Geflüchtete lernen Arabisch
Deshalb bringt Moustafa Jindi Kindern in Friedberg ihre Muttersprache bei
Friedberg Ein Mensch solle seine Muttersprache nicht vergessen, findet Moustafa Jindi. Seine eigene Muttersprache und die seiner Familie ist Arabisch. Jindi lebt seit einem guten Jahr in Friedberg-Ottmaring. Über den Familiennachzug folgte er seiner Frau und seinen drei Kindern, die schon vor über zweieinhalb Jahren in Friedberg angekommen waren. Seine Tochter Yasmin ist 13 Jahre alt und spricht fließend Deutsch. Sie übersetzt für ihren Vater.
Über die Sommerferien brachte der Familienvater ein neues Projekt auf den Weg. Jeden Freitag bot er in den Räumlichkeiten des Pfarrzentrums einen Arabischkurs für Kinder an. Der gebürtige Syrer weiß, was er tut: In seiner Heimat hat er als Lehrer gearbeitet, sogar an der Universität als Dozent den Studenten arabische Grammatik beigebracht. Seit sieben Jahren herrscht in Syrien Krieg. Viele Kinder hätten nie eine Schule besucht, bevor sie nach Deutschland gekommen seien. „Wenn der Krieg eines Tages endet und manche Menschen wieder zurück in die Heimat wollen, haben wir dort ein Problem“, erklärt Jindi. Das klingt, als ob er mit seiner Fa- milie sofort zurück nach Syrien wolle, wenn dort Frieden ist. Als würden sie sich gar nicht integrieren wollen? Dem widerspricht Jindi energisch. Er könne sich gut vorstellen, dass seine Kinder gerne in Deutschland bleiben würden, wenn sie erwachsen sind. Deutsch, Englisch, Französisch – all das würden der Nachwuchs in der Schule lernen. Aber eben kein Arabisch. Dass den Kindern später einmal alle Möglichkeiten offen stehen, ist dem gebürtigen Syrer wichtig. Viele Experten vertreten die These, dass es Kindern leichter fällt, eine neue Sprache zu erlernen, wenn sie verstehen, wie ihre eigene Muttersprache funktioniert.
Den Unterricht hat Jindi in drei Komponenten aufgeteilt: Sprache, Geschichte und Kultur. Dem Familienvater ist es wichtig, dass die Kinder und Jugendlichen auch Normen und Werte lernen. Ein Schüler ist dafür verantwortlich, dass alle ihre Schuhe ausziehen und ordentlich hinstellen. Ein zweiter passt auf, dass das Licht ausgeschaltet wird, wenn der Unterricht zu Ende ist. Jindi möchte den Kindern beibringen, wie man respektvoll miteinander umgeht.
Viele Regeln, die es in Deutschland gibt, findet der Lehrer gut. Dass Regeln herrschen im öffentlichen Raum und dass Jugendliche hier nicht trinken und rauchen dürfen. Das fehle in seiner Heimat. So erklärt sich Jindi, dass sich manche jungen Landsleute hier mitunter nicht benehmen. Jemand müsse ihnen beibringen, wie sie sich verhalten sollen. In arabischen Ländern gehöre so etwas auch zur Rolle eines Lehrers, sagt der gebürtige Syrer.
Rund 15 Schüler haben während der Sommerferien bei Jindi gelernt. Die meisten von ihnen stammen auch aus Syrien. Ein paar haben marokkanische Wurzeln. Die Religion der Kinder spiele keine Rolle, sagt er. Zwar wird das Hocharabische häufig mithilfe des Korans gelehrt, Jindi verwendet aber auch Gedichte und Geschichten, um den Kindern die Sprache beizubringen.
Auch nach dem Ende der Ferien möchte Jindi mit dem Projekt weitermachen. Jeden Samstag, stellt er sich vor, zwei bis drei Stunden lang. Damit sich für die, die aus einem der Friedberger Stadtteile anreisen müssen, auch das Busticket lohne, sagt er.