Größtes Glück und größter Schmerz
Das Festival endet mit der Matinee in der Rothenberghalle. Bei den musikalischen Plaudereien steht ein Geschwisterpaar im Mittelpunkt
Friedberg Eine Geschwisterliebe des 19. Jahrhunderts stand im Zentrum der Matinee des Friedberger Musiksommers. Diese Geschwister waren Felix Mendelssohn Bartholdy und seine drei Jahre ältere Schwester Fanny. Das Gesprächskonzert, zu dem Karl-Heinz Steffens zusammen mit Solisten des Festivals in die Rothenberghalle eingeladen hatte, protokollierte den innigen Dialog, die blitzgescheiten Gedanken, gegenseitige Empfindungen und den Gleichklang ihrer musikalischen Anschauungen. Darüber hinaus vermittelte es eine Ahnung von Fannys grandioser Fähigkeit als Komponistin.
Wie ihr Bruder war auch Fanny musikalisch außergewöhnlich begabt. Beide Geschwister wurden in jungen Jahren von den besten erreichbaren Lehrern unterrichtet. Doch während Felix zum Star der Familie und zum berühmten Komponisten heranwuchs, blieb seiner Schwester eine Karriere als Musikerin und Komponistin verwehrt. Den gesellschaftlichen Konventionen gehorchend, machte der Bankier Abraham Mendelssohn seiner Tochter unmissverständlich klar: „Die Musik wird für Felix vielleicht zum Beruf, während sie für dich stets nur Zierde, niemals Grund deines Seins und Tuns werden kann und soll.“
Auch ihr Bruder sprach sich entschieden gegen eine Veröffentlichung von Fannys Werken aus, ließ jedoch einige ihrer Klavierstücke unter seinem Namen drucken. Erst kurz vor ihrem Tod erteilte der Bruder der Schwester seinen Segen.
Mit geradezu virtuoser Leichtigkeit pinselte Felix Noten aufs Papier, frühe Meisterwerke von bestechender Reichhaltigkeit. Heinrich und Carl Baermann, zwei Virtuosen der Klarinetten machten auf einer Konzertreise Station in Berlin und vereinbarten einen Besuch im Hause von Felix Mendelssohn Bartholdy. Vater und Sohn Baermann sollten in der herrschaftlichen Küche der Mendelssohns für ein Gericht mit Dampfnudeln und Rahmstrudel sorgen, wonach es Mendelssohn seit einem Besuch bei Baermann in München gelüstete. Mendelssohn seinerseits würde derweil komponieren für Heinrich Baermann. Es entstand ein Konzertstück für Klarinette, Bassetthorn und Klavier, das schon am Abend mit Mendelssohn am Klavier geprobt werden konnte. Karl-Heinz Steffens und Werner Mittelbach intonierten dieses Stück am Ende des Konzerts. Zu hören waren auch Ruth Ron und Michal Friedländer mit Liedern ohne Worte, jeweils von Fanny und Felix. Auch in den folgenden Liedern, gesungen von Anne Steffens, wurden die beiden Komponisten gegenübergestellt. Zwei Stücke für Violine (Faller) und Cello (Böhmer) waren ebenfalls zu hören.
Folgt ein tragisches Finale, als müsse großes Glück mit großem Schmerz bezahlt werden. Fannys plötzlicher Tod stürzt den Bruder Felix in tiefste Verzweiflung.