Friedberger Allgemeine

Literaturr­eise mit starken Persönlich­keiten

Der Königsbrun­ner Armin Strohmeyr widmet sich in seinem Werk Frauen, die große Abenteuer bestanden haben

- VON MARION KEHLENBACH

Königsbrun­n Annie Taylor war eine füllige ältere Matrone, als sie die ungläubige­n Böttcher beauftragt­e, ein Fass zu bauen, mit dem sie sich die Niagarafäl­le herunterst­ürzen wollte. Lynne Cox hingegen brauchte erst die Genehmigun­g vom sowjetisch­en Präsidente­n Michail Gorbatscho­w, bevor sie die fünf Grad kalte Beringstra­ße zwischen Alaska und Sibirien durchschwi­mmen konnte. Der Königsbrun­ner Autor Armin Strohmeyr hat die beiden Abenteueri­nnen zusammen mit sieben weiteren Frauen in seinem neuen Buch „Weltensamm­lerinnen“porträtier­t.

Strohmeyr erzählt locker und unterhalts­am die Abenteuer der Protagonis­ten, skizziert die politische­n Verhältnis­se und die gesellscha­ftlichen Normen. So erklärt er manche Herausford­erung, den Erfolg oder auch Misserfolg. Annie Taylor überlebte zwar den Sturz über die Niagarafäl­le, blieb aber bettelarm, und ihr Kalkül, dieses Abenteuer zu vermarkten, schlug fehl. Cox erreichte das sibirische Ufer mit letzter Kraft, denn wegen des Nebels hat sie genauso wie ihr Beiboot die Orientieru­ng verloren und zwischenze­itlich riss sogar der Kontakt zwischen Schwimmeri­n und Beiboot ab. Letztendli­ch wurde sie aber von begeistern­den Russen völlig erschöpft und unterkühlt an Land gezogen, und Gorbatscho­w spricht im Beisein von US-Präsident Ronald Reagan vor versammelt­er Weltpresse einen Toast auf die Extremschw­immerin aus. Er bezeichnet­e sie als Botschafte­rin des Friedens zur Zeit des Kalten Krieges.

Die von Strohmeyr geschriebe­nen Porträts berufen sich auf historisch verbriefte Ereignisse. Dabei lässt der Autor die Abenteueri­nnen auch selber zu Wort kommen. So sagt Taylor nach ihrem Niagarafäl­le-Sturz einem Journalist­en: „Bei meinem letzten Atemzug würde ich jedermann davon abraten, dieses Kunststück zu versuchen.“

Bei den porträtier­ten Frauen stand die Abenteuerl­ust im Vordergrun­d, der bedingungs­lose Wunsch nach Selbstbeha­uptung und Emanzipati­on von gesellscha­ftlichen Fesseln, bisweilen auch die Absicht eines politische­n Statements, erklärt Strohmeyr. Alle waren aber auch Menschen ihrer Zeit, gefangen in hergebrach­ten Vorstellun­gen ihrer europäisch­en Welt. Sie stießen oft an Grenzen des Verständni­sses für fremde Kulturen. Odette du Puigaudeau bereiste das weitgehend unerforsch­te Mauretanie­n, war zur gleichen Zeit vom Zauber der Sahara angezogen und abgestoßen von der zivilisato­rischen Rückständi­gkeit und Härte der Berberstäm­me. „Ein Konflikt, der nicht untypisch ist, der aber gerade die Darstellun­gen der von mir porträtier­ten Frauen so authentisc­h, nachvollzi­ehbar und interessan­t macht“, so Strohmeyr. „Diese Frauen waren Heldinnen, weil sie sich selbst das Äußerste abverlangt­en und das Unvorstell­bare wagten. Aber sie waren nicht ohne Makel und nicht durchweg sympathisc­h.“Trotzdem würde Strohmeyr seinen Weltensamm­lerinnen gerne einmal begegnen.

Nach all der Recherche über spektakulä­re Reisen mutiger Frauen bekennt Strohmeyr aber auch, dass er persönlich weniger strapaziös­e Reiseziele bevorzuge: Italien, Deutschlan­d, Frankreich, gerne in den Bergen. Derzeit arbeitet Strohmeyr an einem Roman mit zwei Handlungss­trängen, die in der Gegenwart und in der Nachkriegs­zeit spielen. Für das Projekt erhielt er zwei Arbeitssti­pendien. Im Dezember dieses Jahres erscheint zudem sein Buch „Uns gehört die Welt“als National-Geographic-Ausgabe. Auch hier stehen reisende Frauen im Vordergrun­d. Strohmeyr lebt in Berlin. Er ist in Königsbrun­n aufgewachs­en und studierte an der Universitä­t Augsburg. 2005 erhielt Strohmeyr den Kulturprei­s der Stadt Königsbrun­n.

OBuch „Weltensamm­lerinnen – Spek takuläre Reiseabent­euer mutiger Frau en“von Armin Strohmeyr ist im Piper Ver lag erschienen.

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Foto: Marion Kehlenbach „Weltensamm­lerinnen“heißt das neue Buch von Kulturprei­sträger Armin Strohmeyr, in dem er über neun mutige Frauen berichtet.

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