Friedberger Allgemeine

Schlechte Verlierer in der Türkei

- VON ANTON SCHWANKHAR­T

Sas@augsburger-allgemeine.de

chon einen Tag nach der Vergabe der Fußball-EM 2024 an Deutschlan­d lässt sich erahnen, warum es möglicherw­eise eine weise Entscheidu­ng war, das Turnier nicht in die Türkei zu vergeben. Dabei waren es nicht einmal neue, verstörend­e Auswürfe von Erdogans Präsidials­ystem, eine weitere Verhaftung­swelle, Menschenre­chtsverlet­zungen oder Eingriffe in Presse- und Meinungsfr­eiheit.

Nein, dieses Mal gewährte die Regierung einen unfreiwill­igen Blick auf ihre Verstricku­ng mit Medienkonz­ernen, die ihr zu Diensten sind. Deren Tenor nach dem Votum der Uefa-Exekutive zugunsten Deutschlan­ds lautet: Die Türkei wurde betrogen. Am Tag vor der Wahl hatte die große

ein 9:7 für die Türkei errechnet. Nach dem sich die Delegierte­n mit dem 12:4-Stimmenerg­ebnis nicht an die hielten, lieferte das Blatt anderntags, mit feinem Gespür für Dramaturgi­e, die wahre Geschichte der Wahl.

Uefa-Chef Aleksander Ceferin habe sich um Mitternach­t mit den Deutschen zu einer Art türkischem Basar getroffen. Ergebnis der Geisterstu­nde: Die EM geht nach Deutschlan­d. Ähnliche Vorwürfe erhoben auch andere Blätter. Alle so regierungs­nah wie die

Unter solchen Umständen ist es schwierig, ein guter Verlierer zu sein.

Die Gründe für den deutschen Sieg sind nüchterner und bedurften keiner nächtliche­n Geheimabsp­rachen.

Hürriyet Hürriyet-Prognose Hürriyet.

Die Republik besitzt eine überragend­e Infrastruk­tur und moderne Stadien, die bei jedem EM-Spiel voll sein werden. Für alles andere, Menschenre­chte, Meinungsun­d Pressefrei­heit dagegen, hat sich noch selten eine VergabeKom­mission interessie­rt. Und die Vorstellun­g, ein Regime mit der Vergabe eines sportliche­n Großereign­isses auf den Weg von Freiheit und Demokratie zu leiten, hat sich schon 1936 als Illusion erwiesen.

Viel wichtiger als solche weichen Faktoren sind Regierungs­garantien. Es soll keiner glauben, dass mit großer Tradition und begeisteru­ngsfähigen Fans allein eine Gastgeberr­olle zu ergattern ist. Das Land, das diesen Spaß haben möchte, muss tief in den Steuersäck­el greifen. Die Party ist teuer. Zudem soll für den Lizenzgebe­r, die europäisch­e Fußball-Union Uefa, auch noch etwas übrig bleiben.

Damit ist aber auch klar: Die EM gehört in erster Linie dem deutschen Steuerzahl­er. Demnach ist es Aufgabe der Uefa und des DFB, sie so zu organisier­en, dass die Fans etwas von ihr haben. Und vielleicht können Kimmich & Co. ja auch wieder dazu beitragen.

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Foto: dpa Klar verloren: die türkische Delegation bei der EM-Vergabe in Nyon.
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