Für Jugendliche ist es ein zweites Zuhause
Das „K 15“ist seit 1974 ein Treffpunkt. In den 80er und 90er Jahren wurde dort Breakdance getanzt, Disco-Abende gefeiert. Heute ist K-Pop angesagt. Wie sich der Jugendkult verändert hat, zeigt eine neue Ausstellung von Kulturwissenschaftlern der Uni Augsb
Häuser sind Treffpunkte. Doch im Verlauf von Jahrzehnten passiert viel: Eigentümer wechseln, die Nutzung ändert sich und auch die Menschen, die das Haus besuchen, sind dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. Solch ein Haus, das viel zu erzählen hat, ist das K15 – das Jugendzentrum in der Kanalstraße, das heute Villa genannt wird. Eine neue Schau gibt Einblicke in das zweite Zuhause vieler junger Augsburger und zeigt, warum es heute ganz anders ist.
Kulturwissenschaftlerin Leonie Herrmann hat darüber mit Studenten der Europäischen Ethnologie und Volkskunde der Universität Augsburg geforscht. Zusammen mit den Studentinnen Sabrina Rintisch und Simone Gagliack hat sie eine Ausstellung konzipiert, die „Ein zweites Zuhause“heißt. Die Ausstellung soll das Thema Jugend in der Stadtgeschichte verankern und die Bedeutung der Jugendhäuser am Beispiel des Jugendzentrums K 15 zeigen. Denn das Haus in der Kanalstraße hat vielen Augsburgern ein Zuhause gegeben.
Seit 1910 war es eine Kinderbewahranstalt. „Dort konnten die in den Fabriken arbeitenden Mütter, ihre Kinder kostengünstig beaufsichtigen lassen, während die Eltern arbeiten waren“, berichtet Leonie Herrmann. Seit 1921 ist das Haus im Besitz der Stadt. Es wurde von Jugendverbänden und auch als Jugendherberge genutzt.
Die Hitlerjugend nahm das Haus 1933 in Beschlag. Später wurde es als Unterkunft vom Bund Deutscher Mädel genutzt. Es war anschließend „Haus der Offenen Tür“. Die Schwerpunkte der Ausstellung drehen sich aber um den Zeitraum 1974 bis ins Jahr 2000. Damals wurde das K 15 als Einrichtung der offenen Jugendarbeit vom Stadtjugendring gegründet und ist somit das älteste be- Juze der Stadt. Es hat viel erlebt.
Inspiriert durch amerikanische Tanzfilme kamen Breakdance und Hip-Hop in den 80er und 90er Jahren groß raus. Die Tanzformen wurden von den Jugendlichen gefeiein ert und auch bei vielen Disco-Abenden vorgeführt. Die Juzes waren an Samstagabenden eine wichtige Anlaufstelle für die Jugendlichen. „Damals gab es einfach nicht so eine starke Clubszene wie heute. Die Vielfalt ist jetzt groß. Daneben nutstehende zen die Jugendlichen heute den öffentlichen Raum, wie etwa auf der Bismarckbrücke, um sich zu treffen. Da ist dann Samstagsabend das Juze nicht mehr so gefragt“, weiß Dennis Galanti, der das Juze leitet. Damals wurden liebevoll Flyer und Poster gestaltet, die auf Partys und DiscoAbende hinwiesen.
Leonie Herrmann und die Studenten konnten in 36 Leitz-Ordnern stöbern. „Ein Sozialpädagoge, der früher im K 15 beschäftigt war, hat Flyer, Programme, Jahresrückblicke und vieles andere gesammelt“, erzählt sie. Daneben führten sie Interviews mit ehemaligen Besuchern, Pädagogen und Mitarbeitern des Stadtjugendrings und stellten fest, dass das K15 für die Jugendlichen viel mehr war als ein Treffpunkt. „Viele empfanden es tatsächlich als ihr zweites Zuhause und schauen dort auch heute noch immer wieder vorbei“, sagt Leonie Herrmann. Dort hätten sie nicht nur Freizeit verbracht, sondern Jugendkultur kennengelernt und gelebt. Hip-Hop-Tänze wurden einstudiert und auf dem damaligen Jugendfestival „X-large“vorgeführt, die Disco-Gruppe organisierte Veranstaltungen. „Das ist heutzutage alleine schon wegen den Auflagen gar nicht mehr möglich. Damals kamen an einem Abend schon einmal 300 bis 400 Leute“, sagt Dennis Galanti.
Es war auch ein Ort, an dem sich Jugendliche mit unterschiedlichen Wurzeln kennenlernen konnten. Die Besucher der 80er und 90er Jahren spiegelten die hohe Zuwanderungsrate in Augsburg wider. „Es war auch ein Ort, an dem man Mädchen und Jungs von anderen Schulformen kennenlernen konnte. Normalerweise bleibt man im Freundeskreis ja eher unter sich“, fügt Leonie Herrmann an.
Wie viele Jugendliche das K 15 besucht haben, ist auch für Dennis Galanti schwer zu sagen: „Der Besucherstrom verläuft immer in Wellenbewegungen. Das hängt ganz vom Jugendkult ab.“Heute zählt er zwischen 100 bis 200 Besucher in der Woche, im Winter sind es mehr als im Sommer. Hip-Hop ist immer noch angesagt. „Darauf können sich alle einigen. Da spielt die Herkunft keine Rolle“, sagt Dennis Galanti. Und es gibt auch einen neuen Trend: K-Pop, was ein Sammelbegriff für koreanischsprachige Popmusik ist.
OAusstellung Sie ist im Jugendzentrum Villa (ehemals K 15), Kanalstraße 15, vom 21. August bis 8. September zu se hen. Anschließend wird sie vom 18. September bis zum 17. November in der Geschäftsstelle des Stadtjugendrings, Schwibbogenplatz 1, gezeigt.