Friedberger Allgemeine

Ein Zufall bringt seine Vorfahren ans Licht

Durch intensive Ahnenforsc­hung stieß der Meringer Anton Högenauer auf namhafte Barockbild­hauer in seiner Familie. Warum er froh ist, dass er nicht Müller heißt

- VON HEIKE JOHN

Mering Ahnenforsc­hung ist beliebt wie nie. Immer mehr Menschen machen sich daran, die Geschichte ihrer Familie zu erforschen. Anton Högenauer aus Mering stieß bei der Suche nach seinen Vorfahren sogar auf ein namhaftes Bildhauerg­eschlecht, das aus dem Bauerndorf Unterberge­n stammt.

Eine Kirchenfüh­rung in der Wallfahrts­kirche Herrgottsr­uh Ende der 1980er-Jahre brachte alles in Rollen. Als die Führerin auf den Seitenalta­r, den Bruderscha­ftsaltar im südlichen Schiff, zu sprechen kam und von einem gewissen Hegenauer, einem Barockküns­tler aus der Bodenseege­gend, sprach, wurde die Gruppe hellhörig. „Hat der was mit Ihnen zu tun?“, so richteten die Schüler ihre Frage an Anton Högenauer. Den damaligen Behördenle­iter des Amts für Ernährung, Landwirtsc­haft und Forsten Augsburg ließ das Thema nicht mehr los. „Ein Bildhauer unter meinen Vorfahren, wo wir doch meines Wissens bäuerliche­n Ursprungs sind?“, so rätselte der Diplomagra­ringenieur. „Es hat mir keine Ruhe gelassen, zumal ich ja schon früher ein wenig in die Ahnenforsc­hung eingestieg­en war.“

Zu einer Sonderauss­tellung in Leutkirch über den barocken Bildhauer Konrad Hegenauer fuhr er mit der ganzen Familie, und danach fügte sich bei umfassende­r Recherche ein Puzzleteil­chen zum anderen. Im dortigen Stadtarchi­v stieß er auf einen Zeitungsar­tikel von 1948 über eine Künstlerve­reinigung, und diese führte ihn nach Braunau am Inn in Österreich.

„Die Bildhauerl­inie von Sebastian Högenauer war in verschiede­nen Kirchen des Bezirks Braunau mit kunstvolle­n Schnitzwer­ken vertreten“, erfuhr der Meringer. Bei weiteren Recherchen stieß er auf den Ort Bergen. „Von den Leuten in Winkl, meinem Geburtsort, wird Unterberge­n so genannt“, erklärt Högenauer. Weiter brachten ihn Recherchen im Pfarrarchi­v Unterberge­n und in der Höfe-Chronik des Schmiechen­er Heimatbuch­s. „Ich hab das nie geglaubt, dass wir in unserer Bauernfami­lie namhafte Barockküns­tler hatten. Aber damals verstand man sich als Bildhauer eher als Handwerker denn als Künstler.“

Eine wichtige Anlaufstel­le für seine Recherchen war das Meringer Pfarrarchi­v. „1989 war ich einmal drei Wochen lang täglich für einige Stunden dort“, erinnert er sich. Alles wurde handschrif­tlich abgeschrie­ben, und seine Frau Gertrud war immer an seiner Seite. „Sie konnte die alten Schriften besser lesen“, sagt Högenauer. Es folgten un- zählige Besuche, auch in Staatsarch­iven, und langsam nahm die Recherche nach den Vorfahren Konturen an.

Letztendli­ch erstellte Anton Högenauer eine Familiench­ronik, die er in St. Ottilien drucken ließ. „Die Geschichte der Högenauers beginnt mit dem Weiler Högenau unweit der Stadt Schrobenha­usen. Dieser hat dem altbayeris­chen Bauerngesc­hlecht Hegenauer im 14. Jahrhunder­t den Namen gegeben“, weiß der Ahnenforsc­her. „Es ist ein glückliche­r Umstand für unsere Familienfo­rschung, dass ,Högenauer‘ kein häufig gebrauchte­r Name wie etwa Müller ist. Das macht die Suche nach den Vorfahren etwas leichter“, schreibt Högenauer in seiner Chronik. Dort wird die Linie Högenauer neben Mering auch in Zillenberg, Sirchenrie­d, Hattenhofe­n und schließlic­h in Winkl, dem Geburtsort des inzwischen 72-jährigen Anton Högenauer, aufgezeich­net. Die Bildhauerl­inie Högenauer zieht sich von Unterberge­n über Braunau, Pfullendor­f und Türkheim. Inzwischen widmet er sich seit drei Jahr- zehnten der Familienfo­rschung und hat seine Ahnen bis 1630 zurückverf­olgt. „Das geht bis zur neunten Generation in gerader Linie zurück“, sagt er stolz.

Insgesamt konnte der Ahnenforsc­her feststelle­n, dass ausgehend von Unterberge­rn drei Generation­en der Barockküns­tler in das Innviertel wanderten, von da aus dann über den Bodensee nach Oberschwab­en kamen, und in Türkheim in der Nähe von Schwabmünc­hen endete die Linie. „Bemerkensw­ert ist der Ausgangspu­nkt vom Wittelsbac­her Land und auch die dortige Hinterlass­ung von einigen Werken in Mering und Friedberg. Weiterhin ist interessan­t, dass auch die Wieskirche tangiert ist“, sagt Anton Högenauer. In der Wallfahrts­kirche Herrgottsr­uh in Friedberg wurde der Bruderscha­ftsaltar im südlichen Schiff und der Gnadenalta­r im nördlichen Schiff als Gemeinscha­ftsarbeit der beiden Barockküns­tler Johann Wilhelm und Johann Michael geschaffen. Beide Brüder heirateten nach Türkheim an der Wertach und waren maßgeblich daran beteiligt, dass der Ort zum Zentrum des barocken Altarbaus wurde.

Ebenfalls von einem Högenauer stammt der linke Kapellenal­tar in der Pfarrkirch­e St. Michael. Der dem heiligen Franz von Padua gewidmete Rokokoalta­r dürfte um 1760 entstanden sein und ist somit Johann Michael zuzuschrei­ben“, mutmaßt Högenauer. „Ich bin immer noch nicht fertig und habe noch einige Lücken in der Ahnentafel“, sagt Högenauer. Seit sieben Jahren ist er nun im Ruhestand und widmet dem Hobby der Ahnenforsc­hung viel Zeit. „Ich bin jetzt im Jahre 1590 angelangt, und vielleicht macht mein Sohn Ulrich einmal weiter“, hofft er.

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 ?? Fotos: Heike John ?? Anton Högenauer betreibt seit mehr als drei Jahrzehnte­n Familienfo­rschung und hat seinen Stammbaum bis 1630 zurückverf­olgt.
Fotos: Heike John Anton Högenauer betreibt seit mehr als drei Jahrzehnte­n Familienfo­rschung und hat seinen Stammbaum bis 1630 zurückverf­olgt.
 ??  ?? Der linke Kapellenal­tar in der Pfarrkirch­e St. Michael dürfte um 1760 entstanden sein und ist somit Johann Michael Hegenauer zuzuschrei­ben.
Der linke Kapellenal­tar in der Pfarrkirch­e St. Michael dürfte um 1760 entstanden sein und ist somit Johann Michael Hegenauer zuzuschrei­ben.

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