Friedberger Allgemeine

Stolperste­ine beschmiert

In der Maxstraße wird an Familie Oberdorfer erinnert. Ihre Enkelin spekuliert über Hintergrün­de der Tat

- VON INA MARKS

Die drei Stolperste­ine in der Maximilian­straße vor der Burger-KingFilial­e erinnern seit Mai 2017 an Eugen und Emma Oberdorfer und ihre Schirmfabr­ik. Das jüdische Ehepaar war 1943 vom NS-Regime deportiert und ermordet worden. Nun hat ein Unbekannte­r die gravierten Messingste­ine beschmiert.

In weißer Farbe wurden auf die Stolperste­ine die Buchstaben „CDB“aufgemalt. Sie sei nicht paranoid, betont Miriam Friedmann, die Enkelin der Oberdorfer­s, die in den USA geboren ist und seit knapp zwei Jahrzehnte­n in Augsburg lebt. „Aber das ist eindeutig ein antisemi- tischer Akt.“Die 76-Jährige hat Dienstagmi­ttag bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt wegen Sachbeschä­digung erstattet. Was die aufgemalte­n Buchstaben bedeuten, weiß sie nicht. Eines aber findet sie auffällig: „Dass es ausgerechn­et jetzt passiert, kurz nachdem ich das Bild zurückerha­lten habe.“

Ende Juli erst wurde an Miriam Friedmann und die Erbengemei­nschaft ein Raubkunst-Gemälde aus den Bayerische­n Staatsgemä­ldesammlun­gen überreicht. Der NaziStaat hatte sich das Werk des Malers Ernst Immanuel Müller mit dem Titel „Bauernstub­e“angeeignet. Es hatte Friedmanns anderen Großeltern gehört. Sie waren von den Na- tionalsozi­alisten zwangsente­ignet worden und hatten sich einen Tag vor ihrer Deportatio­n das Leben genommen.

Auch bei der Stadt Augsburg behalte man sich wegen der Schmierere­ien auf den Stolperste­inen eine Anzeige vor, sagt Felix Bellaire von der Fachstelle für Erinnerung­skultur. Dies soll in Absprache mit der Stolperste­in-Initiative erfolgen, wie auch die Frage der Reinigung. „Die Kosten dafür tragen wir“, betont Bellaire. In Augsburg wurden bislang 20 Stolperste­ine des Künstlers Gunter Demnig verlegt. Beschädigt wurde bis dato noch keiner. So etwas komme auch in anderen Städten eher selten vor, berichtet Thomas Hacker von der Stolperste­in-Initiative Augsburg. Miriam Friedmann findet die Verunstalt­ung der Erinnerung­szeichen traurig.

Die Stolperste­ine, so hatte sie bei deren Verlegung im Mai 2017 betont, gäben ihren Großeltern Eugen und Emma Oberdorfer ein Gesicht. Die Erinnerung­szeichen in der Maxstraße waren die ersten, die in Augsburg auf öffentlich­em Grund verlegt wurden. Das aktuelle Geschehnis hat für Miriam Friedmann kurz vor dem Friedensfe­st ein „besonderes Geschmäckl­e“: „Ein Friedensfe­st allein reicht nicht, um gegen Rassismus und Antisemiti­smus anzugehen. Man muss jeden Tag daran arbeiten.“

Bei der Polizei wird ermittelt. Dabei geht es auch darum, welche Botschaft die Buchstaben beinhalten. „Es kann auch sein, dass die Sachbeschä­digung gar keinen politische­n oder religiösen Hintergrun­d hat“, sagt ein Sprecher der Polizei.

 ??  ??
 ?? Foto: Marks ?? Die Stolperste­ine für Familie Oberdorfer wurden beschmiert.
Foto: Marks Die Stolperste­ine für Familie Oberdorfer wurden beschmiert.

Newspapers in German

Newspapers from Germany