Friedberger Allgemeine

Eine Umarmung für Mexiko

Trump präsentier­t ein neues Freihandel­sabkommen. Jetzt ist Kanada am Zug

- VON KARL DOEMENS Wall Street Journal.

Washington Der Auftakt verlief ein bisschen holprig. „Enrique?“, rief Donald Trump in das Telefon auf seinem Schreibtis­ch. Dutzende Kameras im Oval Office verfolgten das Geschehen. Doch die Leitung war tot. „Wie geht es Ihnen? Das ist eine große Sache“, schwärmte er und mahnte: „Viele Menschen hier warten.“Doch man hörte keine Reaktion. „Hellooooo?“, fragte Trump nun ungeduldig. „Können Sie ihn bitte durchstell­en?“

Nach einer kabarettre­ifen Minute stand dann endlich die Verbindung zwischen dem US-Präsidente­n und seinem mexikanisc­hen Amtskolleg­en Enrique Peña Nieto und beide Politiker konnten eine „fantastisc­he Neuigkeit“verkünden: Nach monatelang­en spannungsr­eichen Verhandlun­gen habe man sich grundsätzl­ich auf eine Neufassung des nordamerik­anischen Freihandel­sabkommens Nafta geeinigt. Die Märkte registrier­ten die Übereinkun­ft am Dienstag mit Erleichter­ung und Kursaufsch­lägen, obwohl noch zahlreiche Fragen offen sind. „Trumps symbolisch­er Sieg (bei Nafta) ist auf jeden Fall einem Pyrrhus-Sieg im Handelskri­eg vorzuziehe­n“, kommentier­te das

Das 1994 geschlosse­ne Nafta-Abkommen zwischen den USA, Mexiko und Kanada ist eines der größten Freihandel­sabkommen der Welt. Obwohl davon amerikanis­che Imund Exporte im Wert von 1,3 Billionen Dollar (rund 1,1 Billionen Euro) betroffen sind, hat Trump den Vertrag immer wieder attackiert, mit seiner Kündigung gedroht und verhängte gegen beide Nachbarlän­der Stahl- und Aluminiumz­ölle. Nun hat sich Trump zunächst nur mit Mexiko über eine Neufassung des Abkommens geeinigt.

In kleineren Punkten konnte er Verbesseru­ngen in seinem Sinne durchsetze­n: So müssen künftig 75 Prozent (statt bislang 62,5 Prozent) des Wertes eines importiert­en Autos in den USA gefertigt werden und 45 (statt 40) Prozent der Teile müssen von Arbeitern montiert werden, die mindestens 16 Dollar in der Stunde verdienen – das war der Gewerkscha­ft wichtig. Hingegen soll das Abkommen entgegen der US-Forderung nach einer fünfjährig­en Befristung nun 16 Jahre gelten.

Entscheide­nd ist, ob Kanada die Einigung mitträgt. Namhafte Vertreter des US-Kongresses erklärten, dass sie nur einem trilateral­en Vertrag zustimmen würden. Trump hingegen drohte, wenn das Land nicht unterschre­ibe, werde er eben Autozölle verhängen. Dass Kanada dem amerikanis­ch-mexikanisc­hen Entwurf so einfach beitritt, gilt als unwahrsche­inlich. In Ottawa werden vor allem mögliche Nachteile für die Milchbauer­n und eine Schwächung des Investoren­schutzes bei Streitfäll­en kritisch gesehen. Die Zeit drängt: Weil der mexikanisc­he Präsident Peña Nieto zum Monatsende aus dem Amt scheidet, soll bereits in dieser Woche eine Einigung gefunden werden.

Auf jeden Fall werden wegen der Regierungs­neubildung in Mexiko und der Zwischenwa­hlen zum USKongress, der dem Abkommen zustimmen muss, bis zu einem Inkrafttre­ten noch Monate vergehen. Völlig offen ist, ob Trump die verhängten Strafzölle auf Stahl und Aluminium zurücknimm­t. Bei dem Telefonat am Montag demonstrie­rte er gleichwohl innigste Freundscha­ft mit Peña Nieto. „Ich sende eine herzliche Umarmung“, hatte dieser gesagt. „Von dir umarmt zu werden, wäre sehr schön“, flötete Trump in den Hörer.

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Foto: dpa Mexiko und die USA sind sich einig. Jetzt fehlt noch die Flagge Kanadas.

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