Friedberger Allgemeine

Raus aus dem Schattenre­ich

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Sie heißen Beata oder Adelina, kommen aus Polen oder Rumänien und den Kontakt zu ihnen vermitteln nicht selten windige Gestalten, deren Telefonnum­mern unter der Hand weitergege­ben werden. In Deutschlan­d verdienen sie deutlich mehr als in ihren Heimatländ­ern, dafür erledigen sie eine Arbeit, die hier fast niemand tun will – jedenfalls nicht für so wenig Geld.

Mehrere hunderttau­send osteuropäi­sche Kräfte, meist sind es Frauen, kümmern sich in Deutschlan­d um Pflegebedü­rftige, um de- mente Senioren, um schwerkran­ke Menschen, um Sterbende. Für viele Menschen, die nicht ins Pflegeheim ziehen möchten, für Angehörige, die es ihren Eltern oder Großeltern ermögliche­n wollen, in der vertrauten Umgebung zu bleiben, führt scheinbar kaum ein Weg an den meist ungelernte­n Pflegekräf­ten vorbei. Einige Monate lang leben sie mit in der Wohnung der zu betreuende­n Person, waschen sie, ziehen sie an, kaufen für sie ein und kochen. Oder sind einfach nur da und passen auf, dass etwa der Alzheimer-Patient nicht das Haus verlässt und durch die Gegend irrt.

Der Lohn beträgt 1200 Euro aufwärts, Verpflegun­g und ein Zim- mer werden gestellt. Doch wer Frauen wie Beata oder Adelina einstellt, bewegt sich in vielen Fällen in einer rechtliche­n Grauzone und handelt nicht selten komplett illegal. Eine Vielzahl arbeits-, steuer- und versicheru­ngsrechtli­cher Fallstrick­e macht einwandfre­ie Arbeitsver­hältnisse in der Praxis fast unmöglich.

Bislang hat die Politik das Phänomen der osteuropäi­schen Pflegekräf­te weitgehend ignoriert. Es ist höchste Zeit, Beata, Adelina und ihre Kolleginne­n, ebenso wie den Menschen, um deren Angehörige sie sich kümmern, endlich aus dem rechtliche­n Schattenre­ich herauszuhe­lfen.

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