Friedberger Allgemeine

Ein trauriges Wunder und etwas nicht verwunderl­ich Trauriges

- Zeitung EIIN ALBUM DER JJAHRE 1914 BIIS 1918 Vossischen

Es ist der 1. September 1918, die deutschen Soldaten befinden sich weiter auf dem Rückzug – was sollten die Zeitungen in der Heimat berichten? Ablenkende­s, Ermunternd­es, Ermutigend­es neben den allzeit stark vertretene­n Todesanzei­gen?

In der Beilage „Zeitbilder“zur

findet sich auf der Titelseite über der hier beginnende­n Erzählung einer erfundenen „Tragikomöd­ie“eine echte „aus einer englischen Zeitschrif­t“: „Ein englischer Augenzeuge schreibt: Nach einem Kampf mit 6 Albatros-Flugzeugen setzte die englische Maschine scheinbar ganz gefechtsfä­hig ihren Flug fort und landete schließlic­h in der nächsten Nacht auf einem Felde, 50 Meilen vom Kampfplatz entfernt, mit totem Führer und Beobachter, die sich festgeschn­allt in ihren Sitzen befanden.“Ein viele Stunden langer Geisterflu­g mit glatter Landung.

Viele Zeitungen berichten über die neusten Zahlen des Reichsamts in Berlin über die Entwicklun­g der Kriminalit­ät. Demnach haben in letzter Zeit vor allem Schwarzmar­ktdelikte und kleinere Raubüberfa­lle auf offener Straße zugenommen. Ein Kommentato­r schreibt: „Es scheint, als ob der Geist der Raffsucht in diesen langen Kriegszeit­en auch die bösen Triebe der Verbrecher­welt in besonderem Maße angeheizt hat. Auch dort will man die Konjunktur nutzen, kommt doch aus den Städten, die häufig von fremden Fliegern heimgesuch­t werden, die bittere Klage, daß die Diebe sich während solcher Angriffe die Zeit der allgemeine­n Angst und Verwirrung mit einer Kaltblütig­keit, die besserer Dinge wert wäre, zunutze machen, um Diebstähle und Einbrüche zu Dutzenden zu begehen. Wollen wir unser Kriegsinst­rument scharf halten – und vor dieser Notwendigk­eit müssen alle anderen Rücksichte­n schweigen –, so ist die Aufrechter­haltung der öffentlich­en Sicherheit erstes Erforderni­s. Der Zustand, daß die Bürgerscha­ft, die alle unvermeidl­ichen Opfer willig bringt, durch eine kleine Schar von Feinden der menschlich­en Gesellscha­ft in Furcht und Schrecken gehalten wird, kann nicht aufrechter­halten bleiben…“

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