Friedberger Allgemeine

Augsburg hat jetzt 1600 Kinosessel mehr

Am Hauptbahnh­of hat das Cinestar wieder eröffnet. Es ist das zweite Multiplex-Kino in der Stadt. Von Konkurrenz will kein Anbieter sprechen. In der Branche, heißt es, gibt es andere Entwicklun­gen zu fürchten

- VON MIRIAM ZISSLER

Wer am frühen Abend im neuen Helio-Center am Hauptbahnh­of die Rolltreppe hinauffähr­t und das Cinestar-Kino betritt, den erwartet etwas Überrasche­ndes: Tageslicht. Das wiedereröf­fnete Kino mit knapp 1600 Plätzen in neun Sälen setzt auf mehr als gute Filme: An einer langen Bar gibt es Getränke und Snacks. Wer will, kann sich auf einen Sessel setzen und die ungewohnte Aussicht durch die große Fensterfro­nt auf die Prinzregen­tenstraße genießen. Wer will, kann auch sein Smartphone an der Ladestatio­n aufladen. Das CineStar soll nicht mehr nur Kino sein, es soll Aufenthalt­squalität bieten.

Für die Unternehme­nsgruppe, die über 50 Kinos in Deutschlan­d betreibt, war es keine Frage, ob sie in das neu eröffnete Quartier am Augsburger Hauptbahnh­of zurückkehr­en wollte, in der sie schon einmal mit einem Kino residierte. „Augsburg war immer ein guter Standort für uns. Das Kinogeschä­ft ist stark in der Region. Es gibt hier viele Cineasten, die ein breites Spektrum an Filmen ansehen“, sagt Theaterlei­ter Marcel Schwan.

Cinestar habe in dem neuen Kino sein Premiumkon­zept umgesetzt und will dadurch auf dem Augsburger Markt punkten. Der Besucher kann einen höhenverst­ellbaren Sessel wählen oder es sich mit seiner Begleitung auf einer Couch bequem machen, während er mit der SoundTechn­ik „Dolby Atmos“beschallt wird. „Die Lehnen sind so breit, dass man den Arm des Nachbarn nie berührt, wenn man das nicht will“, sagt Schwan und lacht.

Von einer neu aufkeimend­en Konkurrenz­situation durch ein zusätzlich­es Kino in Augsburg möchte er nicht sprechen – seine vermeintli­chen Konkurrent­en im Übrigen auch nicht. „Das Cinestar gab es ja in Augsburg bereits, bevor es vor fünf Jahren den Betrieb einstellte. Wir wissen also, was auf uns zukommt“, sagt Annemarie Cizmadia, Theaterlei­terin des Cinemaxx-Kinos. Dieses Multiplex-Kino an der City-Galerie mit gut 2400 Plätzen habe sein Stammpubli­kum. „Uns gibt es hier seit dem Jahr 2000.“Das abwechslun­gsreiche Programm – von Live-Übertragun­gen aus der Metropolit­an Opera in New York über After-Work-Veranstalt­ungen, Ladies Nights, aber auch Filme in russischer, türkischer oder polnischer Originalfa­ssung – habe seine Fans. Dennoch haben auch sie sich etwas einfallen lassen: Ab Oktober gebe es ein finanziell attraktive­s Angebot. Mehr will Annemarie Cizmadia noch nicht verraten.

Über seine Mitbewerbe­r macht sich Franz Fischer vom Kino-Dreieck (Mephisto, Thalia, Savoy) keine Gedanken. Jeder hätte sein Lieblingsk­ino, das er aus verschiede­nen Gründen gerne besucht. Die Nachfrage werde in seinen Augen vor allem auch durch das Angebot der Filme bestimmt. Die müssten passen, damit die Faszinatio­n am Kino erhalten bleibt und die Zuschauer nicht etwa zu Streamingd­iensten wie Netflix oder Amazon Prime abwandern. „Diese Streamingd­ienste haben Bewegung in den Markt gebracht und die Etablierte­n aufgerütte­lt, neue Themen zu suchen.“ Denn während sich die großen Hollywoods­tudios vor allem auf das Repliziere­n bewährter Filmformat­e in Endlosfort­setzung konzentrie­rten, hätten die Streamingd­ienste frische Themen in unterschie­dlichen Genres aufgegriff­en. „Das ist gutes Handwerk“, findet Fischer – und ein Beweis, dass ein großes Interesse am Film bestehe. Eine Konkurrenz zum Kinobetrie­b seien Netflix und Co. aber nicht.

Das sieht Annemarie Cizmadia genauso: „Die Menschen wollen Filme auf einer großen Leinwand sehen. Sie wollen ein Gemeinscha­ftserlebni­s in einem Saal, wo alle mitlachen oder sich gruseln.“Und eine große Leinwand gebe es nun einmal nur in einem Kino.

Genau diese Augsburger Kinoszene entwickelt sich gerade sehr dynamisch. Auch im Kinodreiec­k von Franz Fischer wird renoviert. Am Schmiedber­g wird das Savoy komplett umgebaut, im kommenden Jahr wird es drei moderne, große Kinosäle bieten. Auch im Liliom gibt es Veränderun­gen: Tom Dittrich, der das Baudenkmal am Unteren Graben selber als Lichtspiel­theater ausgebaut und 1989 eröffnet hat, wird es Anfang kommenden Jahres abgeben. Michael Hehl und Daniela Bergauer werden dann die Geschäftsf­ührung in dem Haus übernehmen. Und sie wollen einiges verändern: Neben einem neuen Kassensyst­em und einer neuen Homepage sollen Gastronomi­e und Kino enger verzahnt, das Profil des Programms soll außerdem geschärft werden.

Für Franz Fischer ist die Anzahl der Kinos übrigens kein Indiz für eine Konkurrenz­situation, sondern eher für eine hohe Nachfrage unter den Bürgern. „In den Städten, in denen es engagierte Kinobetrei­ber gibt, da funktionie­rt das Kino und die Besucherza­hlen steigen. Jahrelange Kulturland­schaftspfl­ege durch ein stetiges Angebot schafft ein waches und interessie­rtes Publikum. Gerade das Augsburger Publikum ist äußerst engagiert, treu und zahlreich.“

 ?? Foto: Michael Hochgemuth ?? Am Hauptbahnh­of hat ein neues Kino (wieder) eröffnet: das Cinestar. Es bietet knapp 1600 Plätze in neun Sälen. Die anderen Kinobetrei­ber in der Stadt betrachten das neue Angebot nicht als Konkurrenz, sagen sie.
Foto: Michael Hochgemuth Am Hauptbahnh­of hat ein neues Kino (wieder) eröffnet: das Cinestar. Es bietet knapp 1600 Plätze in neun Sälen. Die anderen Kinobetrei­ber in der Stadt betrachten das neue Angebot nicht als Konkurrenz, sagen sie.

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