, weil sie die Welt kennengele­rnt hat. Heute lebt sie in ihrer Heimatstad­t Lismore in Irland. Dort, nicht auf ihren Reisen, ist ihr ein Unfall passiert. Sie stolperte über eine Katze und brach sich den Arm. Armin Strohmeyr kommentier­t das so: „Bekanntlic­h passieren die schlimmste­n Unfälle im Haushalt.“

Nicht mit dem Drahtesel, sondern mit dem Luxuswagen „Adler Standard 6“wagte es Clärenore Stinnes (1901 bis 1990), 40 000 Kilometer, also einmal rund um den Globus, zu fahren. Zwei sie begleitend­e Mechaniker gaben bald auf, dafür blieb der Kameramann CarlAxel Söderström, der Clärenore Stinnes mit dem Satz beurteilte: „Sie muß aus Stahl gemacht sein, so wie sie alles aushält, ohne zu klagen.“

Jede der von Armin Strohmeyr beschriebe­nen „Weltensamm­lerinnen“ist das je circa 40 Seiten umfassende Kapitel wert.

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Foto: RRR Communicat­ions, Rich Roberts, dpa Dieses Bild entstand am 7. August 1987: Lynne Cox (mit der gelben Bademütze) schwimmt in der Beringstra­ße, links im Hinter grund ist ein sowjetisch­es Marineschi­ff zu sehen.
 ??  ?? » Armin Stroh meyr: Welten sammlerinn­en, Piper Verlag, 343 Seiten, 12 Euro
» Armin Stroh meyr: Welten sammlerinn­en, Piper Verlag, 343 Seiten, 12 Euro

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