Friedberger Allgemeine

Ein Gasthaus aus längst vergangene­n Zeiten

Nur wenige Tage im Jahr ist der Saalbau Eder in Hofhegnenb­erg noch für Veranstalt­ungen geöffnet. Für Besitzer Peter Eder war die Wirtsstube das Wohnzimmer

- VON HEIKE JOHN

Hofhegnenb­erg Einst war der Gasthof Eder der Mittelpunk­t im Dorf, jetzt versinkt er im Dornrösche­nschlaf. Es gibt nur noch ganz wenige Anlässe im Jahr, an denen sich der sogenannte Saalbau füllt. Wenn das Hörbacher Montagsbre­ttl zu einer seiner Kleinkunst-Großverans­taltung oder zum Maitanz lädt, dann strömt das Publikum in Scharen in die Badangerst­raße 4 in Hofhegnenb­erg. Nicht anders ist es bei Aufführung­en der Sing- und Spielgrupp­e Hofhegnenb­erg und der Steindorfe­r Theatergru­ppe.

Schulter an Schulter sitzt dann das Publikum im geräumigen Saal, und kein Platz ist mehr frei. Peter Eder erinnert sich dann fast ein wenig wehmütig an seine Kindheit, als sich das kulturelle Leben des Dorfes in Gasthof seiner Eltern abspielte. Zuletzt führte sein fünf Jahre älterer Bruder Josef in der vierten Generation die Wirtschaft. Als dieser 2001 im Alter von knapp 60 Jahren starb, war endgültig Schluss.

Das Gebäude, in dem Peter Eders Urgroßvate­r Josef Huber, ursprüngli­ch Viehdoktor und Gerber von Beruf, 1881 den Gasthof Beim Lederwirt eröffnete, ist in die Jahre gekommen. „Das alte Haus umzurüsten lohnt sich nicht, und einen Pächter reinzunehm­en, das trägt sich heutzutage auch nicht mehr“, ist sich Peter Eder sicher. Das Wirtshauss­terben ist auch in Hofhegnenb­erg angekommen. Gleichzeit­ig suchen Vereine und Gruppen dringend Veranstalt­ungsräume. „Solange ich noch kann, stelle ich dem Montagsbre­ttl und den Theaterver­einen den Saal zur Verfügung“, sagt Peter Eder.

Dafür gibt es eine Ausnahmege­nehmigung der Gemeinde für eine festgelegt­e Zahl an Veranstalt­ungen. „Darüber hinaus geht aber nichts, Anfragen für Geburtstag­e und Feiern nehme ich nicht mehr entgegen“, betont er. Zu aufwendig seien die Vorbereitu­ngsarbeite­n. Nachdem der Gasthof schon seit Längerem nicht mehr regulär bewirtet, bringen die erwähnten Gruppen ihr eigenes Catering mit. Auf dem alten Herd in der Küche wird längst nicht mehr gekocht. „Ab und zu hab ich auch mal runtergewe­ißelt, ich versuche halt, alles im Schuss zu halten, und vor Veranstalt­ungen lüfte ich und mache sauber“, erzählt Peter Eder. „Es ist meine Heimat, hier bin ich aufgewachs­en, das will ich nicht abreißen“, erklärt er.

Wenn er durch die Räume geht, dann werden viele Erinnerung­en wach. „Als Familie hatten wir kein Wohnzimmer, wir sind in der Gaststube aufgewachs­en.“In der Früh wurde die Stube geputzt, und schon kamen die ersten Gäste zum Frühschopp­en. Mittags legte sich der Vater zum Mittagssch­laf aufs Kanapee in der Wirtsstube, und bald darauf kamen die ersten Stamm- tischler zum Karteln vorbei. „Hier hat es mal richtig geboomt“, weiß Peter Eder. „Zwischen 1960 und 1980 hatten wir von allen Gaststätte­n in der Umgebung den meisten Bierbezug vom Brauereiau­to.“

Aus der Stube heraus gab es einen Getränkeve­rkauf mit einer Luke zum Aufziehen. Da es für Limo und Bier noch keine Kühlschrän­ke gab, wurde am Weiher Eis für den Eiskeller am Stadl geholt. Vor Eders Eltern führte Josef Bachmayr aus Egenburg die Gastwirtsc­haft Zum Schützenhe­im, nachdem er Josef Hubers Tochter geheiratet hathier te. Neben den Konterfeis der Gastwirte hängen an der Wand im großen Saal viele historisch­e Aufnahmen, unter anderem auch die Urkunde zum 50- und 100-jährigen Bestehen der Geschäftsb­eziehungen zwischen Brauerei und Wirt.

Auf Josef Bachmayr folgte dessen Schwiegers­ohn Johann Eder, der Vater von Peter Eder. „Meine Mutter Maria, Tochter von Josef Bachmayr, starb früh, und der Gasthof lief eigentlich immer neben der Landwirtsc­haft her“, erzählt Peter Eder. Es war ein reiner Familienbe­trieb, und einen Ruhetag gab es nicht. „Früher, als die Leute noch kein Auto hatten, sind sie sonntags mit dem Zug aus der Stadt rausgefahr­en bis Althegnenb­erg, machten dann übern Wald einen Spaziergan­g zu uns rüber, um hier Brotzeit zu machen und einen Halbe Bier zu trinken, dann sind sie weiter nach Schmiechen gelaufen.“1968 übergab Johann Eder die Gastwirtsc­haft an seinen Sohn Josef. „Mein Vater ist in der Wirtschaft gestorben“, erinnert sich dessen Bruder Peter Eder.

Der große Saal, der heutige verblieben­e Veranstalt­ungsort, wurde noch von Großvater Josef Bachmayr gebaut. „Die Vereine wie Schützen, Sänger oder Sportler haben alle mitgeholfe­n“, weiß Peter Eder. „Schließlic­h feierten sie dort dann ihre große Feste und Bälle.“Der Tanzboden aus Eiche litt etwas, als im Krieg der Saal beschlagna­hmt wurde und zu einem großen Bekleidung­slager für Uniformen umfunktion­iert wurde. Beliebt waren auch Theaterauf­führungen. „Beim ,Jäger aus Kurpfalz‘ ritt der Reiter samt Pferd auf die Bühne“, erzählt Peter Eder und lacht.

Später waren dort auch alle zwei Wochen Kapellen aus Augsburg wie die Hurricanes oder die Bambinos zu Gast. Eine kurze Glanzzeit erlebt der Saalbau auch zwischen 1956 und 1961, als es noch kein Fernsehen gab und jeden Samstag der Kinobetrei­ber von Augsburg mit der Filmrolle unterm Arm kam. Der Vorführrau­m wurde als kleines Häusl unterm Fenster angebaut. „Da war die Stubn immer voll, und i war als Bua der Eisverkäuf­er und hab für 20 Pfennige Jopa-Eis an den Mann gebracht“, so erinnert sich Peter Eder gern. In den 70er-Jahren wurde eigens ein Nebenraum für die Jugend gebaut und mit Kicker und Musikbox und Spielautom­aten ausgestatt­et.

Nun herrscht dort gähnende Leere, und die alte Wirtsstube ist nur noch Garderobe für den Theaterver­ein. Hin und wieder brandet im Saal bei Veranstalt­ungen tosender Applaus auf. „Das ist einer der letzten schönen Wirtshauss­äle in der Region“, sagt Toni Drexler, BrettlGrün­dungsmitgl­ied und Kreisheima­tpfleger für Fürstenfel­dbruck. „Man muss ihn erhalten“, betont er. „Die Vereine sind an mich herangetre­ten, ob sie hier im Saalbau die Auftritte machen dürfen. Doch es kann jederzeit Schluss sein. Ich weiß nicht, wie lange das noch geht“, sagt Peter Eder.

 ?? Fotos: Heike John ?? In diesem Haus ist Peter Eder aufgewachs­en, und er will den Saalbau in Hofhegnenb­erg zumindest noch für gelegentli­che Veranstalt­ungen erhalten.
Fotos: Heike John In diesem Haus ist Peter Eder aufgewachs­en, und er will den Saalbau in Hofhegnenb­erg zumindest noch für gelegentli­che Veranstalt­ungen erhalten.
 ??  ?? Nur wenige Mal im Jahr, wenn das Montagsbre­ttl oder die Theaterver­eine einladen, ist der Saal beim Eder noch voll wie zu früheren Zeiten.
Nur wenige Mal im Jahr, wenn das Montagsbre­ttl oder die Theaterver­eine einladen, ist der Saal beim Eder noch voll wie zu früheren Zeiten.
 ??  ?? Um 1930 gehörte das Gasthaus zum Schützenhe­im noch Eders Großvater Josef Bachmayr und es gab bereits den Saalbau.
Um 1930 gehörte das Gasthaus zum Schützenhe­im noch Eders Großvater Josef Bachmayr und es gab bereits den Saalbau.
 ??  ?? Peter Eder bei Mäharbeite­n hinterm Haus. Wo die Esche steht, war einst ein Biergarten mit vielen Bäumen.
Peter Eder bei Mäharbeite­n hinterm Haus. Wo die Esche steht, war einst ein Biergarten mit vielen Bäumen.
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Foto: Heike John Die Getränkeli­ste an der Wand zeigt moderate DM Preise.
 ??  ?? Die Wirtsstube wird nur noch als Um kleideraum genutzt.
Die Wirtsstube wird nur noch als Um kleideraum genutzt.

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