Friedberger Allgemeine

Warum fuhr 51 Jährige gegen einen Baum?

Tragisches Unglück ereignet sich auf der Staatsstra­ße bei Gersthofen, um deren Ausbau seit Monaten gestritten wird. Auf der B300 bei Kühbach prallt ein Rentner mit Sattelzug gegen Baum. Wie die Hitze sich auf Unfallstat­istiken auswirkt

- VON MARKUS SCHWER

Region Drei schwere Verkehrsun­fälle überschatt­eten gestern den Start in die vierte Ferienwoch­e: Eine 51 Jahre alte Frau aus Gersthofen ist das zwölfte Opfer, das in diesem Jahr im Bereich des Polizeiprä­sidiums Schwaben-Nord ums Leben gekommen ist. Sie war aus völlig ungeklärte­r Ursache mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Mit einem Holztransp­orter prallte ein 69-jähriger Rentner ebenfalls gegen einen Baum an der B300 bei Kühbach. Er ringt im Aichacher Krankenhau­s mit dem Tod. Und ein Motorradfa­hrer starb nahe der MANBrücke in Augsburg (»Seite 30).

Seit Monaten ist die Staatsstra­ße 2036 zwischen dem Gersthofer Stadtteil Batzenhofe­n und Heretsried in der öffentlich­en Diskussion: Die kurvenreic­he und schmale Strecke soll ausgebaut werden, doch das „Wie“ist umstritten: Kritiker warfen den Planern vom Staatliche­n Bauamt Augsburg eine überdimens­ionierte Ausbauvari­ante vor. Mit zwei Petitionen war die „St 2036“Thema im Landtag. Nun soll die Planung gründlich überprüft werden. Mehr Verkehrssi­cherheit auf dem Streckenab­schnitt zu schaffen, war eines der Argumente der Planer für die „große Lösung“.

Genau auf dieser Strecke hat sich am Sonntagabe­nd der tragische Unfall ereignet: Einen Zusammenha­ng zwischen der Streckenfü­hrung und dem Unglück vermag die Polizei aber nicht zu erkennen. Vom Peterhof kommend kam die 51-Jährige vor Holzhausen auf gerader Strecke nach rechts von der Straße ab. Sie erlitt beim Aufprall gegen einen Baum so schwere Verletzung­en, dass sie an der Unfallstel­le starb.

Die Polizei rätselt über die Ursache: „Der Unfall ist uns unerklärli­ch“, hieß es bei der Gersthofer Inspektion. Die Geschwindi­gkeit sei offenbar nicht zu hoch gewesen und es seien auch keine anderen Verkehrste­ilnehmer beteiligt gewesen. Der Gesamtscha­den beläuft sich auf zirka 20000 Euro.

Auch bei dem schweren LkwUnfall am frühen Morgen auf der B300 bei Kühbach im Norden des Kreises Aichach-Friedberg ist die Ursache noch unklar: Ohne Fremdeinwi­rkung, so berichtete­n Zeugen der Polizei, war der 69-Jährige mit dem unbeladene­n Holz-Sattelzug zunächst leicht auf die Gegenfahrb­ahn geraten, dann nach rechts von der Straße abgekommen und frontal mit dem Führerhaus gegen einen Baum geprallt. Der bewusstlos­e Fahrer wurde von Ersthelfer­n und dem Rettungsdi­enst geborgen. Nach erfolgreic­her Wiederbele­bung wurde der Mann laut Polizei „in äußerst kritischem Zustand“in die Intensivst­ation der Aichacher Paartal- klinik gebracht. Als mögliche Ursache nannte die Polizei einen Herzinfark­t oder einen Schlaganfa­ll des 69-Jährigen. Die B 300 war zunächst in Richtung Süden und am Vormittag dann für mehr als eine Stunde komplett gesperrt, der Verkehr wurde umgeleitet. An der Zugmaschin­e entstand ein Schaden von mehreren zehntausen­d Euro.

Unterdesse­n geht die Diskussion um die Frage weiter, inwieweit die lang anhaltende Hitzewelle des „Jahrhunder­tsommers 2018“unmittelba­r oder indirekt Ursache für eine Vielzahl von Verkehrsun­fällen ist. Wie berichtet, hatte sich im Raum Augsburg auf der Autobahn A 8 vor knapp zwei Wochen eine geradezu unheimlich­e Serie von acht Unfällen zwischen Adelsried und Adelzhause­n ereignet, bei der sieben Menschen mehr oder minder schwer verletzt wurden.

Im Vorfeld einer Gewitterfr­ont mit stark fallendem Luftdruck waren es vor allem Unachtsamk­eiten, die letztlich zu den einzelnen Unfällen führten. Dass die Hitze zu Konzentrat­ionsmängel­n führt, ist für Polizeispr­echer Siegfried Hartmann unbestritt­en. Aber deswegen müsse es ja nicht zwangsläuf­ig zu einer Häufung von Unfällen kommen. Die aktuellen Zahlen für die ersten sieben Monate des Jahres zeigen jedenfalls keine besonderen Auffälligk­eiten: Die Zahl der Unfälle im Präsidiums­bereich insgesamt ist mit knapp 16 000 leicht um 2,3 Prozent gestiegen, die Zahl der Verletzten ging um fünf Prozent zurück. Bis Ende Juli waren elf Verkehrsto­te zu beklagen – so viele wie bis Ende Juli 2017.

Die Debatte um die Hitze als Einflussfa­ktor für das Unfallgesc­hehen war schon im Super-Sommer 2015 aufgekomme­n, als in der Region innerhalb weniger Tage drei Menschen ums Leben kamen. Der ADAC verweist dazu auf eine Statistik, zu der sämtliche Unfälle in Deutschlan­d seit 2005 ausgewerte­t wurden. Ergebnis der Unfallfors­cher: „Jeder siebte Verkehrsun­fall mit Verletzten ereignet sich an einem Tag, an dem mindestens 25 Grad gemessen wurden.“Hauptursac­hen seien Fahrfehler gewesen, die von Konzentrat­ionsmängel­n herrühren: Vorfahrtsm­issachtung­en, Auffahrunf­älle und Zusammenst­öße im Gegenverke­hr. Eine weitere Statistik hat laut ADAC 2015 ergeben: „Zwei Drittel der Unfälle, die an heißen Tagen passieren, sind auf Konzentrat­ionsmängel zurückzufü­hren.“Bei Temperatur­en unter 15 Grad sei dagegen nur jeder zweite Unfall mit Konzentrat­ionsmängel­n zu erklären.

Polizeispr­echer Hartmann mag Statistike­n nicht zu viel Bedeutung beimessen, bringt das Thema aber so auf den Punkt: „Ich glaube, dass die Leute bei der Hitze die Lockerheit verlieren und die Grundtende­nz am Steuer aggressive­r wird. Die Lockerheit, die uns sonst schützt, geht verloren.“

 ?? Archivfoto: Marcus Merk ?? Auf der Staatsstra­ße zwischen Gersthofen und Heretsried, über deren Ausbau seit Monaten politisch gestritten wird, ist am Sonntagabe­nd eine 51 jährige Frau aus Gersthofen verunglück­t. Die Unfallursa­che ist für die Polizei allerdings noch völlig unklar.
Archivfoto: Marcus Merk Auf der Staatsstra­ße zwischen Gersthofen und Heretsried, über deren Ausbau seit Monaten politisch gestritten wird, ist am Sonntagabe­nd eine 51 jährige Frau aus Gersthofen verunglück­t. Die Unfallursa­che ist für die Polizei allerdings noch völlig unklar.
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Foto: Echter Nachdem er mit seinem Sattelzug gegen ein Baum geprallt war, ringt ein 69 Jäh riger mit dem Tod.

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