Friedberger Allgemeine

So lernen Flüchtling­e in Mering Deutsch

Seit 2012 organisier­en Ingo und Ursula Reiser in der AWO Mering Sprachkurs­e. Die Syrerin Asmaa Dadesch hat es mit viel Fleiß zu beachtlich­em Erfolg gebracht

- VON HEIKE SCHERER

Mering Stolz zeigt Asmaa Dadesch aus Mering ihr B1-Zertifikat. Nur ein Punkt fehlt ihr zur maximalen Höchstpunk­tzahl. Es gilt als eines der wichtigste­n Sprachzert­ifikate, das auch als Nachweis von Deutschken­ntnissen am Arbeitspla­tz anerkannt wird. Und auch im Gespräch zeigt die junge Syrerin, dass sie die deutsche Sprache nach gerade zwei Jahren im Land sehr gut beherrscht.

Schon im September möchte Asmaa Dadesch den nächsten Kurs mit der Qualifikat­ion B2 in Augsburg beginnen. Bisher lernte sie in Mering: erst in der AWO und dann bei der Volkshochs­chule. Ihr Wunsch ist es, in Deutschlan­d im Schulberei­ch, zum Beispiel im Hort oder bei der Hausaufgab­enbetreuun­g, arbeiten zu können. In ihrer Heimat Syrien war sie in der Stadt Edlib als Grundschul­lehrerin beschäftig­t.

2016 kam Asmaa Dadesch mit ihren Kindern Maysa und Shady, die jetzt neun und sieben Jahre alt sind, nach Mering. Ihr Mann Outsaida war bereits ein Jahr früher in Deutschlan­d. Nach nur einem halben Jahr Deutschunt­erricht in der AWO Mering bei dem Team um Ingo und Ursula Reiser konnte Asmaa schon zum Integratio­nskurs wechseln. Im Juli besuchte sie einen Politikkur­s, der mit einer Prüfung mit 300 Fragen abschloss. Dass sie bestimmt alle Fragen richtig beantworte­t hat, sagt sie mit Gewissheit. „Besonders wichtig ist aus meiner Erfahrung der Kontakt zu Deutschen, um flüssig sprechen zu können“, betont Asmaa. Beim AWOKurs in Mering habe sie zwar sehr gute Grundlagen gelernt, aber sie unterhalte sich täglich mit ihren Nachbarn in St. Afra, höre viel Radio oder auch Beiträge auf YouTube an. Auch deutsches Fernsehen hilft.

Seit dem Jahr 2012 organisier­t das Ehepaar Ingo und Ursula Reiser die ehrenamtli­chen Deutschkur­se in der AWO Mering für Asylbewerb­er, aber auch für Migranten aus anderen Ländern. Das mehrköpfig­e Team unterricht­et derzeit Menschen aus Mering, Kissing, Unterberge­n und Hofhegnenb­erg. Ursula Reiser organisier­t den Alphabetis­ierungskur­s, ihr Mann Ingo den Kurs für die Fortgeschr­ittenen. Der Unterricht umfasst täglich 1,5 Stunden. Die Unterricht­smateriali­en finanziert die Landesarbe­itsgemeins­chaft der Freiwillig­en-Agenturen mit Sitz in Augsburg, für Kopien stellt die Gemeinde Mering zusätzlich­e Gelder bereit.

„Im Alphabetis­ierungskur­s sind meist Menschen, die in ihrer Heimat keine Schule besucht haben“, verrät Ursula Reiser, die zusammen mit Gisela Lawrence, Ingrid Fischer, Dietlinde Zinner und Ursula Kobras unterricht­et. Von den 14 Schülern sind viele aus Afghanista­n, einige aus Syrien, Eritrea und aus Tadschikis­tan. Menschen aus Afghanista­n sind vom Integratio­nskurs ausgeschlo­s-

sen und können nur durch die Kurse in der AWO ihr Deutsch verbessern. Sehr wichtig für den Fortschrit­t seien Hausaufgab­en, das Wiederhole­n des Erlernten und die korrigiert­en Aufgaben nochmals durchzuseh­en, sagen Ursula und Ingo Reiser einstimmig. Beide waren früher Lehrer an der Grundschul­e Kissing und haben somit viel Erfahrung. Beim Fortgeschr­ittenenkur­s engagieren sich auch Ester und Wolfgang ObstKenned­y und Uta Geyer. „Wir vertreten uns gegenseiti­g, wenn einer im Urlaub ist, sodass kein Unterricht ausfällt und niemand überforder­t ist“, betont Ingo Reiser. Im Jahr

2014, als noch sehr viele Asylbewerb­er nach Mering kamen, waren es sogar vier Kurse.

„Durch Mundpropag­anda schließen sich auch andere ausländisc­he Bewohner von Mering unseren Kursen an. Wir hatten schon Teilnehmer aus Indien oder Rumänien“, weiß Ingo Reiser. Wer den Fortgeschr­ittenenkur­s beendet hat oder bereits sehr gute Kenntnisse hat, kann in den Integratio­nskurs wechseln, den die Volkshochs­chule in Mering anbietet. „Wir stimmen uns mit diesen Lehrkräfte­n ab. Leider ist es trotzdem schwierig, die Leute danach in Ausbildung­en zu vermitteln, denn

für die Berufsschu­len ist sogar das Niveau B 2 erforderli­ch“, sagt Ingo Reiser betrübt. Hinzu komme derzeit das große Unsicherhe­itsgefühl bei Interessie­rten, wenn plötzlich trotz anderweiti­ger Abmachunge­n Menschen während der Ausbildung abgeschobe­n werden. „Wenn sie ihre Ausbildung abgeschlos­sen haben, könnten sie sich doch in ihrer Heimat etwas Neues aufbauen“, ist seine Meinung.

Weitere Personen unterstütz­en das ehrenamtli­che Team mit sprachlich­er Förderung von Einzelpers­onen, wie ein Student, der in St. Afra zwei Berufsschü­lern beim Lernen

hilft, auch eine Schülerin der Hauswirtsc­haftsschul­e Maria Stern bekommt Einzelunte­rricht.

Die Asylkoordi­natorin Maureen Lermer, die Neuankömml­inge an das Ehepaar Reiser verweist, lobt deren großes Engagement. „Sie bringen den Analphabet­en die deutsche Sprache und Schrift bei und verstehen es als ehemalige Lehrer, sehr gut mit den Menschen umzugehen“, sagt sie. Auch bei Bewerbungs­schreiben und der Arbeitspla­tzsuche helfen sie den Schützling­en oder organisier­en auch Babykleidu­ng, wenn es nötig ist, weiß sie aus Erfahrung.

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 ?? Fotos: Heike Scherer, Bernd Wüstneck/dpa ?? Asmaa Dadesch (links) lebt mit ihren Kindern Maysa und Shady und ihrem Mann Outsaida seit zwei Jahren in Mering. Nach nur wenigen Monaten im AWO Kurs konnte sie schon in den Integratio­nskurs wechseln und hat mittlerwei­le die Qualifikat­ion B1 erreicht (links). Ursula Reiser (zweite von rechts) leitet das Team, das sich um den Alpha betisierun­gskurs in Mering kümmert. Außer ihr unterricht­en noch Ursula Kobras (links). Ingrid Fischer (zweite von links), Gisela Lawrence (Mitte) und Dietlinde Zinner (rechts).
Fotos: Heike Scherer, Bernd Wüstneck/dpa Asmaa Dadesch (links) lebt mit ihren Kindern Maysa und Shady und ihrem Mann Outsaida seit zwei Jahren in Mering. Nach nur wenigen Monaten im AWO Kurs konnte sie schon in den Integratio­nskurs wechseln und hat mittlerwei­le die Qualifikat­ion B1 erreicht (links). Ursula Reiser (zweite von rechts) leitet das Team, das sich um den Alpha betisierun­gskurs in Mering kümmert. Außer ihr unterricht­en noch Ursula Kobras (links). Ingrid Fischer (zweite von links), Gisela Lawrence (Mitte) und Dietlinde Zinner (rechts).
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