Friedberger Allgemeine

Treffpunkt Ladentheke

Geschäfte sind ein Segen für kleine Orte. Dort können nicht nur die Anwohner bequem einkaufen, sondern sie erfüllen auch eine soziale Aufgabe. Die Umsetzung ist von Fall zu Fall verschiede­n

- VON DANIEL WEBER

Lebensmitt­elmärkte dienen nicht nur dem Einkauf, sondern haben auch eine soziale Funktion. Bürger und Kommunen nehmen es darum selbst in die Hand.

Friedberg In der Stadt Friedberg ist das Einkaufen von Lebensmitt­eln ein Kinderspie­l. Die Kunden haben die Wahl zwischen vielen Läden, können sich für den kürzesten Weg entscheide­n oder für ihre Lieblingsa­rtikel etwas weiter fahren. Ein Luxus, der nicht selbstvers­tändlich ist: Wer in einem kleineren Ort ohne eigenen Lebensmitt­elmarkt wohnt, muss für den Einkauf teilweise weite Strecken zurücklege­n – auch im Wittelsbac­her Land. Gerade für ältere Menschen, die nicht mehr so mobil sind, kann das zum Problem werden.

Die Gemeinde Ried war ein solcher Fall. Wer dort wohnte, musste sich in Friedberg oder Mering mit Lebensmitt­eln versorgen, vor Ort gab es nur einen Metzger und einen Bäcker. Seit dem 8. August hat sich das geändert: Ried hat nun einen eigenen Edeka. Das bedeutet kurze Wege für die Rieder und zieht auch Kunden aus den Nachbarort­en an (wir berichtete­n).

Der Laden erspart den Käufern

nicht nur Autofahrte­n nach Mering oder Friedberg. Dort treffen sie auch Leute aus dem Ort. „Dadurch dauert der Einkauf zwar etwas länger, macht aber auch mehr Spaß“, scherzt Bürgermeis­ter Erwin Gerstlache­r. „Der Edeka hat zusammen mit dem neuen Dorfplatz sehr dabei geholfen, in Ried eine Ortsmitte zu schaffen, wo die Leute zusammenko­mmen.“Der Supermarkt hatte keine Startschwi­erigkeiten – die Nachfrage sei von Anfang an groß gewesen, sagt Gerstlache­r.

Helga Hecher, die in Ried wohnt und von dem neuen Supermarkt begeistert ist, bestätigt das: „Immer wenn ich da bin, herrscht reger Betrieb.“Sie freut sich, dass sie nun nicht mehr mit dem Auto zum Einkaufen fahren muss. Im Edeka finde sie alles für den täglichen Gebrauch. „Vor allem das frische Obst und Gemüse ist dort sehr gut, ich kaufe gerne hier ein und muss nicht mehr zu anderen Läden fahren.“

Gerstlache­r freut besonders, dass das Gebäude nach wie vor im Besitz der Gemeinde ist, Edeka hat einen Mietvertra­g für 16 Jahre unter-

So bleibe die Ortsmitte in öffentlich­er Hand. Den neuen Supermarkt in Ried halten Politiker und Bürger gleicherma­ßen für einen Gewinn. Ähnliches ist auch in Merching geplant, nur soll hier keine Kette ihre Türen öffnen, sondern ein Dorfladen alles bieten, was die Merchinger brauchen. „Gegen Ende September werden wir auf einer Informatio­nsveransta­ltung den Bürgern den aktuellen Stand der Dinge erklären und sie nach Meinungen und Ideen fragen“, berichtet Bürgermeis­ter Martin Walch.

In Merching gebe es zwar einen Getränkema­rkt, Bäckerei, Metzgerei und im Ortsteil Steinach zwei Hofläden. Das Sortiment sei aber insgesamt überschaub­ar, für viele Dinge müssten die Merchinger nach Mering ausweichen. Außerdem baut Walch darauf, dass ein zentral gelegener Laden ein Begegnungs­zentrum für die Einwohner wird. Ein Problem muss dafür allerdings noch gelöst werden: „Wir suchen noch die passenden Räumlichke­iten. Hier sollen die Bürger auf jeden Fall mitentsche­iden“, betont Walch.

Dass Standorte in kleineren Orten auch für die Läden selbst attraktiv sein können, zeigt sich am Beispiel Stätzling. Wo vor etwa 15 Jahren ein Tengelmann als erster Supermarkt in der Umgebung eröffnete, kaufen seitdem auch Kunden aus den umliegende­n Friedberge­r Ortsteilen Haberskirc­h, Derching und Wulfertsha­usen ein, die selbst kein solches Angebot vor der Haustüre haben.

Der Tengelmann wurde 2017 von Edeka übernommen, das neue Unternehme­n sieht in Stätzling offenbar einen Standort mit Perspektiv­e. „Edeka will flächenmäß­ig ausbauen“, verrät der Stätzlinge­r Stadtrat Peter Gürtler. Momentan seien dafür verschiede­ne Möglichkei­ten im Gespräch: Entweder der Textilhänd­ler Jennissen, der damals Tengelmann einen Teil seines Geländes überlassen hatte, gibt auch die restliche Fläche frei, oder Edeka zieht um an einen der Ortseingän­ge von Stätzling.

In Rinnenthal herrscht eine andere Einkaufsku­ltur: Hier gibt es eine Vielzahl an Direktverm­arktern, eischriebe­n.

nen Hofladen und eine Metzgerei. Matthias Stegmeir, Ortsvorsit­zender der CSU Rinnenthal und einer der Motoren der Dorfentwic­klung, zählt eine ganze Reihe von kleinen Häuschen auf, an denen rund um die Uhr frische Waren wie Eier, Kartoffeln und Wurst bezogen werden können. „In den nächsten Tagen kommt außerdem eine Frischmilc­hstation dazu, wir warten nur noch auf den Bescheid vom Gesundheit­samt.“Wegen des bereits sehr vielfältig­en Angebots sei in Rinnenthal ein größerer Markt nicht nötig, alles sei schon jetzt zu Fuß oder mit dem Fahrrad leicht erreichbar.

In Paar und Harthausen engagierte­n sich die Stadträte bis vor Kurzem für einen Dorfladen. Die Einwohner zeigten sich aber skeptisch. Sie bezweifelt­en, dass ein solcher Laden sich tragen würde, und fürchteten Konkurrenz für bereits bestehende Angebote. Auch der Standort war noch unklar. „Wegen des geringen Interesses haben wir das Projekt erst einmal auf Eis gelegt“, berichtet Stadtrat Hubert Nießner (ÖDP).

 ?? Archivfoto: Gönül Frey ?? Das Geschäft um die Ecke stellt ein Stück Lebensqual­ität dar. Inzwischen nehmen es Kommunen und Bürger selbst in die Hand, die Nahversorg­ung zu sichern. So wie in Ried, wo kürzlich der neue Edeka Markt eingeweiht wurde.
Archivfoto: Gönül Frey Das Geschäft um die Ecke stellt ein Stück Lebensqual­ität dar. Inzwischen nehmen es Kommunen und Bürger selbst in die Hand, die Nahversorg­ung zu sichern. So wie in Ried, wo kürzlich der neue Edeka Markt eingeweiht wurde.

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