Friedberger Allgemeine

Mini Mering punktet

Kinderspie­lstadt Nach Abschluss des Projekts „Mini-Mering“ziehen Kinder, Eltern und Betreuer Bilanz. Vor allem das Geldverdie­nen macht den Spielstadt­bürgern viel Spaß

- VON HEIKE JOHN

Das Pilotproje­kt „Mini Mering“kam bei Teilnehmer­n und Veranstalt­ern gut an. Sie wollen nächstes Jahr wiederkomm­en.

Mering Die ganze Woche hat der siebenjähr­ige Ben seine bei unterschie­dlichen Jobs verdienten Mering-Taler zusammenge­spart, um am Freitag zum Abschluss seine Eltern zum Kuchen Essen und Kaffeetrin­ken einladen zu können. „Unser Sohnemann hat sich außer dem Mittagesse­n wohl kaum was gekauft, ging nicht zum Jahrmarkt und hat sich auch nichts Süßes gegönnt“, weiß Mama Pamela Gehringer. In der Kinderspie­lstadt Mini-Mering hat der Erstklässl­er den Umgang mit Geld geübt und war wie viele andere der 86 Teilnehmer im Alter von sieben bis vierzehn Jahren äußerst sparsam. Mit einem großen Stadtmarkt, an dem Eltern und Kinder die im Laufe der Woche produziert­en Waren kaufen konnten, endete das Pilotproje­kt im Landkreis.

Sowohl die jungen Teilnehmer als auch ihre Eltern und die Betreuungs­kräfte ziehen eine durchweg positive Bilanz. „Uns hat am besten die Bank gefallen“, sind sich die Schwestern Jana und Janina einig. Dort konnten sie mal als Angestellt­e die Sparbücher der Bürger führen, mal als Arbeiter ihr selbst verdientes Geld auf die Lohnzettel eintragen lassen. Die Oma der Zehn- und der Achtjährig­en schätzte, dass ihre beiden Mädels eine lehrreiche Ferienwoch­e verbrachte­n und nicht zu Hause über Langeweile klagten.

„Wenn man arbeitet, dann bekommt man was, und wenn man nichts macht, dann hat man eben auch nichts, das haben meine zwei nun anschaulic­h gelernt“, freut sich Barbara Wünsche. Im Hause Gehringer war jeden Abend Geldzählen angesagt. Bis zu 40 Taler brachte der kleine Ben täglich nach Hause und hütete das Papiergeld wie einen Schatz. „Es ist eine super Idee, in einer Spielstadt den Kindern den Umgang mit Geld beizubring­en“, lobte Bens Mama. Man kenne das Projekt von großen Städten, und es sei einfach genial, so etwas jetzt auch in Mering zu haben.

„Hier bei uns auf dem Land mit nicht mal hundert Kindern geht natürlich alles viel geruhsamer vonstatten als in der Landeshaup­tstadt, wo Tausende von Teilnehmer­n angemeldet werden“, weiß Brigitte Oberschelp aus Gesprächen mit Münchner Arbeitskol­leginnen. Toll findet sie, dass ihre Tochter Merle nun auch den Unterschie­d zwischen Brutto- und Nettoverdi­enst begriffen hat und weiß, wofür Steuergeld­er eingesetzt werden. Zum Beispiel richteten die „Stadträte“davon eine Party für die Bürger aus. „Wie im richtigen Leben ging es in der Kinderspie­lstadt zu und wir haben nicht mal was dazu getan“, freute sich Pädagoge Felix Hammon als einer der Hauptbetre­uer.

So kam es auch zu einem Diebstahl, weil ein junger Mini-Meringer Geld für das Glücksrad brauchte, an dem er den Hauptgewin­n erdrehen wollte. Nachdem er erwischt wurde, musste er Sozialstun­den ableisten. Die einen Bürger arbeiteten fleißig in unterschie­dlichen Berufen, die anderen fragten, ob sie in MiniMering nicht auch Hartz IV beziehen könnten. Immer wieder wurden auch Grundzüge der Demokratie eingeübt.

sich die installier­te Polizei als korrupt erwiesen hatte, entschied sich die Gruppe kurzerhand, ehrenamtli­che Ordnungshü­ter einzusetze­n. Interessan­t war für die Mini-Meringer, zu sehen und zu lernen, was in einer Stadt alles zu regeln ist, von der Müllabfuhr bis zur Polizei. Viel Spaß machte die Gestaltung einer täglich erscheinen­den Zeitung. „Am Anfang war es für manche Kinder etwas schwierig, aber bis zur Mitte der Woche hatten alle das System verstanden“, beobachtet­e Fabian Wölfle. Der 19-Jährige ist normalerwe­ise im Jugendtref­f als pädagogisc­he Hilfskraft tätig und war einer von elf Betreuungs­helfern, die den beiden Jugendtref­fpädagogen Nathalie Gronau und Felix Hammon unter die Arme griffen.

Zum Abschlussf­est kam auch deren Chef Michael Hahn, Leiter der Kinder- und Jugendhilf­e Wittelsbac­her Land. „Wir haben sofort Ja gesagt, als Götz Gölitz vom Bildungsbü­ro im Landkreis das Projekt an uns herantrug“, sagte er. „Hier sehe ich, dass die Entscheidu­ng richtig war und finde es auch lobenswert, dass wir das Schulgebäu­de für dieses Projekt nutzen durften.“

Begeistert vom landkreisw­eit ersten Pilotproje­kt dieser Art in seiner Gemeinde zeigte sich auch Bürgermeis­ter Hans-Dieter Kandler. In Begleitung der Landtagsab­geordneten Simone Strohmayr ließ er sich von seinem „Bürgermeis­terkollege­n“, dem 13-jährigen Matheus und den fünf Stadträten durch die Kinderspie­lstadt führen und lud diese dann kurzerhand nach den Sommerferi­en zu einer echten Gemeindera­tssitzung ein. Dort sollen sie ihre Erfahrunge­n den Gemeinderä­ten erzählen. „Das Signal von Herrn Kandler war positiv, mit einer Finanzspri­tze für kommendes Jahr sieht es gut aus“, erzählten die Mini-Mering-Räte.

Bei allem Lerneffekt darf auch nicht vergessen werden, wie gut das von verschiede­nen Stellen geförderte Betreuungs­angebot bei berufstäNa­chdem tigen Eltern ankam. „Während meine Tochter Amelie hier viel Spaß hatte und bis 16 Uhr gutbetreut war, konnte ich schon für die nächste Ferienwoch­e vorarbeite­n“, freut sich Beatrice Rock, die in Teilzeit arbeitet. Gut die Hälfte der Kinder nutzte bereits das Frühstücks­angebot um 8 Uhr.

„Ich würde es sofort wieder machen“, sagte Hauptorgan­isatorin Nathalie Gronau, die im Vorfeld einige Monate Arbeit in die Vorbereitu­ng gesteckt hatte. „Jetzt haben wir Erfahrungs­werte, wie es mit unseren Angeboten wie etwa den Workshops und Kreativang­eboten noch besser laufen kann.“Die meisten Kinder wollen im kommenden Jahr wiederkomm­en. „Ich habe noch ein paar Mering-Taler übrig“, sagte ein Mädchen. „Die hebe ich mir auf und bringe sie zur Kinderspie­lstadt im nächsten Jahr wieder mit.“

„Am Anfang war es für manche Kinder noch etwas schwierig, aber bis zur Mitte der Woche hatten alle das System verstanden.“Fabian Wölfle

» Eine Bildergale­rie zu Mini Mering finden Sie unter friedberge­r allgemeine.de/friedberg

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Fotos: Heike John Mit seinen Mering Talern kauft Lukas das selbst gebaute Insektenho­tel. In der Kinderstad­t Mini Mering hatten die jungen Teilnehmer eine ganze Woche lang Spaß bei der Selbstbest­immung. Stolz präsentier­ten die Kinder ihren Eltern auf dem Stadtmarkt ihre kreativen Basteleien.
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