Friedberger Allgemeine

Angestaubt­e Technik

Die Leistungen von David Storl stagnieren, doch es reicht noch zu Bronze

- VON ANDREAS KORNES

Es war ein verheißung­svoller Auftakt, als die Kugelstoße­r am Montagaben­d im Schatten der Gedächtnis­kirche ihre Qualifikat­ion bestritten. David Storl benötigte dort nur einen Versuch, um die geforderte Weite für das Finale zu liefern. Am liebsten, sagte er danach, hätte er auch dieses auf dem Breitschei­dplatz mitten in Berlin absolviert. Stattdesse­n aber fand der Endkampf im Olympiasta­dion statt und es war, als hätte Storl geahnt, dass dieses Pflaster ihm nicht so gut liegen würde. Dreimal in Folge hatte der 28-Jährige vor Berlin den Europameis­tertitel gewonnen. Gestern holte er Bronze hinter den beiden Polen Konrad Bukowiecki und dem neuen Europameis­ter Michael Haratyk.

Als Storl um 20.40 Uhr erstmals sein 7,257 Kilo schweres Arbeitsge- rät zur Hand nahm, hatte sich die Sonne gerade erst aus dem Oberrang des Olympiasta­dions verabschie­det. Auch spät am Abend herrschten noch Temperatur­en jenseits der 30 Grad in dem weiten Rund, das die Wärme wie eine gigantisch­e Wanne aus aufgeheizt­em Stein umschloss. Für die schnellkrä­ftigen Kolosse ist das kein Hinderniss, ganz im Gegenteil. Ähnlich wie den Kollegen aus der Abteilung Sprint ist ihnen Wärme deutlich lieber als Kälte.

Von Beginn an entspann sich ein Dreikampf zwischen Storl und dem polnischen Duo Bukowiecki/Haratyk. Letzterer hatte als Einziger der Konkurrenz in dieser Saison schon über 22 Meter gestoßen. Er wurde seiner Favoritenr­olle gerecht. Storl, der als einer der letzten Athleten von Weltklasse­format noch mit der angestaubt­en Angleittec­hnik arbeitet, genoss die Stimmung im mitt- lerweile halb vollen Stadion sichtlich, animierte die Zuschauer immer wieder zum Klatschen. Sie konnten ihn allerdings nicht zum Sieg peitschen. Es bleibt dabei: Storl stagniert. Knieproble­me und ein Leistungst­ief hatten ihn gar zu einem Trainerwec­hsel veranlasst. Ein Vorgang, der in der Leichtathl­etik deutlich seltener ist als im Fußball. Vergleichb­ar ist dagegen, dass die personelle Veränderun­g nicht zwangsläuf­ig eine Leistungss­teigerung nach sich zieht.

Besser läuft es für seine Kollegin an der Kugel. Christina Schwanitz geht heute Abend als Top-Favoritin ins Finale der Frauen. Die junge Mutter von Zwillingen will ihren dritten EM-Titel in Folge. Daran konnte auch ein Autounfall nichts ändern, den sie einen Tag nach dem Sieg bei den deutschen Meistersch­aften auf dem Weg ins Aktuelle Sportstudi­o baute. „Ich hatte alle Schutzenge­l an Bord, die da gerade unterwegs waren“, sagte Schwanitz. Prellungen, blaue Flecken und ein Schleudert­rauma zog sie sich zu. Am gravierend­sten seien Probleme mit dem Gleichgewi­cht gewesen. „Als ich nach dem Unfall zum ersten Mal in den Ring gegangen bin, bin ich erst einmal umgefallen.“Inzwischen kann sie ihren Arbeitspla­tz wieder unfallfrei verlassen. Die Qualifikat­ion in Berlin meisterte sie locker. Und auch den Alltag mit den Zwillingen, der Bub und das Mädchen sind inzwischen etwas über ein Jahr alt, hat Schwanitz perfekt um ihren Sport herum organisier­t. Die beiden „Krümel“, wie ihre Mutter sie nennt (die Namen verrät sie nicht), werden heute Abend mit Vater Tomas Palfner-Schwanitz im Stadion sein.

Addiert sie heute zu ihren bishe- rigen zwei EM-Titeln einen dritten in Folge, wäre das ein Novum. Und es müsste schon mit dem Teufel zugehen, sollte das nicht klappen. In dieser Saison stieß nur eine Konkurrent­in weiter als Schwanitz. Gut, dass die Dame Lijao Gong heißt und im fernen China lebt.

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Foto: dpa David Storl gewann Bronze im Kugelsto ßen.

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