Warum fuhr 51 Jährige gegen einen Baum?
Tragisches Unglück ereignet sich auf der Staatsstraße bei Gersthofen, um deren Ausbau seit Monaten gestritten wird. Auf der B300 bei Kühbach prallt ein Rentner mit Sattelzug gegen Baum. Wie die Hitze sich auf Unfallstatistiken auswirkt
Region Drei schwere Verkehrsunfälle überschatteten gestern den Start in die vierte Ferienwoche: Eine 51 Jahre alte Frau aus Gersthofen ist das zwölfte Opfer, das in diesem Jahr im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben-Nord ums Leben gekommen ist. Sie war aus völlig ungeklärter Ursache mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen und gegen einen Baum geprallt. Mit einem Holztransporter prallte ein 69-jähriger Rentner ebenfalls gegen einen Baum an der B300 bei Kühbach. Er ringt im Aichacher Krankenhaus mit dem Tod. Und ein Motorradfahrer starb nahe der MANBrücke in Augsburg (»Seite 30).
Seit Monaten ist die Staatsstraße 2036 zwischen dem Gersthofer Stadtteil Batzenhofen und Heretsried in der öffentlichen Diskussion: Die kurvenreiche und schmale Strecke soll ausgebaut werden, doch das „Wie“ist umstritten: Kritiker warfen den Planern vom Staatlichen Bauamt Augsburg eine überdimensionierte Ausbauvariante vor. Mit zwei Petitionen war die „St 2036“Thema im Landtag. Nun soll die Planung gründlich überprüft werden. Mehr Verkehrssicherheit auf dem Streckenabschnitt zu schaffen, war eines der Argumente der Planer für die „große Lösung“.
Genau auf dieser Strecke hat sich am Sonntagabend der tragische Unfall ereignet: Einen Zusammenhang zwischen der Streckenführung und dem Unglück vermag die Polizei aber nicht zu erkennen. Vom Peterhof kommend kam die 51-Jährige vor Holzhausen auf gerader Strecke nach rechts von der Straße ab. Sie erlitt beim Aufprall gegen einen Baum so schwere Verletzungen, dass sie an der Unfallstelle starb.
Die Polizei rätselt über die Ursache: „Der Unfall ist uns unerklärlich“, hieß es bei der Gersthofer Inspektion. Die Geschwindigkeit sei offenbar nicht zu hoch gewesen und es seien auch keine anderen Verkehrsteilnehmer beteiligt gewesen. Der Gesamtschaden beläuft sich auf zirka 20000 Euro.
Auch bei dem schweren LkwUnfall am frühen Morgen auf der B300 bei Kühbach im Norden des Kreises Aichach-Friedberg ist die Ursache noch unklar: Ohne Fremdeinwirkung, so berichteten Zeugen der Polizei, war der 69-Jährige mit dem unbeladenen Holz-Sattelzug zunächst leicht auf die Gegenfahrbahn geraten, dann nach rechts von der Straße abgekommen und frontal mit dem Führerhaus gegen einen Baum geprallt. Der bewusstlose Fahrer wurde von Ersthelfern und dem Rettungsdienst geborgen. Nach erfolgreicher Wiederbelebung wurde der Mann laut Polizei „in äußerst kritischem Zustand“in die Intensivstation der Aichacher Paartal- klinik gebracht. Als mögliche Ursache nannte die Polizei einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall des 69-Jährigen. Die B 300 war zunächst in Richtung Süden und am Vormittag dann für mehr als eine Stunde komplett gesperrt, der Verkehr wurde umgeleitet. An der Zugmaschine entstand ein Schaden von mehreren zehntausend Euro.
Unterdessen geht die Diskussion um die Frage weiter, inwieweit die lang anhaltende Hitzewelle des „Jahrhundertsommers 2018“unmittelbar oder indirekt Ursache für eine Vielzahl von Verkehrsunfällen ist. Wie berichtet, hatte sich im Raum Augsburg auf der Autobahn A 8 vor knapp zwei Wochen eine geradezu unheimliche Serie von acht Unfällen zwischen Adelsried und Adelzhausen ereignet, bei der sieben Menschen mehr oder minder schwer verletzt wurden.
Im Vorfeld einer Gewitterfront mit stark fallendem Luftdruck waren es vor allem Unachtsamkeiten, die letztlich zu den einzelnen Unfällen führten. Dass die Hitze zu Konzentrationsmängeln führt, ist für Polizeisprecher Siegfried Hartmann unbestritten. Aber deswegen müsse es ja nicht zwangsläufig zu einer Häufung von Unfällen kommen. Die aktuellen Zahlen für die ersten sieben Monate des Jahres zeigen jedenfalls keine besonderen Auffälligkeiten: Die Zahl der Unfälle im Präsidiumsbereich insgesamt ist mit knapp 16 000 leicht um 2,3 Prozent gestiegen, die Zahl der Verletzten ging um fünf Prozent zurück. Bis Ende Juli waren elf Verkehrstote zu beklagen – so viele wie bis Ende Juli 2017.
Die Debatte um die Hitze als Einflussfaktor für das Unfallgeschehen war schon im Super-Sommer 2015 aufgekommen, als in der Region innerhalb weniger Tage drei Menschen ums Leben kamen. Der ADAC verweist dazu auf eine Statistik, zu der sämtliche Unfälle in Deutschland seit 2005 ausgewertet wurden. Ergebnis der Unfallforscher: „Jeder siebte Verkehrsunfall mit Verletzten ereignet sich an einem Tag, an dem mindestens 25 Grad gemessen wurden.“Hauptursachen seien Fahrfehler gewesen, die von Konzentrationsmängeln herrühren: Vorfahrtsmissachtungen, Auffahrunfälle und Zusammenstöße im Gegenverkehr. Eine weitere Statistik hat laut ADAC 2015 ergeben: „Zwei Drittel der Unfälle, die an heißen Tagen passieren, sind auf Konzentrationsmängel zurückzuführen.“Bei Temperaturen unter 15 Grad sei dagegen nur jeder zweite Unfall mit Konzentrationsmängeln zu erklären.
Polizeisprecher Hartmann mag Statistiken nicht zu viel Bedeutung beimessen, bringt das Thema aber so auf den Punkt: „Ich glaube, dass die Leute bei der Hitze die Lockerheit verlieren und die Grundtendenz am Steuer aggressiver wird. Die Lockerheit, die uns sonst schützt, geht verloren.“