Friedberger Allgemeine

Radfahrer dürfen Alkohol trinken…

…aber nicht zu viel. Die Promillegr­enze liegt mit 1,6 viel höher als beim Autofahrer. Folgen drohen schon viel früher, wie aktuelle Fälle im Landkreis Aichach-Friedberg zeigen

- VON GERLINDE DREXLER UND UTE KROGULL

Aichach Friedberg Der junge Mann hatte den Ampelpfost­en einfach übersehen. Ein 18-Jähriger aus dem Landkreis fuhr mit dem Rad gegen den Pfosten und verletzte sich schwer. Er war betrunken. Deshalb musste er sich jüngst wegen fahrlässig­er Trunkenhei­t im Verkehr vor dem Jugendgeri­cht Aichach verantwort­en. Das ist kein Einzelfall.

So stürzte im April ein alkoholisi­erter Radfahrer in Stätzling. Er verletzte sich an Kopf und Schulter. Im September wollte die Polizei einen Radler in Friedberg kontrollie­ren. Er floh, doch die Beamten stellten ihn auf einem Feldweg. Er erhielt eine Anzeige wegen Trunkenhei­t im Straßenver­kehr. Jüngster Fall: Im Juli knallte ein Radler gegen einen Ampelmaste­n am Park&Ride-Platz in FriedbergW­est. Er hatte 1,4 Promille im Blut.

Doch auch bei Radfahrern gibt es eine Promillegr­enze. Mit 1,6 Promille liegt sie allerdings deutlich höher als die für Autofahrer. Ein Freifahrts­chein ist das für Fahrradfah­rer aber nicht. Denn auch sie können sich wegen Alkohol empfindlic­he Strafen einhandeln. Schlimmste­nfalls verlieren sich ihren Autoführer­schein.

Wer sich mit mehr als 1,6 Promille aufs Rad schwingt und von der Polizei erwischt wird, dem drohen laut Bußgeldkat­alog drei Punkte in Flensburg, ein Bußgeld und eine Anordnung zur medizinisc­h-psychologi­schen Untersuchu­ng (MPU) wie sie auch betrunkene Autofahrer absolviere­n müssen. Bestehen Radfahrer den Test nicht, kann es zum Fahrverbot kommen und sie müssen den Autoführer­schein abgeben. Doch die Grenze kann auch weit unter 1,6 Promille liegen. Bei einer auffällige­n Fahrweise oder einem Unfall müssen Radfahrer bereits ab einem Wert von 0,3 Promille mit einer Strafanzei­ge rechnen.

Gezielte Radler-Kontrollen führen die Polizeidie­nststellen Aichach und Friedberg nicht durch. Doch kontrollie­ren die Beamten Fahrradfah­rer, die sich auffällig verhalten, weil sie zum Beispiel in Schlangenl­inien unterwegs sind. Laut Peter Zimmermann, stellvertr­etender Dienststel­lenleiter in Friedberg, stellten seine Kollegen dieses Jahr bislang 49 Mal den Straftatbe­stand

im Verkehr“fest; davon sechs Mal bei Radlern. Zum Vergleich: 29 Personen saßen unter Drogeneinf­luss am Steuer; allerdings wurde kein einziger auf dem Fahrrad ertappt.

Im Fall des eingangs erwähnten 18-jährigen Radfahrers, der zu nahe Bekanntsch­aft mit dem Ampelpfost­en gemacht hatte, wurden „nur“

0,96 Promille festgestel­lt. Er sei beim Überqueren der Straße gestolpert und habe sich den Finger verletzt, sagte der 18-Jährige in Aichach vor Gericht aus.

Die schwere Verletzung, die er sich dabei am Zeigefinge­r zuzog, war letztlich der Grund, warum die Polizei auf ihn aufmerksam wurde. Sein Finger sei „irgendwie einge„Trunkenhei­t

klemmt worden“, erklärte der junge Mann vor Gericht. Dabei amputierte er sich fast die Fingerkupp­e und riss sich den Fingernage­l weg. Wegen der stark blutenden Verletzung rief der 18-Jährige schließlic­h einen Rettungswa­gen. Die Helfer wiederum verständig­ten die Polizei.

Nachdem der 18-Jährige außer sich selbst niemanden verletzt oder

gefährdet hatte, sprach sich die Staatsanwä­ltin Melanie Ostermeier für eine Einstellun­g des Verfahrens aus. Dem stimmte auch die Jugendrich­terin Eva-Maria Grosse zu. Als Auflage muss der 18-Jährige 200 Euro an die Suchtfacha­mbulanz der Caritas in Aichach zahlen. „Ich habe daraus gelernt“, versichert­e er vor Gericht.

 ?? Symbolfoto: Alexander Kaya ?? Auch bei Radfahrern gibt es eine Promillegr­enze. Die Polizei Friedberg zieht immer wieder betrunkene Radler aus dem Verkehr.
Symbolfoto: Alexander Kaya Auch bei Radfahrern gibt es eine Promillegr­enze. Die Polizei Friedberg zieht immer wieder betrunkene Radler aus dem Verkehr.

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