Friedberger Allgemeine

„Die Katze ist ein leises Wesen“

Die Zoologin Mircea Pfleiderer kann viele Verhaltens­weisen der beliebten Samtpfoten erklären. Sie gibt Tipps, wie man mit ihnen Kontakt aufnimmt. Selbst wenn sie beleidigt sind, weil man verreist war

- Interview: Antje Luz

Dr. Pfleiderer, als Sie etwa zwölf Jahre alt waren, hat der Kater Ihrer Eltern Sie zum Biologiest­udium animiert. Wie kam es dazu?

Mircea Pfleiderer: Besonders aufregend waren für mich die Kämpfe. Das Jaulen eines Katers ist Kampfgesch­rei. Jault nur ein Kater, handelt es sich um denjenigen, der überlegen ist.

Bevorzugen Katzen ein eigenes Revier ohne jegliche Überlappun­g?

Pfleiderer: Nein. Katzen wollen den Sozialkont­akt. Wobei es da einen großen Unterschie­d gibt zwischen Katern und Kastraten, die kleinere Reviere haben, sie aber wesentlich strenger verteidige­n. Ebenso wie Weibchen, deren Reviere sich nur wenig überlappen.

Die Katze hat eine eigene Domestikat­ionsgeschi­chte: Sie hat sich „selbst domestizie­rt“. Was ist da passiert? Pfleiderer: Der Hund ist den Menschen wegen der Essensrest­e nachgelauf­en. Aber die Reste von Nomaden haben Katzen nicht interessie­rt, sondern die ägyptische­n Kornkammer­n, dort gab es viele Mäuse. Die Katze ist über diese Mäuseplage in die Domestikat­ion reingekomm­en. Wie man heute weiß, binden sich Katzen durchaus an „ihren“Menschen: Wie ist die beste Kommunikat­ion mit Katzen möglich?

Pfleiderer: Mit Streicheln und Füttern, mit viel Liebe, nie aufdringli­ch sein, die Katze kommen lassen, ihr viel körperlich­e und Herzenswär­me geben. Und dann kann man eine Katze auf „Kätzisch“beruhigen, wenn man selbst schnurrt (Mircea Pfleiderer macht „brrrrrrrr“mit einem langgezoge­nen rollenden Zäpfchen-R). Man kann mit ihnen blinzeln und viele kleine, „kätzische“Manierisme­n übernehmen.

Auch mit ihr reden?

Pfleiderer: Reden ist ganz wichtig, ja. Viele Katzen ahmen die menschlich­en Geräusche nach.

Können Katzen dem Menschen in puncto Stress helfen?

Pfleiderer: Wir wissen inzwischen dank vieler Untersuchu­ngen, dass Katzenbesi­tzer oft gesünder sind, niedrigere­n Blutdruck und weniger Herzproble­me haben. Können auch die sogenannte­n Großkatzen schnurren?

Pfleiderer: Tiger, Leoparden und Geparden schnurren ebenfalls, aber weil sie größer sind, klingt es dann eher wie ein Traktor.

Sie haben mit Dr. Paul Leyhausen zusammenge­arbeitet, der wiederum mit Konrad Lorenz arbeitete. Können Sie uns Leyhausens Theorie des „ErsatzKätz­chens“erklären?

Pfleiderer: Wir sind für die Katze oder für den Kater eine Art Ersatzkind, aber auch Ersatzmütt­er und Ersatzspie­lkameraden. Wir sind für die Katze alles in einem. Wenn sie uns eine Maus bringt, dann will uns die Katze versorgen oder uns das Mäusefange­n beibringen.

Katzen spielen manchmal mit getöteter Beute weiter. Warum?

Pfleiderer: Das ist ein Mechanismu­s, um Spannung abzubauen. Für junge Katzen ist ein Mäuschen ein Mordsgegne­r, die sind wahnsinnig aufgeregt, und wenn sie sie dann getötet haben, dann gibt es das sogenannte Erleichter­ungsspiel, bei dem sie dann noch einmal so tun, als ob es ganz etwas Wildes wäre. Es hat auch etwas mit einem „Freudentan­z“zu tun – so hat es Leyhausen gesagt.

Wir haben Ferienzeit. Was tun, wenn man nach einer Reise eine beleidigte Katze vorfindet? Gähnen bedeutet ja auf „Kätzisch“Beschwicht­igung…? Pfleiderer: Gähnen hilft auf jeden Fall – ebenso Blinzeln, lieb mit ihr reden. Und wenn sie hartnäckig ist, dann links liegen lassen. Es hilft bei beleidigte­n Katzen hervorrage­nd, wenn man sagt: „Gut, wenn du mich nicht anschauen willst, dann schaue ich dich auch nicht an.“Man setzt sich hin und schaut weg. Irgendwann ist die Katze so neugierig – dann kommt sie und nimmt den Kontakt auf. Funktionie­rt auch wunderbar bei scheuen Katzen. Dr. Mircea Pfleiderer, 63, ist studierte Biologin und hat mehrere Bücher über das Thema Katzen veröf fentlicht.

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Foto: Alexander Kaya
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