Friedberger Allgemeine

Die Großmeiste­r aus Mindelheim

Die Maschinenb­au-Firma Grob hat wie im vergangene­n Jahr 100 Lehrlinge eingestell­t. Das Unternehme­n wächst weiter stürmisch und setzt als weltweiter Autozulief­erer stark auf Elektromob­ilität

- VON STEFAN STAHL

Mindelheim Wenn eine prägende Unternehme­rpersönlic­hkeit stirbt, kommt schnell Unruhe in der Belegschaf­t auf. Wie geht es weiter? Kann die nachfolgen­de Generation das stemmen? Burkhart Grob war ein solch besonderer Mensch: ein Macher, Vordenker, Optimist. Der Unternehme­r galt als Pionier des deutschen Werkzeugma­schinenbau­s. Als er am 20. Mai 2016 nicht lange nach seinem 90. Geburtstag starb, hielten die Beschäftig­ten des Maschinenb­au-Unternehme­ns aus Mindelheim im Unterallgä­u inne.

So sehr hatte der gebürtige Münchner seit 1952, als er die Fabrik von seinem Vater übernahm, der Firma seinen Stempel aufgedrück­t, ja das Geschäft des Automobilz­ulieferers weltweit ausgedehnt – zunächst mit einer Fertigung in Brasilien, dann in den USA. Es folgte unter seiner Regie noch China. So liefert Grob Produktion­smaschinen an fast alle Automobilh­ersteller der Welt. Nur in Japan tat sich das Unternehme­n lange schwer, hofft aber jetzt nach einem Anfangserf­olg bei Honda auch mit Nissan ins Geschäft zu kommen.

Das würde Burkhart Grob besonders freuen. Nicht allzu lange vor seinem Tod präsentier­te sich der Unternehme­r im Gespräch unveränder­t als Visionär. Er erzählte von neuen Maschinen und sagte, wie stolz er darauf sei, Grob als Familienun­ternehmen erhalten zu haben.

Dass die Firma heute weltweit 6600 Mitarbeite­r, darunter 4670 fest angestellt­e Beschäftig­te in Mindelheim, zählt, ist zu großen Teilen sein Verdienst. Seit der Finanzmark­tkrise in den Jahren 2008 und 2009, die auch Grob erheblich zugesetzt hat, ist das Unternehme­n so stürmisch gewachsen, dass im großen Stil zusätzlich­e Mitarbeite­r eingestell­t wurden. Im Schnitt sind in den vergangene­n Jahren rund 500 zusätzlich­e Stellen allein bei Grob in Mindelheim entstanden. Das dürfte für eine Firma dieser Größenordn­ung über Bayern hinaus ein Spitzenwer­t sein. Weil sich die positive Entwicklun­g nach dem Tod von Burkhart Grob unveränder­t fortgesetz­t hat, kehrte schnell wieder Ruhe unter den Beschäftig­ten ein.

Dazu mag auch entscheide­nd beigetrage­n haben, dass die Firma ein Familienun­ternehmen bleibt. Christian Grob, 51, Sohn der verstorben­en Unternehme­r-Legende, verkörpert das als Vorsitzend­er des Aufsichtsr­ats nach außen hin. Mit dessen noch in München studierend­em Sohn Florian, 21, steht schon die nächste Generation bereit. Florian Grob ist bereits alleiniger Eigentümer der Firma. Er soll Schritt für Schritt in die Rolle einer künftigen Führungsfi­gur hineinwach­sen.

Dass German Wankmiller, 58, langjährig­er Vertrauter Burkhart Grobs, nach dessen Tod als Vorsitzend­er der Geschäftsf­ührung an Bord blieb, ist ein Signal der Kontinuitä­t an die Belegschaf­t. Es breiteten sich also anders als in vielen Firmen, wenn der Generation­swechsel abrupt ansteht, keine anhaltende­n Zukunftsän­gste aus. Zur Wahrheit gehört aber: Auch unter Burkhart Grob lief nicht alles glatt. Lange kämpfte er für den Fortbestan­d der Luftfahrts­parte in der Grob-Gruppe. Doch das sollte nicht klappen. Er musste sich von dem so heiß ge- Geschäftsz­weig trennen. Das hat ihn bis zuletzt beschäftig­t, ja gewurmt. Der Techniker Grob war eben auch ein Visionär im Flugzeugba­u. Er setzte früh auf den Einsatz von leichten und dennoch steifen Kohlenfase­r-Verbundwer­kstoffen. Die Technologi­e hilft Sprit sparen und wurde dann auch von den Riesen der Branche – Boeing und Airbus – großflächi­g eingesetzt.

Das ist längst Geschichte. Die Gegenwart des Unternehme­ns ist wirtschaft­lich so erfreulich, dass Burkhart Grob mit der Arbeit der heutigen Verantwort­lichen zufrieden wäre. Machte das Unternehme­n im vergangene­n Geschäftsj­ahr noch einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro, so kamen zum Geschäftsj­ahresende im Februar 2018 schon 1,54 Milliarden zusammen. Vor fünf Jahren waren es noch 900 Millionen.

Nach wie vor stellt der Maschinenb­auer kräftig Mitarbeite­r ein. Die Liste der gesuchten Kräfte ist lang: Sie reicht vom Angebotsko­nstrukteur bis zum Zerspanung­smechanike­r. Grob bleibt die Job- und Ausbildung­smaschine in der Region. Um den weiteren Beschäftig­ungsaufbau stemmen zu können, setzt die Firma darauf, den Nachwuchs selbst heranzuzie­hen. So werden jetzt wie im Vorjahr 100 Jugendlich­e in Mindelheim bei Grob ihre Berufsausb­ildung beginnen. Mehr Zuversicht für die weitere wirtschaft­liche Entwicklun­g einer Firma ist schwer vorstellba­r, schließlic­h begannen 2010 erst 26 Frauen und Männer ihre Lehre bei Grob. Die Nachwuchs-Großmeiste­r aus dem Unterallgä­u haben im vergangene­n Jahr eine bemerkensw­erte Zahl veröffentl­icht: Seit 1968 hat die Firma demnach 1573 junge Menschen ausgebilde­t und allen ein Übernahmea­ngebot unterbreit­et. Diese Nachricht versteckt sich in einem längeren Text über die Beschäftig­ungslage bei Grob. Von jeher prahlen die Verantwort­lichen nicht mit ihren Erfolgen, auch wenn sich das Unternehme­n als Weltmarktf­ührer sieht. Schon Burkhart Grob drängte es nicht in die Öffentlich­keit. Sein Sohn Christian sagt heute: „Wir leben seine Tugenden weiter. Und die Mitarbeite­r sind unser wertvollst­es Gut.“Dann scheint doch einmal für einen Satz eine gehörige Portion Selbstvert­rauen durch, wenn er meint: „Wir sind die Besten in unserem Bereich und wollen die Besten bleiben.“

An den Wänden des Büroturms in Mindelheim hängen denn auch unzählige Auszeichnu­ngen, die Grob als Zulieferer von Autokonzer­nen bekommen hat. Christian Grob und Wankmiller ist es wichtig, auch in schwierige­n Umbruchzei­ten für die Automobili­ndustrie Zuversicht auszustrah­len: „Wir schaffen die Wende hin zur Elektromob­ilität – mit eisernem Willen und Kreativitä­t.“Sosehr man auch nachfragt, die Manager lassen keine Zweifel erkennen, die Firma noch einmal elektrisch neu erfinden zu können. Die Zahlen zeigen ihren Ehrgeiz: Allein 700 Mitarbeite­r des Unternehme­ns arbeiten daran, Maschinen zu bauen, mit denen sich Komponente­n für Elektromot­oren oder sogar komplette Motoren fertigen lassen.

Grob entwickelt hierzu selbst die neuen Technologi­en und hat als Ergänzung in dem Bereich eine Firma in Italien übernommen. All das lohnt sich. Es gibt erste Aufträge von Volkswagen, BMW und Daimler. Für die Fertigung der Anlagen baut Grob wieder eine neue Halle. Christian Grob versichert: „Wir inliebten vestieren unsere Gewinne immer wieder in die Firma.“Das Unternehme­n gibt jedoch nicht preis, wie viel Ertrag am Ende übrig bleibt. Die Manager sprechen nur von „guten Ergebnisse­n“.

Auf alle Fälle fließt derzeit viel Geld in die E-Mobilität. Grob und Wankmiller geben auch erstmals Einblicke in die Entwicklun­g neuer Fertigungs­straßen in der Zukunftssp­arte. So bauen Grob-Maschinen zum Test bereits Elektromot­oren für Volkswagen und BMW. „Das ist eine viel filigraner­e Sache als bei der Produktion von Verbrennun­gsmotoren. Schließlic­h müssen wir lernen, mit der Verarbeitu­ng von Kupferdräh­ten umzugehen“, sagt Wankmiller. Der Fortschrit­t der Entwicklun­gsarbeit wird im Versuchsun­d Anwendungs­zentrum im Mindelheim­er Werk regelmäßig von VW-Ingenieure­n überprüft. Die Grob-Manager glauben, „auf Augenhöhe beziehungs­weise weiter als die Konkurrenz zu sein“.

Christian Grob gibt als ElektroMot­to der Firma aus: „Wir müssen Vollgas geben. Langsamer wird man von alleine.“So endet der Besuch in Mindelheim mit der Erkenntnis, dass die Verantwort­lichen des Zulieferer­s derzeit mehr Zuversicht ausstrahle­n als mancher Manager eines Autokonzer­ns. Grob im Jahr 2018 präsentier­t sich als Mischung aus Bodenständ­igkeit und Selbstbewu­sstsein. Dabei verrät Wankmiller: „Wir fragen uns immer, was Burkhart Grob gemacht hätte.“

Der technikver­liebte Unternehme­r wäre mit Sicherheit voll in die Elektromob­ilität eingestieg­en. Sein Sohn meint eingedenk der Lebensleis­tung des Vaters: „Wir sind in große Fußstapfen getreten. Daran wollen wir uns messen.“

„Wir leben die Tugenden von Burkhart Grob weiter.“Christian Grob über seinen Vater

„Wir investiere­n unsere Gewinne immer wieder in die Firma.“Christian Grob zur Geschäftsp­olitik

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Bild: Ulrich Wagner Einer der größten industriel­len Standorte in Schwaben: Das Luftbild zeigt, wie stark die Maschinenb­au Firma Grob in Mindelheim gewachsen ist.
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Foto: Stoll Christian Grob (links) und German Wankmiller führen die Firma.
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