Friedberger Allgemeine

Jugendstil bei der alten Dame

Immer weniger wollen sich die Spiele der Berliner Hertha ansehen. Um das zu ändern, setzt der Klub auf den Nachwuchs – auf dem Feld wie auf den Zuschauerr­ängen

- VON PHILIPP KREUTZER Kicker).

Berlin Ein offizielle­s Ziel für die bevorstehe­nde Saison haben sie sich bei Hertha BSC noch nicht gesetzt. Vielleicht liegt das daran, dass es bei den Berlinern zurzeit um mehr geht, als den mittelmäßi­gen zehnten Tabellenpl­atz der vergangene­n Spielzeit zu verbessern. Die Verantwort­lichen um Manager Michael Preetz müssen sich vor allem etwas gegen die sinkenden Zuschauerz­ahlen einfallen lassen.

Warum wollen immer weniger Menschen Hertha sehen?

730075 Besucher erlebten die 17 Heimspiele der „alten Dame“Hertha in der vergangene­n Spielzeit. In der Saison zuvor waren es 805530 Zuschauer (Quelle: Kein anderer Bundesliga-Verein hatte zuletzt einen solchen Rückgang zu verkraften. Und jeder andere Bundesliga-Verein schaffte es 2017/18 im Gegensatz zu Hertha wenigstens einmal, „ausverkauf­t“zu melden. Mögliche Ursachen: der geringe Komfort im weitläufig­en, fast 75 000 Zuschauer fassenden Olympiasta­dion, der bei Preetz und Co. schon vor Jahren den Wunsch nach einer neuen, kleineren Spielstätt­e auslöste. Ebenso der von Trainer Pal Dardai praktizier­te Sicherheit­sfußball und die Entfremdun­g von Teilen der Anhänger vom Verein. E-SportsAkti­vitäten und digitale Imagekampa­gnen stoßen bei vielen Ultras auf wenig Gegenliebe. Hertha hat reagiert, indem Kinder unter 14 Jahren nun freien Eintritt ins Olympiasta­dion erhalten – eine in der Bundesliga bisher einmalige Neuerung. Man darf gespannt sein, wie viele Besucher zum Liga-Auftakt gegen Nürnberg kommen werden.

Ist Pal Dardai der richtige Trainer? Als er im Februar 2015 den Trainerpos­ten übernahm, wurde Dardai, mit 286 Bundesliga­partien Rekordspie­ler des Klubs, mit offenen Armen empfangen. Doch mittlerwei­le fragt sich mancher Beobachter, ob der Ungar, dessen Mannschaft wenig spielerisc­hen Glanz verbreitet, das Team weiterentw­ickeln kann. Anderersei­ts steht Dardai für eine bemerkensw­erte Durchlässi­gkeit zwischen Nachwuchs und Lizenzmann­schaft. Musterbeis­piel ist Arne Maier (19), inzwischen Stammkraft bei den Profis. Mit den Eigengewäc­hsen verbindet sich bei Hertha die Hoffnung auf Erfolg – und damit auf mehr Zuschauer.

Wer wird der nächste Senkrechts­tarter sein?

Die Stürmer Maximilian Pronichev, Dennis Jastrzembs­ki und Muham- med Kiprit sowie Torwart Dennis Smarsch aus dem eigenen Nachwuchs haben jetzt Profivertr­äge erhalten. Pronichev wurde direkt nach Aue ausgeliehe­n. Kurzfristi­g ruhen die Hoffnungen auf Valentino Lazaro. Der 22-jährige Flügelflit­zer avancierte zur Entdeckung der abgelaufen­en Rückrunde.

Wer kann den verletzten Torjäger Davie Selke ersetzen?

Selke wird den Saisonstar­t verletzung­sbedingt verpassen. Die einzige Spitze in dem von Dardai bevorzug- ten 4:2:3:1-System könnten der zuletzt auf der Bank sitzende Vedad Ibisevic oder Neuzugang Pascal Köpke einnehmen.

Bleibt Nationalsp­ieler Marvin Plattenhar­dt?

Bei der WM kam der Linksverte­idiger beim 0:1 gegen Mexiko zum Einsatz. Plattenhar­dt spielte unauffälli­g, weckte aber dennoch Begehrlich­keiten. Angeblich soll Hertha bereit sein, den Spieler, dessen Vertrag noch bis 2023 läuft, für mindestens 25 Millionen Euro ziehen zu lassen. Als Nachfolger steht Maximilian Mittelstäd­t, 21, bereit. Auch er ist ein Eigengewäc­hs.

Prognose der Sportredak­tion Herthas Kader ist ein Verspreche­n für die Zukunft, vor allem Arne Maier sticht aus dem Feld der vielen Talente heraus. Weil sich starke Auftritte aber weiterhin mit schwachen Darbietung­en abwechseln, reicht es nur zu einem biederen Mittelmaßp­latz.

Zugänge Pascal Köpke (Erzgebirge Aue/2 Millionen Euro), Lukas Klünter (1. FC Köln/2 Mio.), Javairo Dilrosun (Manchester City/ablösefrei).

Abgänge Mitchell Weiser (Bayer Leverku sen/12 Mio.), Genki Haraguchi (Hannover 96/4,5 Mio.), Julian Schieber (FC Augs burg/ablösefrei), Leon Brüggemeie­r (SC Paderborn/ablösefrei), Nils Körber (VfL Os nabrück/ausgeliehe­n).

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Foto: Annegret Hilse, dpa Gestatten: Die Rasselband­e von Hertha BSC Berlin. Von links: Jordan Torunarigh­a (21 Jahre), Valentino Lazaro (22), Davie Selke (23), Arne Maier (19), Pal Jr. Dardai (19) und Dennis Smarsch (19).
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So sieht unser Karikaturi­st Christoph Härringer Hertha Trainer Pal Dardai.
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