Weniger Grund-, aber mehr Mittelschüler
Zahlen und Fakten zum neuen Unterrichtsjahr. Ganztagsangebote werden immer beliebter
Schüler, Lehrer, Klassen: Jedes Jahr kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs rauchen im Staatlichen Schulamt die Köpfe. Die Mitarbeiter rechnen und vergleichen, als ob sie in der Mathematikstunde säßen. Hier ihre aktuellen Zahlen für die Stadt Augsburg:
● Grundschule 2283 Mädchen und Buben freuen sich an diesem Dienstag auf ihren ersten Schultag. Das sind 52 mehr als im Vorjahr. Insgesamt verteilen sich 8950 Kinder auf die 30 Grundschulen im Stadtgebiet, das sind 29 weniger Erst- bis Viertklässler als im Vorjahr.
● Mittelschule Hier gibt es Überraschendes zu vermelden. Wie im Vorjahr ist die Zahl der Mittelschüler in Augsburg entgegen dem Schwaben-Trend gestiegen – diesmal um 119. Damit besuchen aktuell 5049 Schüler die Klassen 5 bis 10.
● Weiterführende Schulen Die Gymnasien und Realschulen geben ihre Schülerzahlen erst in ein paar Wochen bekannt.
● Klassenstärken Statistisch gehen in jede Grundschulklasse 19,98 und in jede Mittelschulklasse 18,77 Schüler. Klassen über 25 gibt es in Augsburg insgesamt nur fünf. Dass die Klassen klein gehalten werden, liegt an der vielfältigen Herkunft der Kinder und Jugendlichen in Augsburg. Sobald mehr als die Hälfte Migrationshintergrund hat, was sehr häufig ist, darf die Klasse nicht mehr als 25 Schüler aufnehmen.
● Lehrer In Deutschland fehlen Zehntausende von Lehrkräften vor allem in Grund- und Mittelschulen. Schulamtsleiter Markus Wörle spricht jedoch von einer „guten Personalversorgung“in Augsburg. Insgesamt 1524 Lehrerinnen und Lehrer unterrichten an den Grund- und Mittelschulen. Darin enthalten sind 94 Lehramtsanwärter sowie 32 Gymnasial- und Realschullehrer. Quereinsteiger aus anderen Berufen, die in anderen Bundesländern den Lehrermangel ausgleichen sollen, werden in Augsburg nicht eingesetzt.
● Ganztagsbetreuung Sie wird immer beliebter. Aktuell sind an 14 Grundschulen für insgesamt 1029 Schüler 58 gebundene Ganztagsklassen eingerichtet. In der Mittelschule sind es elf Standorte mit 52 Klassen für 868 Schüler. Hinzu kommt die offene Ganztagsbetreuung, die 1156 Kinder an den Grundschulen und 463 Schüler an den Mittelschulen in Anspruch nehmen.
● Inklusion bedeutet, dass Kinder mit unterschiedlichem Lern- und Förderbedarf gemeinsam unterrichtet werden. Auch an den Augsburger Grund- und Mittelschulen sitzen Hochbegabte und Schüler mit Handicaps in einer Klasse. Seit sieben Jahren gibt es das Schulprofil Inklusion in der Stadt, es wird an fünf Grund- und einer Mittelschule umgesetzt. Alle Bildungsstätten arbeiten mit Förderzentren zusammen. Daneben gibt es andere Kooperationsmodelle, etwa Partnerklassen. Hier wird eine Klasse eines sonderpädagogischen Förderzentrums in einem Teil der Fächer gemeinsam mit einer Grundoder Mittelschulklasse unterrichtet. ● Besonderheiten Das Modellprojekt Bilinguale Grundschule Englisch wird an der St.-Anna-Grundschule im Zentrum und an der Westpark-Schule in Pfersee angeboten. An der Elias-Holl-Schule (Jakobervorstadt) geht das Modellprojekt mit Französisch ins zweite Jahr. An den Grundschulen Hochzoll-Süd und St. Max gibt es jahrgangskombinierte Klassen (1/2) und (3/4). In beiden wird auch die flexible Grundschule angeboten. Mädchen und Buben haben die Möglichkeit, das Pensum der Jahrgangsstufen 1 und 2 in ein, zwei oder drei Jahren zu bewältigen. »
„Am meisten freue ich mich auf meine Schultüte“, sagt die sechsjährige Sinem kurz vor ihrem großen Tag. Am Dienstag geht es für sie zum ersten Mal in die Elias-HollGrundschule. Doch Sinem und die anderen Erstklässler kommen schon seit Anfang September jeden Tag in das Schulhaus an der Jakobermauer. Dort besuchen sie nicht nur die erste Klasse: Nach dem Unterricht geht es für 27 Kinder in den angegliederten Hort, der im Keller desselben Gebäudes seine Räume bezogen hat. Um sich insgesamt besser an den neuen Schulalltag und den Nachmittag in der Kinderbetreuung zu gewöhnen, durften die künftigen AbcSchützen schon etwas früher als alle anderen Schulhausluft schnuppern.
Kurz vor Schulbeginn ist die Spannung natürlich groß: „Ich hoffe, dass wir nicht so strenge Lehrer kriegen“, sagt der sechsjährige Sebastian. Rechnen kann der künftige Erstklässler schon ein wenig, ohne Probleme bildet er die Summe aus vier und vier und zwei: „Zehn, das ist doch klar!“
Für viele Eltern bedeutet der Schulstart ihrer Sprösslinge eine zeitliche Herausforderung, weil die Erstklässler zwei Mal pro Woche nur bis 11.30 Uhr Unterricht haben. „In der Grundschule benötigen eigentlich mehr Eltern einen Betreuungsplatz als im Kindergarten“, erklärt Erzieherin Monika Imach, die den Hort in der Elias-Holl-Grundschule leitet. Denn während viele Kitas zum Beispiel eine Betreuung bis zum späten Nachmittag anbieten, entfällt diese Option mit dem ersten Schultag häufig – es sei denn, man bekommt einen Platz im Hort. Insgesamt 75 Kinder im Alter von sechs bis zwölf Jahren besuchen den Hort von Monika Imach.
Die Plätze dort sind begehrt, denn ein rechtlicher Anspruch, wie etwa auf einen Kitaplatz, besteht nicht. Die Anmeldung startet deshalb schon immer zum Jahresanfang, ganze neun Monate vor Schulbeginn. Imach und ihre Kolleginnen priorisieren die Anmeldungen dann nach Bedarf: „So bekommt am Ende jeder das, was er braucht“, hofft die Erzieherin. Weil die Nachfrage nach den Betreuungsplätzen so groß war, hat die Grundschule sogar noch einen weiteren Hort eröffnet, in mit einer offenen Ganztagsschule.
„Die ersten drei bis fünf Wochen sind die Kinder Feuer und Flamme“, berichtet die Pädagogin aus ihrer Erfahrung, „Doch dann kommen die ersten kleinen Durchhänger.“Bei Erstklässlerin Raheel ist momentan eher das Gegenteil der Fall: Die quirlige Sechsjährige kann es kaum erwarten, auch endlich zur Schule zu gehen, so wie ihre beiden älteren Brüder.
Ein bisschen Sorge macht ihr nur eine Sache: „Da muss man sich auch immer melden, wenn man was sagen will.“Doch letztlich überwiegt auch bei ihr die Vorfreude. „Am meisten freue ich mich auf den Hort“, gibt sie grinsend zu.
Nach Schulschluss ziehen die Betreuerinnen mit den Kindern erst einmal eine Runde über den weitläufigen Schulhof. „Sonst würde ja der Schulweg fehlen“, erklärt Hortleiterin Monika Imach, „und das ist bekanntlich das Coolste an der Schule.“Das lange Stillsitzen ist für die Erstklässler Gewöhnungssache, zum Austoben bietet der großflächige Schulhof unter den dichten Kastanienbäumen genug Platz. Seit verKombination gangenem Sommer steht dort ein weitverzweigtes Holzklettergerüst und auch in den Räumlichkeiten des Horts wartet jede Menge Freizeitspaß zum Ausgleich für den neuen Schultag.
Nach dem Mittagessen müssen die Schüler zwar erst einmal Hausaufgaben machen, doch sobald die erledigt sind, dürfen sie ihren Interessen entsprechend selbst das Nachmittagsprogramm bestimmen, erklärt Leiterin Monika Imach: „Das ist uns sehr wichtig, denn das ist wohl der größte Unterschied zwischen Schule und Hort.“