Von deftiger Hausmannskost zum Marathon
Laufen Die gebürtige Unterwittelsbacherin Sandra Koller bringt vor elf Monaten noch 110 Kilogramm auf die Waage. Dann ändert sie ihr Leben radikal und erfüllt sich einen Lebenstraum. So beschwerlich war ihr Weg
Aichach/Altomünster Einmal am Stück 42 195 Meter laufend zurückzulegen, das war ein Lebenstraum der 25-jährigen Fotografin Sandra Koller, einer gebürtigen Unterwittelsbacherin, die mittlerweile in Altomünster wohnt und dort ein Fotogeschäft betreibt. Und diesen Traum hat sie sich erfüllt. Zusammen mit ihrem Freund Thomas Demmelmaier reiste sie ins Allgäu, um am Füssener KönigsschlösserRomantiklauf teilzunehmen. Ihr erklärtes Ziel war, unter vier Stunden zu laufen, und mit 3:57 Stunden hat sie es geschafft.
Sitzt man der jungen Frau aus Altomünster in ihrem Foto-Atelier gegenüber, verraten es ihre festen Waden in ihren Leggins schon, da steckt geballte Kraft dahinter. Und dann beginnt sie zu erzählen, von einer schier unglaublichen Geschichte. Im Mai 2015 brachte Koller stattliche 110 Kilogramm bei einer Körpergröße von 1,65 Metern auf die Waage. Sie blickte in den Spiegel und betrachtete Fotos von sich. Und da legte sie in ihrem Kopf einen Schalter um – „so kann es nicht mehr weitergehen“. Mit einem eisernen Willen hat sie ihre Ernährung umgestellt. Bisher stand deftige Hausmannskost auf dem Tisch. Von heute auf morgen standen viel Gemüse und eiweißhaltige Produkte auf dem Speiseplan. Und Koller hat auch mit leichtem Kraftsport angefangen.
Eines Tages zog sie zum ersten Mal Laufschuhe an und begann die ersten Meter zu laufen, von Laterne zu Laterne war das erklärte Ziel. Und plötzlich merkte sie, es geht auch weiter. Parallel dazu purzelte das Gewicht auf der Waage unaufhörlich nach unten. Die komplette Garderobe musste ausgetauscht werden. Die junge Frau bekam ein ganz neues Lebensgefühl. Und der Kilometerumfang im Laufen stieg ständig an.
Elf Monate später, im April 2016, hatte sie das Traumgewicht von 63 Kilo erreicht. Bereits im Oktober 2016 war Koller so fit geworden, dass sie sich für einen 21-KilometerLauf in München angemeldet hatte. Sie konnte dabei die stolze Zeit von 1:53 Stunden vorweisen. Und damit nicht genug. Voriges Jahr nahm sie an einem Halbmarathon in Köln teil, wo ihr jemand von einem Karwendelmarsch über 52 Kilometer erzählte. Hierbei geht es von Scharnitz zum Achensee über 2200 Höhenmeter. Dieser findet am 25. August, statt. Koller hat hierfür einen Startplatz bekommen. Den will sie natürlich laufend zurücklegen und hat sich was Tolles ausgedacht. Für jeden zurückgelegten Kilometer will sie zehn Euro an die Selbsthilfegruppe Altomünster spenden, ins- gesamt satte 520 Euro. Bei ihrem ersten Marathon jedenfalls ist es ihr recht gut gegangen, obwohl zwei Tage später die Oberschenkel noch leicht zogen, wie sie erklärt.
Dabei hatte die 25-Jährige richtig Glück mit dem Wetter. Am Morgen herrschten in Füssen Temperaturen von 16 Grad und dazu gab es von oben leichten Nieselregen. Ideales Marathonwetter. 485 Teilnehmer gingen vor der malerischen Kulisse der Königsschlösser an den Start und Koller hatte sich das Rennen klug eingeteilt. Keine Getränkestation hat sie ausgelassen, lediglich einmal reichte ihr ein kleiner Junge einen leeren Wasserbecher. Es ging über Teerstraßen und ausgebaute Feldwege mit insgesamt 139 Höhenmetern. Nach der Hälfte der Strecke zeigte ihre Uhr knapp unter zwei Stunden, sie lag also gut im Soll. Im zweiten Abschnitt blieb der gefürchtete „Mann mit dem Hammer“, also der Einbruch so um die dreißig Kilometer, aus. Und nach exakt 3:57,16 Stunden lief die junge Frau in Füssen überglücklich über die Ziellinie. In ihrer Altersklasse war es der siebte Platz.