„Die Bauern sind die Seele Bayerns“
Agrarministerin Michaela Kaniber gewinnt die Herzen der Rieder. Ausländerfeindliche Parolen lässt die 41-jährige CSU-Politikerin nicht gelten
Ried Michaela Kaniber ist erst seit März bayerische Agrarministerin, doch die 41-Jährige ist gefragt wie nie. Deshalb freuten sich CSULandtagsabgeordneter Peter Tomaschko und Ortsvorsitzender Andreas Seidel umso mehr, dass sie zum politischen Abend nach Ried kam.
„Endlich ist da jemand, der uns ernst nimmt“, Kreisbäuerin Sabine Asum sprach allen rund 100 Anwesenden im Rieder Hof aus dem Herzen, als sie ihren Dank an Michaela Kaniber richtete. Tomaschko scherzte mit einem Seitenblick auf Bürgermeister Erwin Gerstlacher: „Mir war sofort klar, dass sie nach Ried muss, denn der Bürgermeister hier zieht an jedem Förderprogramm.“Insgesamt habe das Wittelsbacher Land in den letzten fünf Jahren 600 Millionen Euro an Fördergeldern erhalten, wofür er sehr dankbar sei, so Tomaschko.
Auch Gerstlacher freute sich sehr, „in so kurzer Zeit gleich zwei Staatsminister in Ried willkommen heißen zu dürfen“. Wobei er auf Innenminister Joachim Herrmann anspielte, der zur Eröffnung des Nahversorgers Edeka kam (wir berichteten).
Michaela Kaniber begann ihre Rede mit der Feststellung, dass Landwirtschaftspolitik Gesellschaftspolitik vom Feinsten sei. Das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sei das Heimatministerium schlechthin, so die Ministerin. „Ich komme aus dem Berchtesgadener Land, in dem sich die kleinstrukturierte Landwirtschaft nicht nur in besonderer Weise als überlebensfähig erwiesen hat, sondern einen unschätzbaren Teil zum Erhalt einer einzigartigen Natur- und Kulturlandschaft leistet.“Und damit gebe es auch unzählige Themen, die in direktem oder indirektem Zusammenhang mit der Landwirtschaft stehen. Allen voran Ernährung. „Ich will die Wertschätzung der Landwirtschaft, ihrer Produkte und immaterieller Effekte in den Vordergrund stellen und noch besser im Bewusstsein der Menschen verankern“, bekundete die Ministerin. Sie spricht die Sprache der Leute auf dem Land: bairisch, direkt, unverblümt. Dabei sind ihre Eltern aus Kroatien zugewandert, in Bayerisch Gmain haben sie viele Jahre einen Gasthof geführt. So kann die Ministerin mit Fug und Recht sagen: „Ich bin eine Ausländerin.“
Das heiß diskutierte Thema Migration wusste sie mit einfachen Worten auszudrücken: „Nicht alle, die kommen, sind schlecht. Es gibt auch ganz Liebe, und da kennt’s ihr bestimmt au a paar. Wo es Krieg und Folter gibt, da helfen wir gern. Keine Frage.“Nur stimmt es die resolute Frau mit dem dunkelgrünen Dirndl sehr missmutig, wenn sie höre, die Bayern seien Nazis. „Lass ma doch mal die Kirche im Dorf“, wetterte sie.
Auf Nachfrage von Reinhard Herb, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes, kam die 41-Jährige auf das brisante Thema „Frist für den Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration“zu sprechen. Man werde die Bauern nicht im Regen stehen lassen, versprach die Ministerin.
Denn wenn ab Januar männliche Ferkel nicht mehr ohne Betäubung kastriert werden dürften, stünden zahlreiche Ferkelerzeuger vor dem Aus. Wie bereits berichtet, will Bayern mit einer Bundesratsinitiative die Frist für den Ausstieg aus der betäubungslosen Ferkelkastration verlängern.
Ein weiterer Punkt, der Kaniber sehr am Herzen liegt, ist es, die Förderung der Dorferneuerung zu verbessern, um die Innenentwicklung in den Ortskernen voranzubringen. Künftig erhalten Kommunen bis zu 80 Prozent Förderung, wenn sie leer stehende Gebäude modernisieren, instand setzen oder abbrechen, um die Grundstücke für eine Wiederbebauung bereitzustellen. Ziel ist es laut Kaniber, bis 2030 weitere 5000 Gebäude dorfgerecht zu sanieren.
Mit ihren Schlussworten gewann Michaela Kaniber endgültig das Herz eines jeden Einzelnen im Saal: „Ohne sie, liebe Bäuerinnen und Bauern, würde Bayern seine Seele verlieren.“