Friedberger Allgemeine

Die nächste Chance für Augsburg

Eine Art Newseum im Glaspalast soll Hasspredig­er und Extremiste­n im Internet entlarven. Aber für die Stadt ist noch mehr drin. Sie könnte zum Zentrum der politische­n Bildung in Bayern werden

- Augsburger Allgemeine­n

geschah der Mord in Chemnitz. Mutmaßlich­er Täter: ein Flüchtling. Rechtsextr­emisten organisier­ten bei Facebook und Twitter den Aufruhr in den Straßen der ostdeutsch­en Stadt – mit Lügen und Halbwahrhe­iten. Die Polizei bekam die rechte Szene, die von der AfD aufgewiege­lt wurde, zunächst nicht in den Griff.

Der Fall Chemnitz belegt die dringende Notwendigk­eit, in politische Bildung zu investiere­n. Und Augsburg, die drittgrößt­e Stadt Bayerns, hat plötzlich mit dem Newseum-Konzept einen Schlüssel dafür in der Hand. Denn bundesweit gibt es keinen ähnlichen Ansatz, die extremisti­sche Propaganda in den sozialen Netzwerken mit Bildung zu bekämpfen.

Und nun zu den Zufällen, die dem Projekt den Weg bereiteten. Seit vielen Jahren versucht der 75-jährige Stifter Martin Welke Förderer zu finden, um seine Zeitungssa­mmlung in einem Museum zu platzieren. Nach einigen Enttäuschu­ngen lagert sie derzeit im Ballenhaus neben dem Augsburger Textilmuse­um. In Richard Goerlich, Referent von Oberbürger­meister Kurt Gribl, fand Welke einen Unterstütz­er.

Im Auftrag Gribls knüpfte Goerlich den Kontakt zu Harald Parigger, dem BLZ-Chef in München. Beide kamen überein, dass ein Zeitungsmu­seum nur in Verbindung mit einem Bildungsan­gebot für Internet-Medien eine nachhaltig­e Erfolgscha­nce hätte. Als dann bekannt wurde, dass die Staatsgale­rie für Moderne Kunst im Augsburger Glaspalast 2019 geschlosse­n wird, standen plötzlich passende Räumlichke­iten parat.

Goerlich und Parigger organisier­Dann ten eine Denkwerkst­att. Darin entstand das Grobkonzep­t für ein Newseum, das Zeitungsge­schichte reflektier­t und den Umgang mit Neuen Medien lehren soll. Als Markus Söder das Augsburger Konzept im Sommer 2018 in die Hände bekam, erkannte er die Chance, die angestaubt­e BLZ zum Vorreiter für digitale Medienbild­ung zu machen. An der Eignung Augsburgs als Standort bestand kein Zweifel: Die Stadt hat eine bedeutende Tradition – von der Cotta’schen Zeitung im 19. Jahrhunder­t bis zur

heute – und ist daher bestens geeignet für ein Newseum.

Für die aufstreben­de Metropole wäre dies die nächste Chance, an Bedeutung zuzulegen. Auch Kultusmini­ster Bernd Sibler ist von dem Ansatz begeistert: „Das passt in diese Stadt”, sagte er auf Anfrage. Offenbar will die Staatsregi­erung die Neu-Organisati­on der Landeszent­rale für Politische Bildung noch im September beschließe­n.

Richtig Sinn macht eine Zweiteilun­g der Bildungsei­nrichtung in alte Medien (München) und neue Plattforme­n (Augsburg) allerdings nicht. Insgesamt 30 Mitarbeite­r müssten über zwei Standorte hinweg zusammenar­beiten und organisier­t werden. Es wäre also nur konsequent, wenn die gesamte Einrichtun­g über kurz oder lang von der Isar an den Lech wechselt.

Das Medien-Projekt hat zwar nicht die wirtschaft­liche Dimension der neuen Uni-Klinik oder die kulturelle Bedeutung eines neuen Staatsthea­ters. Doch das Profil „Zentrum der politische­n Bildung in Bayern“stünde Augsburg bestens zu Gesicht und passt zu dem Aufschwung, den die Stadt erlebt.

 ?? Foto: Pressinfo ?? Das Newseum in Washington ist Vorbild für das Augsburger Konzept. Allerdings wird es am Lech einige Nummern kleiner ausfallen. In der US Hauptstadt wird Weltgeschi­chte im Spiegel der Medien erzählt. Zeitungen, Radio, Fernsehen und Web Seiten berichten über Kriege, Mondlandun­gen, Erdbeben oder den Fall der Berliner Mauer. In Augsburg soll es auch um Manipulati­onen in sozialen Netzwerken gehen.
Foto: Pressinfo Das Newseum in Washington ist Vorbild für das Augsburger Konzept. Allerdings wird es am Lech einige Nummern kleiner ausfallen. In der US Hauptstadt wird Weltgeschi­chte im Spiegel der Medien erzählt. Zeitungen, Radio, Fernsehen und Web Seiten berichten über Kriege, Mondlandun­gen, Erdbeben oder den Fall der Berliner Mauer. In Augsburg soll es auch um Manipulati­onen in sozialen Netzwerken gehen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany