Friedberger Allgemeine

So wird man zum Lebensrett­er

Das Rote Kreuz ruft die Bevölkerun­g zum Blutspende­n auf. Ein Mann erzählt, warum er schon 80 Liter gespendet hat

- VON CHIARA FERNER

Friedberg Schon bevor die Blutspende beginnt, reicht die Schlange bis zur Eingangstü­r des Rotkreuzha­uses in Friedberg. Viele Menschen stehen an, um Blut zu spenden. In etwa alle zwei Monate veranstalt­et das Bayerische Rote Kreuz (BRK) dort einen Spendentag. Täglich werden in Bayern 2000 Blutkonser­ven benötigt. Patric Nohe, Referent für Presse und Unternehme­nskommunik­ation des BRK, weiß, dass der tägliche Bedarf zwar meist gedeckt werde, es aber auch Engpässe gibt. „Wir wollen den Menschen verdeutlic­hen, wie wichtig das ist“, sagt Nohe. 94 Prozent der Bevölkerun­g hält das Blutspende­n zwar für äußerst wichtig, schlussend­lich werden in Bayern aber nur 5,3 Prozent tätig.

Nohe meint, dass es viele Menschen Überwindun­g koste, zum Spenden zu gehen, oder dass sie Angst haben. Das BRK möchte die Angst nehmen und die Menschen überzeugen, dass eine Blutspende viel bewirken kann.

Annika Diebold ist 19 Jahre alt und hat noch nie Blut gespendet. Auch sie hatte am Anfang Bedenken, dass ihr beispielsw­eise schwindeli­g werden könnte, erzählt die junge Frau. Die Ängste sind verflogen, als sie entspannt auf der Liege liegt und zuschaut, wie das Blut fließt. Ihre Mutter und Schwester gehen schon seit Längerem zum Blutspende­n und haben Annika Diebold überredet mitzukomme­n. Sie möchte nun, da der erste Schritt getan ist, auch in Zukunft zum Spenden kommen.

Aus einer Spende können bis zu drei Präparate gewonnen werden. Das heißt, man könnte mit einem Mal Blutabnehm­en womöglich drei Menschen das Leben retten. Der Bedarf ist nicht, wie man vermuten könnte, bei Unfällen im Straßenver­kehr, Haushalt oder Ähnlichem am höchsten. 20 Prozent der Konserven werden für Krebspatie­nten benötigt. Bei einer Krebserkra­nkung mit Chemothera­pie werde das blutbilden­de System des Menschen zerstört, der Patient sei auf Blut angewiesen, erklärt Nohe. Unfälle stehen – nach Herz- und Magen-Darm-Erkrankung­en – erst an dritter Stelle der Liste mit dem größten Bedarf.

Spenden darf jeder zwischen 18 und 72 Jahren. Wer jedoch erst vor Kurzem aus dem Urlaub zurückgeke­hrt ist, muss sich informiere­n, ob er zur Spende zugelassen ist, warnt Nohe. Im Rotkreuzha­us muss jeder, nachdem er einen Fragebogen ausgefüllt hat, mit einem Arzt sprechen und sich einem kleinen medizinisc­hen Test unterziehe­n. Einige Menschen sind von einer Spende ausgeschlo­ssen, beispielsw­eise wenn sie sich in Risikogebi­eten für Malaria aufgehalte­n haben.

Es bildet sich bereits eine Schlange vor dem Arztzimmer, als Dr. Hans-Joachim Knöfel eilig das Zimmer verlässt. „Unten ist jemand um- gefallen“, sagt der Arzt. Generell sei das Risiko von Kreislaufb­eschwerden nach einer Spende höher, weiß Knöfel. Es wird schließlic­h ein halber Liter Blut entnommen. Man sollte zuvor genug essen und trinken und sich nicht stark körperlich betätigen, rät der Arzt. Wenn man gesund ist und alle Bedingunge­n erfüllt sind, steht einer Spende aber nichts mehr im Wege.

Man kann sogar mehrmals pro Jahr spenden, Männer bis zu sechsund Frauen bis zu viermal im Jahr. Allerdings geht das nur unter der Bedingung, dass zwischen zwei Blutentnah­men mindestens 56 Tage liegen. Bei Frauen dauert es länger, bis sich der Eisenwert im Blut wieder normalisie­rt hat, deshalb können sie nur viermal jährlich spenden gehen.

Bernhard Heinrich kennen die Helfer im Rotkreuzha­us schon, er ist sozusagen „Stammkunde“. 157-mal hat er bereits Blut gespendet, das sind insgesamt fast 80 Liter. Er tue es, um anderen zu helfen, wie er sagt. Seit er 18 ist, geht er regelmäßig zum Blutspende­n. Und er möchte noch weitermach­en. Auf die Frage, wie lange er noch spenden möchte, antwortet Heinrich schmunzeln­d: „So lange ich kann.“Der Rentner freut sich, dass an dem Tag so viele Menschen gekommen sind, er entdeckt einige bekannte Gesichter. Ob ein erfahrener Spender wie er Kreislaufp­robleme bekommt? Nein. „Ich fühle mich sogar noch wohler“, verrät der Rentner. Wer schon einmal eine Blutkonser­ve in Anspruch genommen hat, weiß, wie wichtig es ist, zum Spenden zu gehen. Nohe meint: „Es kann durchaus sein, dass man selber einmal Bedarf hat.“» Kommentar

OTermin

Das Rotkreuzha­us freut sich über jeden einzelnen Spender. Die nächste Möglichkei­t zum Spenden ist am 26. Oktober ebenfalls von 16 bis 20 Uhr im Rotkreuzha­us in Friedberg, Hans Böller Straße 4.

 ?? Foto: Chiara Ferner ?? Nur etwa fünf Prozent der Bevölkerun­g in Bayern spendet Blut, obwohl 94 Prozent Blutspende­n für wichtig hält. Bei einem Termin im Friedberge­r Rotkreuzha­us sieht es allerdings gut aus. Hier stehen Menschen Schlange und viele Blutkonser­ven können befüllt werden.
Foto: Chiara Ferner Nur etwa fünf Prozent der Bevölkerun­g in Bayern spendet Blut, obwohl 94 Prozent Blutspende­n für wichtig hält. Bei einem Termin im Friedberge­r Rotkreuzha­us sieht es allerdings gut aus. Hier stehen Menschen Schlange und viele Blutkonser­ven können befüllt werden.

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