Ärger über Radfahrer am Judenberg
Die enge Verbindung zwischen Maximilianstraße und Altstadt ist eigentlich ein Fußweg. Doch nicht jeder Radler schiebt. Passanten beklagen die Situation in dem Nadelöhr. Die Stadt setzt auf Kontrollen
Helga Kraus geht gerne durch die Altstadt. Schließlich ist die 81-Jährige dort geboren und aufgewachsen. Doch die Augsburgerin beklagt, dass es am Judenberg ein zunehmendes Problem mit Fahrradfahrern gebe. Sie ist nicht die Einzige, die sich darüber beschwert.
Seit gut einem Jahr ist der Judenberg baustellenfrei. Viele Augsburger und Besucher nutzen den kurzen, steilen Anstieg, um von der Altstadt nach oben in die Maximilianstraße zu gelangen – oder umgekehrt. Auf dem schmalen Berg, der zu einer Hälfte aus Treppen besteht, drängen sich die Passanten oft wie durch ein Nadelöhr. Eltern mit den Kleinen an der Hand, mit Kinderwagen, Senioren mit Rollatoren, Passanten, die nebeneinander gehen, weil sie sich gerade unterhalten –häufig wird es eng. Dann ist gegenseitige Rücksichtnahme gefragt. Darum haben einige Passanten kein Verständnis für Radfahrer, die am Judenberg nicht absteigen und schieben, sondern fahren.
„Neulich lief ich zur Mittagszeit den Judenberg hoch“, schildert Helga Kraus eine Situation von mehreren, die sie schon erlebt hat. Da kam ihr und ihrem Mann um die Kurve ein Mountainbiker entgegen. Schnell sei er gewesen. „Mein Mann
Viel Arbeit für den Ordnungsdienst
und ich sind erschrocken. Wir haben uns gerade noch an die Wand gedrückt“, erzählt die Seniorin. Sie fordert strengere Strafen für die ihrer Meinung nach rücksichtslosen Radler. Das Radfahren ist am Judenberg in der Tat verboten.
Sowohl oben als auch unten machen Schilder darauf aufmerksam, dass der kurze Berg ein Fußweg ist. Bereits im Jahr 1901 hatte die Stadt Vorschriften für den Radverkehr erlassen. Schon damals war das Radfahren am Judenberg nicht erlaubt. Ob sich die Menschen daran hielten, ist nicht überliefert. Heute jedenfalls scheren sich einige Radfahrer nicht um die Fußgänger-Schilder. Werner Ullmann, der mit seiner Frau die Guzzie-Bonbonmanufaktur in der Altstadt betreibt, macht das richtig sauer. Er hat sich schriftlich bei der Stadt beschwert. Denn vor ein paar Tagen erlebte Ullmann Situation, die für ihn das Fass zum Überlaufen brachte, wie er sagt. „Mein zwölf Wochen alter Welpe an der Leine wurde am Judenberg von einer Fahrradfahrerin gestreift. Zum Glück ist ihm nichts passiert.“Er findet das Verhalten unverantwortlich und gefährlich. „Es sind schließlich auch Kinder und alte Leute unterwegs.“Problematisch sieht er auch die Situation im nahe gelegenen Bauerntanzgäßchen, das ebenfalls als Fußweg ausgeschildert ist. Trotzdem steigen dort Radfahrer selten ab. Nach seinem Brief an die Stadt habe das Ordnungsamt am nächsten Tag am Judenberg kontrolliert, berichtet Ullmann. „Ein Tag reicht aber nicht. Das muss kontinuierlich durchgezogen werden, sonst ändert sich nichts“, ist seine Meinung. Seit Anfang des Jahres fanden am Judenberg 96 Kontrollen statt, sowohl für Radfahrer als auch für Bettler“, informiert Ordnungsreferent Dirk Wurm auf Anfrage.
Lediglich 19 Fahrradfahrer seien beanstandet worden. Das reguläre Bußgeld betrage 15 Euro, bei Gefährdung oder Behinderung können 25 Euro fällig werden. Wurm hat Rücksprache mit den Außendienstkollegen des Ordnungsdienstes gehalten. Sein Fazit: „Als Brennpunkt kann der Judenberg keinesfalls bezeichnet werden.“Aber leider gebe es im gesamten Stadtgebiet Radfahrer, die sich nicht an die Straßenverkehrsordnung hielten.
Das Bauerntanzgäßchen ist Wurm bislang nicht als Problemstelle bekannt. „Der Ordnungsdienst ist in der Altstadt mit den dazugehörigen verkehrsberuhigten Bereichen regelmäßig mehrmals in der Woche unterwegs“, sagt der Ordnungsreferent. Aber noch häufieine gere Kontrollen seien personell nicht zu schaffen. Schließlich gebe es für den Ordnungsdienst viele andere Einsatzorte, wie Rathaus- und Königsplatz, Badeseen, Spielplätze oder Oberhauser Bahnhof. „Gerade der schöne, lange Sommer hat die Mitarbeiter des Ordnungsdienstes stark beansprucht.“Einer, der den Judenberg dafür immer im Blick hat, ist Majed Al Naser.
Sein kleiner Laden Kichererbse liegt in der Kurve des Judenbergs. Seit 20 Jahren verkauft Al Naser dort seine Falafel. Bei schönem Wetter sitzt er gerne auf einem Holzstühlchen vor dem Laden und raucht. „Ja, es fahren hier viele mit dem Fahrrad herunter. Am schlimmsten ist es ab 16 Uhr.“Oft bekomme er Streitereien zwischen Fußgängern und Radfahrern mit. „Früher habe ich mich manchmal eingemischt. Aber inzwischen ...“ Er zuckt mit den Achseln. „20 Jahre das Gleiche. Für mich ist das normal geworden.“