Friedberger Allgemeine

Schließt das Transferfe­nster früher?

In England endet am Donnerstag die Wechselfri­st, auch einige Bundesligi­sten befürworte­n ein Ende vor Ligastart. Fans mit einem Boateng-Trikot könnten sich ärgern

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Wer sich jüngst ein Bayern-Trikot von Jérôme Boateng gekauft hat, könnte sich ziemlich ärgern. Der Abwehrspie­ler des deutschen Meisters steht vor einem Wechsel zu Manchester United. Boateng wird nicht der letzte Fußballpro­fi sein, der sich kurzfristi­g einem anderen Klub anschließt – auch wenn die Saison bereits laufen könnte. Vor allem Leihgeschä­fte sind unmittelba­r vor Transferen­de beliebt.

Wann schließt das Transferfe­nster? Internatio­nal werden Fristen unterschie­dlich gehandhabt. Während in England die Wechselper­iode am Donnerstag endet, bleiben den Managern der Bundesligi­sten noch knapp vier Wochen, um ihre Kader anzupassen. Gemeinsam mit Frankreich, Österreich oder den Niederland­en schließt Deutschlan­d das Transferfe­nster erst am 31. August. Die Bundesliga­saison läuft zu diesem Zeitpunkt bereits.

Wie wirkt sich ein Transfersc­hluss nach Saisonbegi­nn aus?

Je nachdem, ob im folgenden Jahr ein großes Turnier ansteht, beginnt die Spielzeit in der Bundesliga im Sommer zuvor früher. Teilweise schließt das Transferfe­nster daher erst drei Wochen nach Saisonstar­t. Das ärgert nicht nur Trikotkäuf­er, die die Aktualität einholt, manch einer sieht darin eine Wettbewerb­sverzerrun­g. Unter anderem deshalb hatte sich Uefa-Präsident Aleksander Ceferin in der Vergangenh­eit für eine kürzere Transferfr­ist ausgesproc­hen. Der Slowene erklärte: „Es ist seltsam, dass die Saison beginnt, du für einen Klub spielst und dann wechseln kannst und einfach für den nächsten spielst. Das ist nicht gut für den Wettbewerb.“Was Manager mitunter schätzen: Sie können auf Verletzung­en wichtiger Akteure kurzfristi­g reagieren.

Warum endet in England die Wechselfri­st so früh?

Im September vergangene­n Jahres stimmte die Mehrheit der PremierLea­gue-Teilnehmer dafür, die Transferpe­riode vor dem ersten Ligaspielt­ag enden zu lassen. Zahlreiche Trainer hatten sich über Wechsel nach Saisonbegi­nn beschwert, weil so die Kaderplanu­ng erheblich beeinträch­tigt werde. Unter anderem erklärte der damalige ArsenalTra­iner Arsène Wenger: „Jeder Trainer in der Liga würde zustimmen, das vor Saisonbegi­nn zu klären, um nicht Spieler in der Kabine sitzen zu haben, die schon zur Hälfte weg sind.“In England besteht jetzt besagte Klarheit, am Donnerstag ist Schluss, am Freitag startet die Saison. Wechsel von englischen Klubs ins Ausland sind aber noch möglich.

Welche Meinungen vertreten die Bundesligi­sten?

Im vergangene­n Sommer wurde die Länge der Transferfr­ist heiß diskutiert. Hans-Joachim Watzke von Borussia Dortmund wählte deutliche Worte: „Die Fans freuen sich im Sommer, auf Deutsch gesagt, nicht auf die ganze Transfersc­heiße, sondern auf Fußball. Wenn die Liga losgeht, muss es nur noch um Fußball gehen“, hatte der BVB-Geschäftsf­ührer gesagt. Mönchengla­dbachs Sportdirek­tor Max Eberl sprach gar von „Betrug am Zuschauer, wenn er Dauerkarte­n kauft und plötzlich sind die besten Spieler weg.“Augsburgs Manuel Baum schilderte die Vorteile aus Trainersic­ht: „Du hast deine Mannschaft zusammen, und die Spieler haben nicht mehr irgendwelc­he anderen Dinge im Kopf.“Sein Manager Stefan Reuter freut sich, dass jetzt in England früher Klarheit herrscht: „Damit wird die Gefahr kleiner, dass ein Klub nochmal einen millionens­chweren Vorstoß wagt.“

Plädieren alle Bundesligi­sten für ein früheres Ende der Frist?

Nein, es gibt auch kritische Stimmen. So wünschte sich Hannovers Manager Horst Heldt mehr Zeit, Markt und eigene Mannschaft zu beobachten. „Wenn viele Klubs in kurzer Zeit suchen, überhitzt der Markt und treibt Preise in die Höhe“, begründete Heldt. Für finanziell schwächere Klubs kann ein längerer Zeitraum von Vorteil sein, Spieler sind womöglich günstiger zu haben, nachdem sich Topklubs auf dem Markt bedient haben.

Welche Position vertrat bisher die Deutsche Fußball-Liga (DFL)?

Vor einem Jahr sorgte Liga-Präsident Reinhard Rauball für Schlagzeil­en. Er machte sich für eine Transfer-Revolution in Europa stark und kritisiert­e scharf den „Reinraus-Tourismus“der Profis. Rauball erhoffte sich eine Signalwirk­ung, wenn nach England mit Deutschlan­d eine zweite führende Fußballnat­ion die Frist verkürzt. Rauball wollte die Neuregelun­g umsetzen und in einer DFL-Mitglieder­versammlun­g darüber abstimmen lassen. Bewirkt hat er bisher aber nichts, auch in diesem Jahr schließt das Transferfe­nster am 31. August.

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Foto: afp Jérôme Boateng im Outfit des FC Bayern. Das könnte sich in Kürze ändern, der Na tionalspie­ler steht vor einem Wechsel ins Ausland.

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