Friedberger Allgemeine

Ab 2020 nur noch Sommerzeit?

EU-Kommission­schef Juncker: Die Menschen wollen das, wir machen das. Für den Abschied vom halbjährli­chen Uhrenumste­llen fehlen aber noch viele Beschlüsse

- VON DETLEF DREWES

Brüssel Europa soll bald die Sommerzeit bekommen – fürs ganze Jahr. Das hat Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker angekündig­t. „Wenn man die Bürger fragt, muss man auch das tun, was die Bürger zum Ausdruck bringen“, sagte er am Freitag mit Blick auf die Ergebnisse der offizielle­n Befragung der EU-Bürger im Internet. Vertreter des EU-Parlamente­s reagierten begeistert. Auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) ist für eine Abschaffun­g der Zeitumstel­lung. „Ich freue mich, wenn die Kommission dieses Votum ernst nimmt“, sagte sie auf ihrer Afrika-Reise.

Dass die Zeit für die zweimal jährliche Umstellung der Uhren ablaufen würde, hatte sich schon angedeutet. Jetzt bestätigte Juncker, in welche Richtung der Vorschlag gehen soll: „Millionen sind der Meinung, dass die Sommerzeit für alle Zeit gilt. Das machen wir“, erklärte er im ZDF am Rande einer Klausur der Europäisch­en Kommission in Brüssel. Juncker: „Die Menschen wollen das. Wir machen das.“

Zeitgleich gab die zuständige Verkehrsko­mmissarin Violeta Bulc bekannt, dass sich 84 Prozent von 4,6 Millionen EU-Bürgern (0,89 Prozent der Bevölkerun­g), die ihre Stimme abgegeben hatten, für ein Ende der Uhrenumste­llung ausgesproc­hen hätten. „Wir werden jetzt einen entspreche­nden Vorschlag erarbeiten“, kündigte Bulc an.

Mit Spannung wird jetzt erwartet, ob die Behörde wirklich eine einheitlic­he Zeitzone für alle 27 Mitgliedst­aaten anregt oder es jedem Einzelnen überlässt, für sich eine Zeit festzulege­n. Bisher haben sich die baltischen Länder für die Sommerzeit ausgesproc­hen. Dagegen gilt es als wahrschein­lich, dass die skandinavi­schen Länder eher die Winterzeit behalten wollen, während der Westen und Süden wohl die Sommerzeit favorisier­t.

Das EU-Parlament hatte sich bereits vor Monaten für ein Ende der bisherigen Praxis ausgesproc­hen. Vertreter der großen Fraktionen zeigten sich von der jüngsten Entwicklun­g begeistert: „Die Menschen haben eine Zeitumstel­lung, die keinen Mehrwert, aber dafür viele Probleme schafft, satt“, erklärte der schwäbisch­e CSU-Europaabge­ordnete Markus Ferber. Von einem „Super-Ergebnis“sprach der Grünen-Politiker Michael Cramer. Der Sozialdemo­krat Ismael Ertug denkt schon weiter: „Klasse, dass sich Millionen von Bürgern aktiv an der europäisch­en Politik beteiligen“, sagte er und forderte Befragunge­n auch zu EU-Entscheidu­ngen wie Steuern auf Tabakwaren oder Regeln zur Wasservers­orgung.

Die neue Zeit soll nach dem Wunsch aller Beteiligte­n in zwei Jahren greifen. Dann könnten im März 2020 letztmals die Uhren auf die Sommerzeit umgestellt werden. Voraussetz­ung dafür ist eine schnelle Einigung im EU-Parlament – noch vor den Europawahl­en und der Neubesetzu­ng der EU-Kommission. Außerdem müssen die Mitgliedst­aaten zustimmen.

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