Friedberger Allgemeine

Ein cooles Plätzchen

Hitze Bei Temperatur­en über 30 Grad rinnt der Schweiß. Aber es gibt im Wittelsbac­her Land auch Orte, an denen man Abkühlung findet – manchmal sogar kostenlos

- VON PETER STÖBICH

Aichach Friedberg. Die Rekordtemp­eraturen bringen nicht nur Straßenbau­arbeiter oder Mülltonnen­leerer gehörig ins Schwitzen; bei fast 35 Grad sucht jeder nach einem schattigen Plätzchen. Wir haben uns umgesehen, wo man im Wittelsbac­her Land noch Schutz vor der Sommerhitz­e findet.

● Feinkost Schadl in Friedberg Wenn die Kunden von draußen ins Geschäft kommen, empfinden sie die Ladentempe­ratur von unter 20 Grad sehr angenehm. „Wegen der empfindlic­hen Lebensmitt­el läuft bei uns den ganzen Tag die Klimaanlag­e“, sagt Gabriele Schadl, „das kostet während der momentanen Hitzewelle natürlich eine Menge Energie.“Wenn sie um 8.30 Uhr ihr Gemüse und Obst vors Geschäft am Marienplat­z stellt, muss sie die Stände schon wenige Stunden später wieder abräumen: „Sonst verdirbt bei diesem Wetter die Ware!“Leider könne man in Friedberg keine lange Mittagspau­se wie in südlichen Ländern einlegen. „Wenn unsere Kunden einige Minuten im Geschäft sind, sagen sie ,Hier bleibe ich gern‘, denn auf dem aufgeheizt­en Marienplat­z läuft man wie gegen eine Wand.“

● Lagerkelle­r des Landhausbr­äu Kol ler Gut hat es in diesen Tagen Braumeiste­r Ludwig Koller, der in Hergertswi­esen hauseigene­s Helles, Dunkles und Weißbier sowie jahreszeit­lich wechselnde­s Saisonbier produziert. Wenn er in seinem Lagerkelle­r Fässer abfüllt oder Tanks umpumpt, tut er das bei einer Temperatur von drei Grad. „Zur Kontrolle und Qualitätss­icherung muss ich täglich in den Keller“, erzählt Koller; dort stehen 18 Tanks mit je zehn Hektoliter­n. Überall im Haus summt und surrt es, denn 24 Stunden am Tag sind 18 Aggregate in Betrieb, die unter anderem auch von zwei Photovolta­ikanlagen gespeist werden. Die sind momentan ebenso im Dauerbetri­eb wie der idyllisch gelegene Biergarten in Hergertswi­esen mit seinen 300 Plätzen.

● Kühlraum der Metzgerei Reich Leider nicht für die Öffentlich­keit zugänglich ist der Kühlraum der Meringer Metzerei Reich, sonst gäbe es dort bei angenehmen drei Grad sicher ein Riesengedr­änge. „Hier wird unser komplettes Sortiment an Koch-, Brüh- und Rohwürsten gelagert“, sagt Metzgermei­ster und Fleischsom­melier Alexander Reich. Die Kühlung läuft nicht nur im Sommer, sondern an 365 Tagen im Jahr, im Winter arbei- ten die Beschäftig­ten dort mit Thermowäsc­he. Ungefähr 47 Grad heißer ist es in der Kochkammer des Betriebs. „Wenn man dort gearbeitet hat und verschwitz­t ist, sind ei- nem danach ein paar Minuten in der Kühlkammer sehr willkommen“, stellt Reich fest.

● Naturweihe­r beim Sportbund He lios Inmitten des 76 000 Quadratme- ter großen Vereinsgel­ändes des Kissinger Sportbunde­s Helios liegt der Naturweihe­r, in den man bei den aktuellen Temperatur­en am liebsten nackt springen möchte. Genau das tun Vorstandsm­itglied Peter Widmann und seine Frau Annette samt ihren Vereinskol­legen, die Anhänger der Freikörper­kultur sind. „Vergangene­s Wochenende ging es am grundwasse­rgespeiste­n Badeteich fast so zu wie am Strand von Rimini“, sagt Widmann. Zum Tagespreis von fünf Euro kann jedermann und jede Frau das kühle Nass und die Sporteinri­chtungen des Vereins genießen; anmelden müssen sich Gäste an der Lechauenst­raße 24 über die am Tor 2 angegebene Handynumme­r. Kommenden Samstag und Sonntag wird auf dem Kissinger Vereinsgel­ände das Petanque-Schwabentu­rnier um den Zirbelnuss-Wanderpoka­l ausgetrage­n, am Samstag um 19 Uhr gibt es eine Theaterauf­führung der HeliosMitg­lieder.

● Meringer Pfarrkirch­e Sankt Micha el Gotteshäus­er gelten seit jeher als Zufluchtso­rt; warum also nicht vor der drückenden Hitze ins kühle Kirchensch­iff flüchten, dessen dicke Mauern prima vor der sengenden Sonne schützen? Ein kurzer Aufenthalt bietet noch viele weitere Vorteile: Man hat Ruhe vor der lärmenden Außenwelt und wird nicht wie in einem Café oder Supermarkt dauerberie­selt. Oder man blättert im 50 Seiten starken Kirchenfüh­rer und bestaunt die Ausstattun­g der mit Millionena­ufwand renovierte­n Kirche. Man könnte aber auch einfach gar nichts tun und so vielleicht zu seiner inneren Mitte finden oder stille Zwiesprach­e mit Gott halten. Auch wenn man nicht gläubig oder spirituell ist: Auf jeden Fall ist es in der Meringer Pfarrkirch­e herrlich kühl.

● Gärtnerei Ullmann in Mering Bei über 40 Grad im Gewächshau­s sind Inhaberin Helga Wurm und ihre Kollegin Diana Micko-Traub froh, wenn sie wieder zurück in ihre vergleichs­weise kühlen Verkaufsrä­ume gehen können. Dort stehen ein Ventilator und die Türen offen, denn eine eigene Kühlanlage für die Pflanzen gibt es nicht. „Durchzug und jede Menge Wasser für uns und die Blumen“, lautet Wurms Rezept gegen die tropischen Temperatur­en. Zwei Liegestühl­e lassen ahnen, wie herrlich es jetzt am Gardasee wäre, mit den Füssen im Wasser und einem coolen Drink in der Hand. Wirklich kühl ist es bei fünf Grad nur in den Lastwagen, die täglich frische Ware bringen. So angenehm hätten es gern auch die Mitarbeite­r der Gärtnerei, die in Mering und Kissing Tag für Tag rund hundert Grabstelle­n pflegen und bewässern müssen.

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Fotos: Peter Stöbich Schön kühl haben es in Mering Daniel Schütz und Metzgermei­ster Alexander Reich (von links).
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Zwischen den Tanks in seinem Lagerkelle­r kann es Braumeiste­r Ludwig Koller gut aushalten.
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In den Kissinger Naturweihe­r hüpfen Peter und Annette Wid mann am liebsten ohne Textilien.
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Vom Badestrand träumen Helga Wurm und Diana Micko Traub in der Meringer Gärtnerei.
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Froh über ihre Klimaanlag­e sind in Friedberg Monika Heine und Gabriele Schadl (von links).

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