Friedberger Allgemeine

Leiden mit Dostojewsk­i

Ein Künstlerro­man, kundig und amüsant

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Werte Smartphone-Welt: Was waren das für Zeiten, als ein Brief zur Geliebten im selben Land noch Wochen unterwegs war – und die Antwort ließ ebenso lang auf sich warten! Wertes Russland: Was für Zeiten auch, als man noch wegen eines kritischen Worts als Verschwöre­r für Jahre verschwind­en… Oh, na ja.

Aber das sind nur Nebenaspek­te einer eindrückli­chen Zeitreise mit dem niederländ­ischen Autor Jan Brokken. „Sibirische Sommer mit Dostojekws­ki“– das ist zunächst für Verehrer des großen Fjodor ein Fest. Denn kundig und amüsant werden hier seine frühen Jahre erzählt: die wilden in Petersburg, die dramatisch­en im Gefangenen­lager, die zunächst einsamen in der anschließe­nden Verbannung und die wirren auf dem Weg zurück in die Zivilisati­on. Geschilder­t mit dem gewogen-aufrichtig­en Blick des in der Fremde gewonnen Freundes Alexander von Wrangel geht es aber vor allem um dreierlei: das Ringen um Liebe – romantisch wie körperlich –, das Betteln um Geld und um den Kampf um Literatur. Brokken versteht es, den Künstlerro­man zur Abenteuerg­eschichte zu formen, die dem großen Fjodor statt eines Heiligensc­heins ein menschlich­es Antlitz verleiht. Und das ist dann nicht nur für dessen Verehrer interessan­t. Und noch ein hübscher Nebenaspek­t: In Sibirien las vor allem Wrangel, aber auch Dostojewsk­i selbst, immer wieder auch diese Zeitung hier.

Übs. Helga van Beuningen, Kie penheuer & Witsch, 432 S., 22 ¤

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Jan Brokken: Si birische Sommer mit Dostojewsk­i.

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