Lieber ins Gefängnis als in die Heimat
Abgelehnter Asylbewerber lebt illegal im Kreis. Warum er sich keinen Pass besorgt
Aichach Friedberg Zurück in sein Heimatland Mali will ein abgelehnter Asylbewerber aus dem Landkreis auf keinen Fall. Weil er sich ohne Pass unerlaubt in Deutschland aufhält, stand er schon zum zweiten Mal vor dem Aichacher Amtsgericht. Während er bei der ersten Verhandlung vor rund einem Jahr aber gut ohne Dolmetscher zurechtgekommen war, beharrte er diesmal darauf, trotz des eigens bestellten Dolmetschers kein Wort zu verstehen. Amtsrichter Walter Hell glaubte ihm das nicht.
Da war zum einen die Aussage des Asylbewerbers bei der Polizei Aichach ohne Dolmetscher. „Wir haben uns recht gut unterhalten“, sagte der Polizeibeamte. Der Asylbewerber erzählte ihm unter anderem, dass er 2008 aus Mali geflüchtet sei, fünf Jahre in Spanien gelebt und dort einen Pass beantragt hatte, so der Polizist. Mit dem sei er freiwillig nach Mali zurückgekehrt. In Mali habe aber die Polizei seinen Ausweis einbehalten und er sollte Wehrdienst ableisten. Deswegen sei er erneut geflüchtet und über Spanien und die Schweiz nach Deutschland gekommen. Bei der Polizei hatte er einen Grund genannt, warum er keinen Ausweis beantragen will: „Wenn ich einen Pass beschaffe, werde ich nach Mali abgeschoben und muss dort zum Militär oder ins Gefängnis.“
So deutlich hatte sich der Angeklagte bei der Asylstelle am Landratsamt nicht zu den Gründen geäußert. In seinem Asylantrag, der vor rund zwei Jahren abgelehnt worden war, habe er wirtschaftliche Gründe angegeben, sagte die Sachbearbeiterin aus. Auch mit ihr sprach der Asylbewerber ohne Dolmetscher. Er sei teilweise von ehrenamtlichen Helfern oder Mitarbeitern der Caritas begleitet worden, so die Sachbearbeiterin. Ihr Eindruck: „Er versteht schon Deutsch, sofern er möchte.“
Vor Gericht konnte er immerhin so viel Deutsch, um dem Amtsrichter zu erklären, dass er den Dolmetscher nicht verstehe. „Ich verstehe nur meine Muttersprache richtig“, betonte der Angeklagte. Die sei zwar Maninka, wie es der Dolmetscher auch sprach, aber eben eine andere Dialektform.
Fest steht, dass er spätestens seit November 2016 aus Deutschland ausreisen müsste. Eine Abschiebung scheitere daran, dass er keinen Pass habe, sagte die Mitarbeiterin der Asylstelle aus. Um das Dokument zu beantragen, müsste der Angeklagte entweder bei der Botschaft oder dem Konsulat von Mali vorsprechen. Die Sachbearbeiterin: „Sein Engagement geht gegen null, irgendetwas zu unternehmen.“Die Asylbehörde kürzte ihm deshalb schon die Leistungen und leitete inzwischen ein Verfahren für Passersatzpapiere ein.
Die einschlägige Vorstrafe wegen unerlaubter Einreise und Aufenthalt ohne Ausweisdokument sprach aus Sicht von Staatsanwalt Korbinian Grabmeier gegen den Angeklagten. Er plädierte darum für „gerade noch mal eine Geldstrafe“in Höhe von 140 Tagessätzen à fünf Euro (700 Euro).
Amtsrichter Hell verurteilte den Angeklagten wegen unerlaubten Aufenthalts ohne Pass zu einer sechsmonatigen Haftstrafe. „Ich glaube Ihnen schlicht und einfach nicht, dass Sie mich nicht verstehen.“Das decke sich auch mit dem Verhalten des Angeklagten gegenüber der Ausländerbehörde, wo er nicht mitwirken wolle. Weiter sagte Hell: „Wenn Sie glauben, dass Sie durch Ihr Verhalten dem Wehrdienst oder dem Gefängnis entgehen können, dann müssen Sie halt in Deutschland ins Gefängnis.“