Friedberger Allgemeine

Sie hat sich mit 13 Jahren taufen lassen

Glaube Für eine Taufe gibt es viele Gründe, einige Eltern empfinden die Zeremonie als Magie. Immer wieder entscheide­n sich Menschen bewusst für diesen Schritt – so wie Ophelia aus der Firnhabera­u. Was sie bewogen hat

- VON MIRIAM ZISSLER

Es war keine Spontanakt­ion. Diesen Schritt hat sich Ophelia lange überlegt. Im Frühjahr hat sich die damals 13-Jährige in der Evangelisc­h-lutherisch­en Kirchengem­einde St. Lukas in der Firnhabera­u taufen lassen. Es war ihre eigene Entscheidu­ng, ihre Eltern hat es gefreut. „Wir haben unsere Kinder christlich erzogen, da wir beide getauft sind. Aber wir wollten ihnen die Entscheidu­ng selber überlassen, ob sie sich ebenfalls taufen lassen wollen“, erklärt die Mutter.

Ophelia wollte – es war ein Entschluss, den sie über Jahre hinweg gefasst hat. Als sie in der Firnhabera­u in die erste Klasse ging, wurde sie automatisc­h in den Ethikunter­richt eingeteilt. Dort gefiel es dem Mädchen aber überhaupt nicht. Schon bald strebte Ophelia eine Versetzung in den evangelisc­hen Religionsu­nterricht an. „Dort hat uns die Lehrerin Geschichte­n aus der Bibel erzählt und wir haben darüber gesprochen.“

Ophelias Versetzung von Ethik in den Religionsu­nterricht musste ihre Mutter damals beantragen. Ihre Tochter blieb im evangelisc­hen Religionsu­nterricht – bis heute. Mittlerwei­le besucht sie die 7. Klasse des Stetten-Instituts. Durch den Unterricht habe sie in all den Jahren eine Verbindung zu Gott aufgebaut, sagt die 14-Jährige. In der Grundschul­e wurde sie von Pfarrerin Sabine Troitzsch-Borchardt unterricht­et, von der sie nun auch getauft wurde. „Das Vertrauens­verhältnis war hier einfach da“, sagt sie. Im Juni begann der Konfirmand­enunterric­ht, den die junge Augsburger­in gerne mit ihren Freundinne­n besuchen wollte. Doch vor der Konfirmati­on muss man getauft sein. „In den Sommerferi­en fahre ich jetzt nach Italien ins Confi-Camp. Dort hätte ich mich auch taufen lassen können“, erzählt sie. Doch das wollte sie aber nicht. Sie wollte eine Feier im Kreis der Familie, die sie zusammen geplant haben.

Zuerst ging es zum Taufgesprä­ch – gemeinsam mit ihrer Großmutter suchte sie ihren Taufspruch aus. „Du tust mir kund den Weg zum Leben: Vor dir ist Freude die Fülle und Wonne zu deiner Rechten ewiglich.“(Psalm 16,11).

Der Tag bleibt ihr in besonderer Erinnerung. Denn sie hatte sich nicht nur mit Bedacht einen Taufspruch ausgesucht, sondern auch ihr Kleid selbst gewählt und überlegt, was sie am Tag der Taufe unternehme­n will. „Es war schönes Wetter an dem Tag. Gemeinsam mit meinen Verwandten gab es dann Kaffee und Kuchen bei uns im Garten. Später sind wir zu Bob’s in die Hammerschm­iede und haben dort gebowlt und Pizza gegessen“, freut sie sich. Sie habe den Tag genossen, einmal so im Mittelpunk­t zu stehen. „Die Taufe war ein Bekenntnis zu Gott. Jetzt fühle ich mich als vollwertig­es Mitglied in der Gemeinde“, beschreibt sie ihr Gefühl.

Dass sich ältere Augsburger taufen lassen, kommt nicht häufig vor. So wurden im vergangene­n Jahr 744 Personen im Stadtgebie­t katholisch getauft, teilt das Bistum mit. 611 Täuflinge waren im Alter bis zu einem Jahr, 87 zwischen zwei und sechs Jahren, 40 zwischen sieben und 14 Jahren und sechs waren älter als 14 Jahre.

Im Evangelisc­h-lutherisch­en Dekanatsbe­zirk Augsburg, zu dem auch große Teile der Landkreise Augsburg und Aichach-Friedberg gehören, wurden im vergangene­n Jahr 842 Taufen gezählt. 499 Kinder wurden im ersten Lebensjahr getauft, 139 waren ein Jahr alt, 41 zwei Jahre, 18 waren drei Jahre alt. Im Alter zwischen vier und zehn Jahren wurden 61 Kinder getauft, 40 zwischen elf und 14 Jahren. 44 Täuflinge waren älter als 14.

Für Pfarrerin Sabine TroitzschB­orchardt ist jede Taufe anders, weil es für die Eltern und auch jeden Täufling etwas anderes ist. „Bei den Eltern pendelt es zwischen Magie und einem Vorgang, den man halt ,einfach so‘ macht, weil man es eben macht“, erzählt sie. Sie habe festgestel­lt, dass es nicht mehr nur Kleinkinde­r sind, die getauft werden, sondern dass Kinder in jedem Alter zur Taufe kommen. „Ältere Kinder binde ich dann in die Taufe mit ein, zeige ihnen das Taufbecken, erkläre ihnen was passiert.“Die bedingungs­lose Annahme Gottes werde damit zelebriert.

Als Sabine Troitzsch-Borchardt begann, als Pfarrerin tätig zu sein, traf sie vermehrt Eltern, die ihre Kinder erst einmal nicht taufen lassen wollten. „Das war damals modern. Sie wollten ihren Kindern die Entscheidu­ng überlassen, sich später einmal taufen zu lassen.“Die Zeiten hätten sich geändert, ist der Pfarrerin aufgefalle­n. „Inzwischen lassen die Eltern ihre Kinder wieder häufiger taufen. Sie sagen, dass sie lernen sollen, wie es ist, getauft zu sein und in einer christlich­en Gemeinde aufzuwachs­en.“Dann könnten die Kinder später immer noch entscheide­n, ob sie so weiterlebe­n wollen oder nicht.

Wer sich als Erwachsene­r taufen lasse, habe oft einen triftigen Grund, hat die Pfarrerin festgestel­lt. „Manche sind ohne christlich­e Sozialisat­ion aufgewachs­en und sind erst hier damit in Berührung gekommen, haben sich damit auseinande­rgesetzt und den Wunsch verspürt, sich taufen zu lassen.“Andere hätten einen Schicksals­schlag erlebt, der sie zu diesem Entschluss geführt habe. Wiederum andere müssten das Dokument dem Arbeitgebe­r vorlegen. „Das ist aber auch oft ein Grund, gar nicht erst solch eine Stelle anzunehmen. Schließlic­h muss man das ja auch leben“, sagt die Pfarrerin.

 ?? Foto: Klaus Rainer Krieger ?? Über Jahre hinweg hat Ophelia darüber nachgedach­t, ob sie sich taufen lassen möchte. Jetzt hat sie sich für diesen Schritt entschiede­n. Durch den evangelisc­hen Religions  unterricht in der Schule habe sie eine Verbindung zu Gott aufgebaut.
Foto: Klaus Rainer Krieger Über Jahre hinweg hat Ophelia darüber nachgedach­t, ob sie sich taufen lassen möchte. Jetzt hat sie sich für diesen Schritt entschiede­n. Durch den evangelisc­hen Religions unterricht in der Schule habe sie eine Verbindung zu Gott aufgebaut.

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