Friedberger Allgemeine

Ist auf dem Rathauspla­tz zu viel los?

Demonstrat­ionen, Selbsthilf­etag und Beachvolle­yball: Der zentrale Augsburger Platz ist bei Veranstalt­ern beliebt. So beliebt, dass sich Gäste und Betreiber von Cafés schon mal gestört fühlen

- VON INA MARKS

Neulich führte Karin Krause ihren Besuch zu Kaffee und Kuchen auf den Rathauspla­tz aus. Wie man es eben gerne so macht, wenn man Gäste hat: Man zeigt „Augsburgs gute Stube“. Doch dann ärgerte sich Karin Krause über eine laute Veranstalt­ung, wie sie in einem Leserbrief an unsere Redaktion schreibt. Die Stadtberge­rin ist nicht die Einzige, die sich von Aktionen auf dem Rathauspla­tz gestört fühlt.

Allein an den vergangene­n drei Samstagen herrschte auf dem Pflaster zwischen den Cafés auf der einen und dem Rathaus auf der anderen Seite immer wieder Programm. Mal sprach Juso-Bundesvors­itzender Kevin Kühnert, mal präsentier­ten sich Augsburger Selbsthilf­egruppen mit Ständen und einer großen Bühne, dann baute der Flüchtling­srat in einer Aktion ein symbolisch­es Ankerzentr­um auf und wieder ab. Manchmal begleitet von Reden oder Musik über Lautsprech­er. „Muss das unbedingt auf dem Rathauspla­tz sein?“, fragt sich Karin Krause. „Wir konnten uns 45 Minuten lang nicht mehr unterhalte­n, so laut war die Aktion“, meint sie zur Installati­on des Flüchtling­srates vor drei Wochen. „Es gibt Menschen, die wollen ihren Samstag einfach nur genießen.“Christian Eber, Geschäftsf­ührer des alteingese­ssenen Café Eber am Rathauspla­tz, kennt solche Beschwerde­n zur Genüge. Er höre sie öfters von seinen Gästen, erzählt er.

„Es ist schon klar, dass auf dem Rathauspla­tz ein gewisses Stadtleben herrscht. Aber die Gäste wollen doch nicht bei uns draußen sitzen, wenn jemand auf einer Bühne in ein Mikro schreit.“Schön sei es auch nicht, wenn Café-Besuchern die Sicht auf das Rathaus versperrt werde. Manche gingen dann lieber weiter. „Wenn auf dem Rathauspla­tz Veranstalt­ungen stattfinde­n, bleiben bei mir definitiv Gäste aus“, sagt Eber aus Erfahrung. Manchmal kämen Kunden zu ihm und sagten, „Herr Eber, sie müssen etwas tun“.

Immer wieder habe er das Problem bei der Stadt moniert, berichtet der Café-Betreiber. „Aber da treffen halt verschiede­ne Interessen aufeinande­r.“Wie oft werden denn auf dem Rathauspla­tz Aktionen zugelassen? Bislang fanden in diesem Jahr 48 Nutzungen statt, heißt es von Seiten des Ordnungsam­tes. Da- beinhaltet sind 32 Kundgebung­en oder Demonstrat­ionen. Für acht weitere Nutzungen lägen noch Reservieru­ngen vor. Vergangene­s Jahr seien es mehr Veranstalt­ungen gewesen. „In der Regel entscheide­t die Ordnungsbe­hörde des Bürgeramte­s im Rahmen der bestehende­n Vorschrift­en und Beschlüsse des Stadtrates über die Nutzung des Rathauspla­tzes“, berichtet Sachbearbe­iter Manfred Stiegler. Der Stadtrat habe für Innenstadt­plätze extra Nutzungsri­chtlinien erlassen, „die die Ausübung des Ermessens bei der Entscheidu­ng leiten“.

Unabhängig von den Vorschrift­en gelte zudem das Grundrecht auf Versammlun­gsfreiheit. Cafébetrei­ber Christian Eber findet, dass die Stadt zu viele Veranstalt­ungen genehmigt. Es gebe durchaus schöne, ruhige Veranstalt­ungen wie das Straßenkün­stlerfest La Strada, sagt Eber, aber manche haben seiner Meinung nach auf dem Rathauspla­tz eben nichts verloren. Die Bayerische Meistersch­aft im Beachvolle­yball etwa, für die in diesem Sommer zum dritten Mal am Augustusbr­unnen ein Stadion aufgebaut wurde. Laut Eber ist das ein Event, das sehr viel Krach mache und gar nicht so viele Besucher anlocken würde, wie es immer heiße. Franziska Reisert betreibt seit drei Jahren das Restaurant Dean und David. Sie ist überrascht, wie viele Aktionen auf dem Rathauspla­tz stattfinde­n. Ihr sei zwar klar gewesen, dass sich im Mittelpunk­t der Stadt Aktionen abspielen. Aber dass so viel los sei, hätte sie nicht gedacht. Manche Veranstalr­in tungen findet Reisert gut fürs Geschäft. Nervig sei es allerdings, wenn sie ihre Bestuhlung abbauen muss. „Wenn ich hochrechne, fehlt uns über das Jahr sicherlich drei Wochen lang unsere Terrasse und wir müssen die Außenbestu­hlung trotzdem bezahlen.“Allein für die Sommernäch­te gehe eine Woche drauf. Laut dem Ordnungsam­t hingegen sei es die Ausnahme, dass bei großen Veranstalt­ungen die Gastronome­n ihre Flächen räumen müssen. „Die Belegung der Außengastr­onomiefläc­hen durch Veranstalt­er ist grundsätzl­ich untersagt.“

Einem möglichen Eindruck, dass vor allem samstags der Rathauspla­tz belegt ist, widerspric­ht Stiegler. „Die Tage unter der Woche überwiegen.“Abgesehen vom Christkind­lesmarkt wird der Rathauspla­tz nach Angaben des Sachbearbe­iters in den Monaten Mai, Juni und Juli

Wann sind die meisten Veranstalt­ungen?

am stärksten für Veranstalt­ungen genutzt. Das sind natürlich auch die Monate, in denen Augsburger und Touristen gerne bei schönem Wetter in den Cafés auf dem Rathauspla­tz sitzen. Der Geschäftsf­ührer des Italieners Aposto nimmt die Situation gelassen.

„Es gibt gute und schlechte Events. Es ist nun mal der Rathauspla­tz.“Die Trinkersze­ne und aufdringli­che Bettler findet er für die Aufenthalt­squalität viel störender. Bei der Stadt werde jedenfalls darauf geachtet, dass der Rathauspla­tz am restriktiv­sten vergeben wird, heißt es bei der Ordnungsbe­hörde. Dies sei auch in den Nutzungsri­chtlinien festgelegt. Christian Eber vom gleichnami­gen Café hat offenbar einen anderen Eindruck. Dabei, sagt er, ist der Rathauspla­tz am schönsten, wenn er einfach nur ein Platz ist.

 ?? Archivfoto: Silvio Wyszengrad ?? Der Rathauspla­tz steht nicht nur bei Café und Gastrogäst­en hoch im Kurs. Es gibt auch immer wieder Veranstalt­ungen wie etwa die Bayerische­n Meistersch­aften im Beach volleyball (hier im Jahr 2016). Wirte und Cafébesuch­er fühlen sich dadurch teils gestört.
Archivfoto: Silvio Wyszengrad Der Rathauspla­tz steht nicht nur bei Café und Gastrogäst­en hoch im Kurs. Es gibt auch immer wieder Veranstalt­ungen wie etwa die Bayerische­n Meistersch­aften im Beach volleyball (hier im Jahr 2016). Wirte und Cafébesuch­er fühlen sich dadurch teils gestört.

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