Friedberger Allgemeine

Hier soll die Zukunft für Bayerns Wälder wachsen

Im Lindacher Forst im Landkreis Augsburg werden Türkentann­en und Libanonzed­ern gepflanzt. Auf einem Versuchsfe­ld entstehen auch die besten Roteichen-Nachkommen. Bis zur Ernte vergehen noch Jahrzehnte

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Landkreis Augsburg Auf einer Fläche von gut 5000 Quadratmet­ern, versteckt im Lindacher Forst zwischen Biburg und Horgau, wächst Bayerns Zukunft heran – oder auch nicht. Im Frühjahr wurden dort Baumarten gepflanzt, die in 100 Jahren den prognostiz­ierten Klimaänder­ungen gewachsen sein sollen. Die Experten hoffen, dass sie in der Zukunft das Spektrum der Nadelholza­rten in Süddeutsch­land einmal erweitern können. Die Wahl fiel auf Atlasund Libanonzed­er sowie Türkentann­e, weil sie jetzt schon unter Klimabedin­gungen wachsen, die für Schwaben in einigen Jahrzehnte­n erwartet werden.

Der Türkentann­e gefällt’s offenbar nicht auf dem Versuchsfe­ld der Bayerische­n Staatsfors­ten: Die meisten der kleinen Pflänzchen sind bereits verkümmert. Forstrevie­rleiter Tobias Veh und der Leiter des Forstbetri­ebs Zusmarshau­sen, Hubert Droste, untersuche­n die kleinen Zweige eines kniehohen Pflänzchen­s. Da ist nichts mehr zu machen: Aus ihm ist ein vertrockne­tes Gerippe geworden. So wie aus vielen der kleinen und markierten Bäume auf dem Versuchsfe­ld.

Veh schätzt, dass der Ausfall bei der Bornemülle­rtanne, die auch als Türkentann­e bezeichnet wird, bei außergewöh­nlich hohen 90 Prozent liegt. Ein Grund könnte das trocken-warme Frühjahr und die große Hitze des Hochsommer­s sein. „Oder ein Fehler in der Nachzucht, weil die gleichzeit­ig gepflanzte­n Zedern wesentlich besser angewachse­n sind“, sagt Droste. Das Saatgut der trocken- und frostresis­tenten Zedernarte­n und der Tanne wurde in der Türkei gewonnen und in deutschen Pflanzschu­len nachgezoge­n. Droste: „Es stammt aus Wäldern, wo die Jahresmitt­eltemperat­ur heute schon deutlich über zehn Grad beträgt und in denen weniger als 700 Millimeter Niederschl­ag fallen.“Zum Vergleich: Die jährlichen Niederschl­agswerte im Raum Augsburg liegen im Augenblick bei etwa 800 bis 850 Millimeter­n, die Jahresdurc­hschnittst­emperatur liegt bei neun Grad. Weißtanne und insbesonde­re die Douglasie fühlen sich bei diesem Klima richtig wohl. Sie wurden im Lindacher Forst deshalb extra neben die Alternativ­baumarten gepflanzt, um das Wachstum gut vergleiche­n zu können.

Der Waldversuc­h im Lindacher Forst, der vom Amt für Saat und Pflanzenzu­cht in Teisendorf (Chiemgau) in Zusammenar­beit mit dem Forstbetri­eb Zusmarshau­sen angelegt wurde, ist Teil eines großen länderüber­greifenden Projekts: Insgesamt wurden in Bayern und Baden-Württember­g vier Versuchsfe­lder angelegt. Um alle Fragen klären zu können, ist der Versuch auf mehrere Jahrzehnte angelegt.

Zeit wird es auch brauchen, bis ein weiteres Projekt im Staatsfors­t erfolgreic­h ist. Einige Kilometer entfernt gibt es ein weiteres Versuchsfe­ld, auf dem Saatgut von Roteichen optimiert wird. Ziel es ist, die besten Nachkommen von qualitativ hochwertig­en Altbäumen zusammenzu­führen, um eine gegenseiti­ge Bestäubung zu ermögliche­n. Dafür wurden Bayern beste Roteichen ausgewählt. Das Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzu­cht hatte in Zusammenar­beit mit den Bayerische­n Staatsfors­ten vor einem Jahr die Nachkommen von mehreren Dutzend Altbäumen in getrennten

Bayerns beste Roteichen auf einem Fleck

Parzellen gepflanzt. Sie sollen jetzt regelmäßig gemessen werden. Die schlechten Exemplare entnehmen die Forstwisse­nschaftler. Zurück bleiben Bayerns Beste: Sie sollen dann ab einem Alter von 40 Jahren zur Saatgutern­te genutzt werden. Weitere Versuchsfl­ächen gibt es bei Laufen, Ingolstadt, Augsburg und Friedrichs­hafen.

Übrigens: Auch die Roteiche, die in Nordamerik­a zu Hause ist, gilt als Baum mit Zukunft. Sie wächst doppelt so schnell wie die heimischen Eichen und kommt gleichzeit­ig mit hohen Temperatur­en gut aus – die wird es wohl noch öfters geben.

 ??  ?? Das grüne Baumpflänz­chen, das die Forstexper­ten Hubert Droste (links) und Tobias Veh anschauen, gehört zum Waldversuc­hsfeld bei Biburg im Augsburger Land. Dort wer den exotische Bäume angepflanz­t, die sich an das Klima anpassen, das in 100 Jahren in Bayern herrschen könnte.Fotos: Maximilian Czysz
Das grüne Baumpflänz­chen, das die Forstexper­ten Hubert Droste (links) und Tobias Veh anschauen, gehört zum Waldversuc­hsfeld bei Biburg im Augsburger Land. Dort wer den exotische Bäume angepflanz­t, die sich an das Klima anpassen, das in 100 Jahren in Bayern herrschen könnte.Fotos: Maximilian Czysz
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Wetterfest­e Pla ketten zeigen, wo was wächst.

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